Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

ver.di-Fachtagung zur bAV in Berlin-Mitte:

Von VW-Bussen, Talsperren, Gold …

und wer könnte das besser? Jüngst ist der Fachdialog zur bAV angelaufen. Kurz zuvor waren die ersten Sozialpartnermodelle gestartet. Zudem fordert die Fokusgruppe zur privaten Altersversorgung eine gewisse Aufmerksamkeit der bAV-Akteure. Vor diesem Hintergrund unternimmt die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf einer Fachtagung eine erste Bestandsaufnahme im neuen Jahr. LbAV-Autor Detlef Pohl dokumentiert Auszüge der Vorträge und Diskussionen.

Wegen der Inhaltsdichte dokumentiert LEITERbAV Impressionen der ver.di-Veranstaltung zum Thema „Neue Wege für die bAV“, die am Montag in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz in den Berliner Ministergärten stattfand, im schnellen LbAV-Stakkato (sämtlich im Indikativ der Referenten):

Schmachtenberg: Öffnung SPM für Dritte unter bestimmten Umständen …

Rolf Schmachtenberg, BMAS.

Neue Tarifrenten“ (so der Namensvorschlag des Referenten für SPM) sind für die bAV Herausforderung und Chance zugleich, wertet Rolf Schmachtenberg, beamteter StS im BMAS:

+++ Geburt des ersten SPM nicht nur gut für bAV, sondern auch für Alterssicherung in Deutschland insgesamt, da Signal für funktionierende Sozialpartnerschaft +++ Modell hat Potenzial, bAV qualitativ wie quantitativ entscheidend voranzubringen und gibt klare Antwort auf Garantieproblem +++ Garantien haben schwere Nebenwirkungen, sind im Hinblick auf Ertragschancen unbestritten suboptimal +++ SPM löst Garantieproblem: verbindet bestmöglich Chance und Sicherheit bei kapitalgedeckten Systemen +++ „Was Effizienz der Kapitalanlage betrifft, sehe ich nicht, wer das besser und gleichzeitig sicherer machen könnte“ +++

+++ Gesetz verpflichtet Sozialpartner, sich einzubringen und nach TV-Abschluss weiter zu beteiligen ++ im Energie-SPM geschieht dies über Sozialpartnerbeirat, der u.a. Anlagerichtlinie erstellt und Umsetzung überwacht +++ offenbar keine pure Pflichtveranstaltung, sondern Sozialpartnern zunehmend wichtig +++ können Richtung vorgeben und Vorgaben zur Asset Allocation machen +++ SPM verbessert auch Teilhabe der Beschäftigten am Produktivkapital +++ uralte Idee der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand bekommt durch SPM neue Perspektive +++

aber keine Einladungen …

+++ Fachdialog „Betriebsrente hat bereits viele Vorschläge, Anregungen, Forderungen und konstruktive Kritik gebracht +++ aktuell fachspezifische Gesprächsrunden auf Arbeitsebene („VW-Bus-kleine Runden“), u.a. mit Wissenschaft, Versicherungsmathematik und Verbänden +++ bei allen Gesprächen aba dabei, um übergreifende Kommunikation in „Betriebsrentenszene“ sicherzustellen +++ Sozialpartner für Anfang März ins BMAS eingeladen +++ Dialog voraussichtlich im Frühjahr mit gemeinsamer großer Runde in Berlin abgeschlossen, wo BMAS und BMF Ergebnisse zusammenfassen und weiteres Vorgehen skizzieren +++ was in mögliche Gesetzgebung aufgenommen wird, zeigt sich erst am Ende +++

+++ einige Punkte zum SPM im Dialog zeichnen sich schon ab: Stichwort „Öffnung der reinen Beitragszusage für möglichst alle Arbeitgeber“ +++ kein Interesse an weiterer bAV-Ausbreitung um jeden Preis, es bleibt beim Qualitätsanspruch ++ braucht daher starke Sozialpartner und auch TV +++ „Niemand kann glauben, dass Einführung reiner Beitragszusage für einzelne kleine Unternehmen zu durchweg guten Ergebnissen für Beschäftigte führt“ ++ solche Öffnung wäre quasi Einladung für Vertriebsleute ++ aus Stellungnahmen schließt BMAS, dass Öffnung für Dritte begrüßt wird, jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen +++ zu Voraussetzungen gehört erstens: konkrete Sozialpartner „vor Ort“ müssen Öffnung zustimmen +++ zweitens: Dritte sollen nicht frei unter möglichen SPM wählen können, wenn es einschlägigen TV für sie gibt +++ auf dieser Basis sollte sich Regelung finden lassen +++

