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Mittelbare Pensionszusagen:

Wer nicht nachschießen darf …

der muss bilanzieren. Und wer auf Zahlungen in Anspruch genommen wird, der auch. Gemeint sind Arbeitgeber, die ihre bAV via Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds oder U-Kasse durchführen. Das haben die Mathematiker jüngst stringent durchdekliniert. Was aber nicht heißt, dass dies von langer Halbwertszeit sein muss.

 

Der Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB klingt recht eindeutig:

 

Für eine mittelbare Verpflichtung aus einer Zusage für eine laufende Pension oder eine Anwartschaft auf eine Pension sowie für eine ähnliche unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung braucht eine Rückstellung in keinem Fall gebildet zu werden.“

 

Die Rede ist von den DFW Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds und U-Kasse. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat dazu bereits 2016 klargestellt (gerafft):

 

Aufgrund des Wahlrechts muss der Bilanzierende für mittelbare Altersversorgungszusagen auch dann keine Rückstellung bilden, wenn das bei der Versorgungseinrichtung vorhandene Vermögen zur Deckung nicht ausreicht. In diesem Fall ist der Fehlbetrag im Anhang anzugeben, um das Haftungsrisiko des Bilanzierenden aus den mittelbaren Zusagen ersichtlich zu machen.“

 

Aber, so das IDW weiter:

 

Wird das Trägerunternehmen aus seiner Haftung in Anspruch genommen, muss in Höhe der Zahlungsverpflichtung eine Verbindlichkeit passiviert werden; hierfür gilt das Passivierungswahlrecht nicht.“

 

Die DAV sieht das ähnlich

 

Nun haben sich jüngst auch die Mathematiker der Sache angenommen: Der Fachausschuss Altersversorgung (FAV) der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) hat am 10. Juli 2019 einen Ergebnisbericht veröffentlicht, in dem er der Frage nachgeht, wann eine dem Wahlrecht unterliegende mittelbare Verpflichtung in eine passivierungspflichtige unmittelbare Verpflichtung umschlägt (eine Frage, die in den Zeiten des anhaltend politisch manipulierten Niedrigzinses mit der Folge manch unterdeckter Pensionskassen schnell an weiterer Virulenz gewinnen könnte).

 

Die Aktuare kamen zu dem Ergebnis, dass eine mittelbare Verpflichtung bspw. nicht mehr vorliege, wenn der Versorgungsträger nicht bereit ist, die künftigen Leistungen wieder auf den Stand vor der Kürzung anzuheben, obwohl der Arbeitgeber dafür nachzuschießen bereit ist. Denn dann habe der Versorgungsträger in Höhe der Leistungskürzung seine Durchführungsverpflichtung reduziert, das Passivierungswahlrecht entfalle, und der Arbeitgeber müsse eine entsprechende Pensionsrückstellung bilden. Arbeitsrechtlich liege allerdings in diesen Fällen nicht zwingend ein formaler Durchführungswegwechsel zu einer Direktzusage vor. In jedem Fall müsse in Höhe der Zahlungsverpflichtung passiviert werden, wenn der Arbeitgeber aus seiner Einstandspflicht zum Zeitpunkt der fälligen Versorgungsleistung in Anspruch genommen wird.

 

Die Heubeck AG, die den Sachverhalt hier zusammengefasst hat, formuliert das so:

 

Eine Passivierungspflicht entsteht beim bilanzierenden Arbeitgeber erst dann, wenn sich der Versorgungsträger in Bezug auf erworbene Anwartschaften und Ansprüche (Past Service) wirksam entpflichtet und der zusagende Arbeitgeber keine direkt anschließende Auffanglösung über einen anderen durchführungspflichtigen Versorgungsträger zur Verfügung stellt. In diesen Fällen trifft den Arbeitgeber eine unmittelbare Erfüllungsverpflichtung aus seiner subsidiären Einstandspflicht, und zwar ohne dass die mittelbare Zusage dadurch im arbeitsrechtlichen Sinne automatisch zu einer unmittelbaren Zusage wird.“

 

Das ist logisch und entspricht der Systematik der mittelbaren Durchführungswege an sich: Der Arbeitgeber zahlt – seien es reguläre Prämien oder seien es Nachschüsse – und muss dann auch nicht bilanzieren. Erst wenn ihm diese Möglichkeit verwehrt ist oder er konkret in Anspruch genommen wird, verliert er das Wahlrecht zu bilanzieren oder nicht.

 

Alles anders nach Luxemburg?

 

Gleichwohl: Könnte der Sachverhalt ungeachtet aller Logik beizeiten wieder völlig anders bewertet werden? Möglicherweise. Denn sollte die Bundesrepublik Deutschland bzw. der PSV das Verfahren vor dem EuGH in Luxemburg in der Frage der PSV-Einstandspflicht bei leistungskürzenden Pensionskassen in Kombination mit insolventem Arbeitgeber verlieren – und darauf deutet schließlich manches hin – dann dürfte der deutsche Gesetzgeber zum Handeln gezwungen sein. Dieses Handeln könnte möglicherweise auch dazu führen, dass Arbeitgeber bei unterdeckten Pensionskassen die Differenz grundsätzlich und unabhängig von der Möglichkeit des Nachschusses zu bilanzieren haben – und auf diese Form der Direktzusage dann auch unmittelbar PSV-Beiträge zahlen müssen.

 

Der Ergebnisbericht des DAV-Fachausschusses Altersversorgung mit zahlreichen Beispielen findet sich hier.

 

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