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BMF-Schreiben zu Paragraf 100 und mehr:

VWL erhöht den bAV-Förderbetrag nicht

Tücken bei der Umsetzung des BRSG gibt es bekanntlich viele. Nun hat das BMF ein kurzes Schreiben verfasst, offenbar um einer bestimmten unerwünschten Gestaltung vorzubeugen, die den bAV-Förderbetrag nach Paragraf 100 EStG künstlich aufblähen würde. LEITERbAV-Autor Detlef Pohl hat sich umgehört.

 

Das Bundesfinanzministerium hat am 8. August ein Schreiben mit dem Betreff Steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung; wahlweise Verwendung von vermögenswirksamen Leistungen zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung und in diesem Zusammenhang gewährte Erhöhungsbeträge des Arbeitgebers“ herausgegeben.

 

Das Schreiben ist nur eineinhalb Seiten kurz, hat es aber in sich.

 

Detlev-Rohwedder-Haus in Berlin, Dienstsitz des BMF (Architekt Ernst Sagebiel).
Foto: BMF/Hendel.

Zunächst erinnert das Ministerium daran, dass mit dem Paragrafen 100 EStG 2018 ein neues Fördermodell zur bAV mittels bAV-Förderbetrag eingeführt wurde. Den Betrag in Höhe von 30% des zusätzlichen Arbeitgeberbeitrags für die bAV von Geringverdienern (bis 2.200 Euro Bruttoeinkommen) bekommen Arbeitgeber vom Staat zurück, wenn sie mindestens 240 Euro und höchstens 480 Euro pro Jahr und Arbeitnehmer investieren.

 

Nur für zusätzlichen Beitrag kann der Förderbetrag beansprucht werden

 

Nach Paragraf 100 Absatz 3 Nummer 2 kann der bAV-Förderbetrag nur für einen vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Beitrag zur bAV an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung beansprucht werden – unabhängig davon, ob dies tarifvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglich festgelegt ist.

 

Sind im Gesamtbeitrag des Arbeitgebers auch Finanzierungsanteile des Arbeitnehmers enthalten („Matching“), so sind diese nicht als bAV-Förderbetrag begünstigt.

 

Entsprechend nicht begünstigt sind laut BMF-Schreiben „mittels Entgeltumwandlung finanzierte Beiträge oder Eigenbeteiligungen des Arbeitnehmers“. Dabei wird auf das BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2017 (Randziffer 111) verwiesen.

 

Michael Ries, Ries Corporate Solutions.

Bis hierher sagt das neue BMF-Schreiben in diesem Zusammenhang eigentlich nichts Neues. „Es bestätigt nur, dass bei dem Paragrafen 100 EStG lediglich zusätzliche AG-Beiträge in Betracht kommen und dass AN-Beiträge da eben nicht förderfähig sind“, sagt Michael Ries, Geschäftsführer der bAV-Beratungsgesellschaft Ries Corporate Solutions.

 

VWL können AG-Förderbeitrag nicht aufpumpen…

 

Spannender werde es, so Ries, in dem Schreiben zu der Frage, hier wahlweise vermögenswirksame Leistungen (VWL) zum Zwecke der bAV oder auch in diesem Zusammenhang gewährte Matching-Erhöhungsbeträge des Arbeitgebers zu nutzen.

 

Es ist ein regelmäßig gerade im Vertrieb weit verbreiteter Irrglaube, dass VWL als zusätzlicher Arbeitslohn anzusehen sind, mit dem sich der bAV-Förderbetrag des neuen Paragrafen 100 anheben lässt“, warnt Ries, auch wenn Arbeitgeber das sicher gerne hören würden, weil sie damit pro Arbeitnehmer rund zehn Euro pro Monat mehr Lohnsteuererstattung bekämen (bei 26 Euro VWL). Doch genau diesem unerwünschten Effekt tritt das BMF nun entgegen.

 

Klipp und klar heißt es in dem Schreiben: Für die bAV verwendete VWL wie auch Matching-Erhöhungsbeträge „erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen für den bAV-Förderbetrag“.

 

Begründung: „Die Voraussetzung `zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn` (§ 100 Absatz 3 Nummer 2 EStG) ist nicht erfüllt“.

 

Die Sache sei klar, so Ries: „ VWL ist Entgeltbestandteil, welcher zugunsten der bAV umgewandelt werden kann.“ Es handele sich somit nicht um einen zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag. VWL komme somit nicht für die 100er Förderung in Betracht.

 

…aber für Entgeltumwandlung des AN förderfähig

 

Ungeachtet dessen kann VWL sehr wohl in eine bAV umgewandelt werden. Auch das ist nicht neu. „Das BMF-Schreiben hat jetzt nur deutlich klargestellt, dass VWL grundsätzlichen Entgeltcharakter besitzen und damit auch der steuerlichen Förderung der Entgeltumwandlung nach 3 Nr. 63 unterfallen“, erklärt Ries.

 

Uwe-Langohr-Plato.

So deutet er den fast schon beiläufig klingenden Satz im BMF-Schreiben, der da sinngemäß lautet: Es entspricht nicht der Intention des BRSG, Beiträge, die auch zu einer Zuschusspflicht nach § 1a Absatz 1a und § 23 Absatz 2 BetrAVG führen (also der neue 15%-AG-Zuschuss bei Entgeltumwandlung), zu fördern.

 

VWL-Umwandlung in bAV bleibt also zuschusspflichtig und wird bei Entgeltumwandlung steuerlich gefördert“, betont Rechtsanwalt Uwe Langohr-Plato, Associate Partner der Ries Corporate Solutions. Ries ergänzt, dass dies bislang von manchem in der Branche immer mal wieder auch anders gesehen wurde und begrüßt die insofern die Klarstellung des BMF.

 

100er-Förderung nur mit zusätzlichem Geld

 

Diese Interpretation hat auf Nachfrage von LEITERbAV auch das BMF bestätigt. Immer wenn es um zusätzlichen Arbeitslohn gehe und der AG den bAV-Förderbeitrag bei Geringverdienern mitnehmen wolle, müsse er zusätzliches Geld investieren (§ 100 EStG). Wenn steuer- und SV-pflichtige Entgeltbestandteile dagegen in steuer- und SV-freie bAV umgewandelt werden sollen, ist es immer Entgeltumwandlung, die den AG bei neuen Vereinbarungen 15% Zuschuss koste. Anders wäre es, ist aus dem BMF zu hören, wenn ein Tarifvertrag eine Wahloption böte, also zum Beispiel zusätzliche VWL oder bAV.

 

Doch das aktuelle BMF-Schreiben wollte nach einer Anfrage von Tarifparteien zunächst nur klarstellen, dass VWL-Umwandlung in bAV eine Entgeltumwandlung darstellt und dieser Entgeltbaustein nicht in den Genuss des § 100 EStG kommen kann, hieß es aus dem BMF gegenüber LbAV.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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