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IVS zu Pensionskassen und mehr:

„Wird sich unausweichlich weiter verschärfen“

 

Unmittelbar vor der neulichen Ankündigung der Bundesregierung, den Höchstrechnungszins Anfang 2017 auf 0,9 Prozent zurückzunehmen, warnt das Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung IVS eindringlich vor den Folgen des Niedrigzinses auf die versicherungsförmige bAV.

 

Ein diesbezügliches sechsseitiges Positionspapier mit dem Titel „Maßnahmen zur Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts bei Pensionskassen und anderen Einrichtungen der bAV“ befindet sich derzeit zwar noch in der internen Abstimmung. Doch veröffentlicht hat der Zweigverein der Deutschen Aktuar Vereinigung bereits ein zweiseitiges Papier, das sich der Problematik in geraffter Form annimmt. Dort heißt es eingangs:

 

Die andauernde Niedrigzinsphase an den Kapitalmärkten gefährdet zunehmend das finanzielle Gleichgewicht bei Pensionskassen, die mit der versicherungsförmigen Durchführung betrieblicher Versorgungszusagen betraut sind. Ähnliches gilt auch für Direktversicherungen und versicherungsförmige Pensionsfonds.“

 

Der Grund liegt auf der Hand: Der in die Bilanzen einzurechnende Zins, aber auch die von den Versorgungsträgern erzielbaren Kapitalerträge würden hinter den Zinserträgen zurückbleiben, die bei der Erteilung der Versorgungszusagen erwartet werden konnten, erläutert das IVS, fürchtet eine Dynamik und appelliert an die Politik:

 

Das Problem wird sich unausweichlich weiter verschärfen, wenn der Gesetzgeber nicht in geeigneter Form Hilfestellung bietet, bei Pensionskassen (und anderen vergleichbar betroffenen Durchführungswegen der AV) das finanzielle Gleichgewicht insgesamt zu sichern, und zwar nicht nur für die heute bereits Versorgten, sondern auch für die jüngeren und künftigen Arbeitnehmer, und damit diese EbAV dauerhaft zu erhalten.“

 

Das klingt nach nicht weniger als nach der Existenzfrage, die die Mathematiker hier stellen. Nachdem das Institut eine Ausweitung der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente zur Abhilfe bei der Problematik zurückweist, macht es eigene Lösungsvorschläge, welche „die Belange der Arbeitnehmer und der subsidiär haftenden Arbeitgeber nachhaltig wahren.“ Dies vier lauten:

 

1. Weitergehender als dies nach der bisherigen Rechtslage zuverlässig möglich ist, sollen Eingriffe in bestehende Versorgungszusagen – unter Wahrung der verfassungsmäßigen Eigentumsgarantien – möglich gemacht werden, wenn die Versorgungsträger den in die Leistungsversprechen einkalkulierten Verzinsungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können.“

 

Dies soll grundsätzlich für alle Durchführungswege denkbar sein, so das IVS.

 

2. Sollte es einer Pensionskasse nicht mehr möglich sein, die versicherungsförmig garantierten Leistungen in voller Höhe zu erbringen, sollten ihr aufsichtsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden, um die sich für den Arbeitgeber infolge seiner subsidiären Einstandspflicht ergebenden Belastungen abzufedern.“

 

Als Beispiel wird die Möglichkeit genannt, den nicht mehr finanzierbaren Teil der versicherungsförmig garantierten Leistungen – zunächst – nur für einen befristeten Zeitraum zu widerrufen und für die Zeit danach diesen Leistungsteil unter Finanzierungsvorbehalt zu stellen.

 

3. Flexiblere, besser an der Fälligkeitsstruktur der zugesagten (Teil-) Leistungen orientierte Bedeckungsvorschriften würden die Risikotragfähigkeit der betrieblichen Versorgungseinrichtungen erhöhen und ihnen bessere Chancen eröffnen, die Kapitalanlagestruktur ertragreicher gestalten zu können.“

 

Dies soll ohne Nachteile für die Trägerunternehmen und die Versorgungsberechtigten erfolgen.

 

4. Den Versorgungseinrichtungen sollte gesetzlich das Recht eingeräumt werden, ihre versicherungsförmigen Garantien auf die zu Vertragsbeginn zugesicherten (Mindest-)Leistungen zu beschränken und alle aus Überschüssen finanzierten Leistungen grundsätzlich unter Leistungsvorbehalt zu stellen und den Arbeitgeber damit von der arbeitsrechtlichen Einstandspflicht befreien zu können.“

 

Eine solche Möglichkeit sollte dabei auch für künftige Anwartschaftszuwächse in bestehenden Versorgungszusagen geschaffen werden, so die Aktuare weiter.

 

Die verkürzte Stellungnahme zu dem IVS-Papier findet sich hier.

 

 

Doppelter Druck machts ungleich teurer

 

Erst jüngst hatte Alfred Gohdes, Chefaktuar von Willis Towers Watson in Deutschland und Vorstand des IVS in dem Kommentar „Der Tiefzins und Otto Normalverbrauchers Altersvorsorge“ auf LEITERbAV erläutert, wie der Niedrigzins doppelt Druck auf die Altersvorsorge der Menschen entwickelt, für die es immer teurer wird, die entstehenden Lücken zu schließen.

 

 

Nach dem Future der Past Service an der Reihe?

 

Friedemann Lucius, Vorstand bei Heubeck und ebenfalls im Vorstand des IVS, hatte sich wie die dpn jüngst berichtet hat – auf der 17. bAV-Handelsblatt Tagung am 6. April in Berlin angesichts der Störung des finanziellen Gleichgewichts bei Pensionskassen infolge der Niedrigzinsen bereits pessimistisch gezeigt:

 

Mehr Flexibilität und Anpassungen des Future Service werden am Ende nicht reichen. Daher müssen wir uns auch in Deutschland auf Eingriffe in den Past Service einstellen.“

 

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Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

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