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Entwurf zur Konsultation:

Zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken

Etwas überraschend für das Parkett hat die BaFin Mitte vergangener Woche ihren Entwurf des Merkblattes zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken zur Konsultation gestellt. Auch vom Inhalt ist nicht jeder begeistert.

 

Gestern BaFin auf LbAV, und heute wieder BaFin auf LbAV: Mit dem jüngst veröffentlichten BaFin-Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken möchte die Anstalt den von ihr beaufsichtigten Unternehmen eine Orientierung im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken geben, wie sie schreibt, und führt zur Illustrierung zahlreiche Beispiele und Fragen an.

 

Dabei sieht sie ihr 33-seitiges Merkblatt als Kompendium von Good-Practices, das unter Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips in den beaufsichtigten Unternehmen Anwendung finden soll. Das Merkblatt sei somit eine sinnvolle Ergänzung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement für Kreditinstitute, Versicherer und KVG – und betrifft damit EbAV mittelbar und unmittelbar.

 

Die Anstalt bitte in der Konsultation vor allem um Aussagen zur Praxisnähe, zu den Beispielen und zu möglichen Auswirkungen und Interdependenzen.

 

Die Konsultationsfrist zu dem Entwurf läuft bis zum 3. November 2019, 24:00 Uhr. Stellungnahmen können unter Angabe des Geschäftszeichens

 

Konsultation 16/2019, QIN 2017-2019-0001

 

schriftlich an die

 

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Chief Sustainable Finance Officer, IFR 6

 

oder

 

per E-Mail an

 

Konsultation-16-19@bafin.de

 

abgegeben werden.

 

Schnellschuss unter Druck?

 

Die BaFin in Frankfurt am Main, Foto: Kai Hartmann.

Manch mit der Materie befasster EbAV-Verantwortlicher zeigte sich Mitte vergangener Woche überrascht von dem plötzlichen Vorstoß der BaFin. Hört man sich um, findet man schnell zahlreiche Stakeholder, die nach Lage der Dinge, vor allem seit der Ankündigung der Anstalt auf ihrer Nachhaltigkeitskonferenz am 9. Mai in Berlin, davon ausgegangen waren, dass die Aufsicht den Entwurf des Merkblattes unter Einbeziehung der Stakeholder entwickeln werde. Erst am 29. August hat ein BaFin-Nachhaltigkeitsworkshop stattgefunden, an dem zahlreiche Vertreter von EbAV und Versicherern teilgenommen haben. Darob, dass die BaFin nun doch mit einem nahezu fertig formulierten Merkblatt auftritt, zeigt sich jedenfalls manch einer irritiert.

 

Möglicherweise, könnte man zumindest meinen, fühlte sich die Anstalt gezwungen, schnell Ergebnisse zu liefern, um im nationalen und internationalen Kontext nicht in die Rolle des Nachzüglers zu geraten.

 

Immerhin, die Frist von gut fünf Wochen scheint anständig bemessen (das ist nicht immer so, man denke an die kurze Konsultationsfrist zu der bindenden Allgemeinverfügung betreffend die Erhebung von Pensionsdaten aufgrund Paragraf 43a Nr. 2 VAG, als die Frist keine zwei Wochen betrug).

 

Und was ist mit den Trägern?

 

Christian Wolf, BVV.

Christian Wolf gab gegenüber LEITERbAV eine erste Einschätzung des Papiers ab. Wolf fehlen in dem aktuellen Entwurf derzeit noch, möglicherweise aufgrund der Ausgestaltung als Kompendium, eine eingängigere Struktur und vor allem klarere Botschaften.

 

Auch die teilweise Erörterung des Für und Wider von Umsetzungsempfehlungen stifte punktuell eher Verwirrung, so der Leiter Risikomanagement beim BVV in Berlin. An anderer Stelle wiederum würden Selbstverständlichkeiten adressiert, beispielsweise dass freiwillige Nachhaltigkeitsstandards auch einzuhalten sind, wenn sich ein Unternehmen diesen Standards gegenüber verpflichtet. Zudem wünscht Wolf sich teilweise klarere Hinweise (wie zum Beispiel im Abschnitt 7.2. zu Szenarioanalysen „Sobald solche Szenarien vorliegen, …“) bezüglich der Limitierungen der derzeit verfügbaren Werkzeuge und Verfahren zur Risikobewertung und -steuerung von Nachhaltigkeitsrisiken und des hier noch bestehenden Entwicklungsbedarfes.

 

Der Risiko-Experte betont explizit ein weiteres Defizit in dem Papier: „Ein Aspekt, der vor allem für EbAV eine hohe Relevanz hat, fehlt derzeit im Merkblatt-Entwurf vollständig: die besondere Rolle der Trägerunternehmen. Es sollte auf jeden Fall aufgenommen werden, dass die Strategie zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken immer im Einklang mit den Stakeholdern erfolgen muss,“ so Wolf zu LEITERbAV.

 

EbAV an sich ist schon sozial

 

Auch die aba hat sich bereits geäußert und erläutert erste inhaltliche Einzelheiten zu dem Ansatz des Merkblatts:

 

Die BaFin erwartet demnach, dass sich die Unternehmen künftig mit entsprechenden Risiken auseinandersetzen und dies nachprüfbar dokumentieren, lässt den Unternehmen aber vorerst Methodenfreiheit.

 

Der Merkblattentwurf enthält dabei folgende Kapitel: 1. Allgemeines; 2. Einführung; 3. Strategien beaufsichtigter Unternehmen; 4. Verantwortliche Unternehmensführung („Tone at the Top“); 5. Geschäftsorganisation; 6. Risikomanagement; 7. Risikomanagement: Stresstests einschließlich Szenarioanalysen; 8. Auslagerung/Ausgliederung; 9. Gruppensachverhalte; 10. Verwendung von Ratings.

 

In ihrer jüngsten Grundsatzposition Nachhaltigkeit und Altersversorgungseinrichtungen, in der sich die aba zu der Notwendigkeit nachhaltigen Investierens bekennt, betont sie aber auch eines deutlich, was in derzeitigen Diskussion zuweilen etwas unterzugehen droht, nämlich…

 

dass gerade der Zweck der Altersversorgungseinrichtungen – die Erbringung von Leistungen der bAV – zur Vermeidung von Altersarmut beiträgt und damit selbst auf soziale Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.“

 

Entsprechend mahnt die Arbeitsgemeinschaft:

 

Bei den Anforderungen zur Schaffung von Transparenz sind Kosten-Nutzen-Aspekte zu berücksichtigen, um insbesondere im Sinne der Proportionalität kleinere Einrichtungen nicht zu überfordern und trotzdem das übergreifende Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren.“

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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