+++ weitere Punkte aus dem Fachdialog zum SPM: Öffnung der Leistungsformen, also Zulassung auch von Kapitalzahlungen, Abgrenzung zwischen Tarifvertragsrecht und Finanzaufsichtsrecht sowie Konkretisierung gesetzlich vorgeschriebener Steuerung durch die Sozialpartner +++ Ziel Fachdialog: möglichst viele Beschäftigte sollen von SPM profitieren, um immer noch große Verbreitungslücken bei Geringverdienern und in KMU nach und nach zu schließen +++ bAV insgesamt gewinnt in Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels weiter an Bedeutung +++ daher ringen auch Freie Berufe um SPM +++ insbesondere Tierärzte offen für ihre Angestellten (selbst sind sie ja berufsständisch abgesichert) +++

und keine Träumereien

+++ kürzlich ist Fokusgruppe zur privaten Altersvorsorge gestartet, die eine grundlegende Riester-Reform vorbereiten soll +++ Verbindungslinien zur Betriebsrente, etwa bei Frage, ob Staatsfonds zusammen mit Opting out-System eingeführt werden sollen +++ „Aus meiner Sicht ist die Betriebsrente die erste Wahl, der Königsweg beim Auf- und Ausbau einer Zusatzrente, die die gesetzliche Rente ergänzen soll. Am besten kollektiv organisiert, dann ist sie kostengünstig und effizient; tarifvertragliche Lösungen bieten sich deshalb förmlich an“ +++ „Manche träumen ja schon vom 2-Säulen-Modell in Deutschland“ +++

Goecke: Am besten ohne Garantien …

Oskar Goecke, TH Köln.

In der deutschen Altersvorsorge bewegt sich langsam etwas, aber zu langsam, meint Prof. Oskar Goecke, stv. Direktor des Instituts für Versicherungswesen der TH Köln und Mitentwickler der rBZ, und erneuert weitgehend seine Äußerungen von der jüngsten bAV-HB-Tagung:

+++ bisherige Garantien waren nur befristete nominale Zinsgarantien, garantieren keine sichere Altersversorgung; niemand kann sichere Altersversorgung garantieren +++ echte Altersversorgung: heutigeGeneration muss von folgender Generation durch Leistung in ausreichendem Umfang Güter und Dienstleistungen in 30 Jahren bekommen und diese dazu in die Lage versetzen +++bemüht These von Gerhard Mackenroth, Bevölkerungswissenschaftler und Statistiker nach Einführung dynamischer gesetzlicher Altersrente: aller Sozialaufwand muss immer aus Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden (es gibt keine Ansammlung von Fonds, keine Übertragung von Einkommensteilen von Periode zu Periode, kein Sparen im privatwirtschaftlichen Sinne) +++ Folge: Altersvorsorge bedeutet, heute Rahmenbedingungen zu schaffen, die nächster Generation ermöglichen, in ausreichendem Umfang Güter zu produzieren und Dienstleistungen bereit zu stellen +++ der Weg: gut ausgebildete Arbeitskräfte, moderne Produktionsanlagen einschließlich einer funktionierenden Infrastruktur und intakte Umwelt +++

sondern mit fairer Teilhabe

+++ kapitalgedeckte Altersversorgung kann hierzu wichtigen Beitrag leisten +++ Ziel kapitalgedeckter Altersversorgung: faire Teilhabe am Produktionsfaktor Kapital +++ sinnvolle Ergänzung zur GRV, die Renten an Lohnentwicklung koppelt und so eine faire Teilhabe am Produktionsfaktor Arbeit gewährleistet +++ traditionelle Formen kapitalgedeckter Altersvorsorge wie klassische Kapitallebensversicherung, Riesterrente, Direktversicherung ermöglichen nur sehr bedingt faire Teilhabe an Kapital – gerade wegen eingebauter Garantien +++ SPM ermöglicht faire Teilhabe am Faktor Kapital: kollektiver Risikoausgleich von Kapitalmarktschwankungen und zwischen Sparergenerationen durch Reserven und Sicherungsbeitrag +++ Risikoausgleich folgt dem „Talsperren-Prinzip“: Regnet es viel, füllt sich Talsperre, bei Trockenheit wird Wasser abgelassen, so dass insgesamt gleichmäßige Versorgung gewährleistet ist +++ SPM bietet Resilienz: absorbiert Schocks („Irrational Exuberance“) und passt sich langfristigen Veränderungen an (schafft man mit Garantien nicht) +++ faire Teilhabe auch wegen Kontrolle durch Sozialpartner +++ zudem kosteneffizient +++ keine „Zockerrente“, sondern „was ganz Solides“ +++

Eisele/Drewing: Die PSV-Ersparnis als ein Maßstab …

Martin Eisele (li.) und Ralf Drewing, Uniper.

Finanzierung und Sicherungsbeitrag in der rBZ skizzieren Martin Eisele, Vizepräsident Pension Asset & Liability bei Uniper, und Ralf Drewing, Senior Expert Pensions & Benefits bei Uniper:

+++ rBZ komplementiert bisher ausschließlich mit Garantien ausgestaltete bAV in Deutschland +++ Uniper-SPM trat am 1. Januar in Kraft und ist erstmals nach zehn Jahren kündbar +++ für entfallende Arbeitgeberhaftung soll AG-Sicherungsbeitrag vereinbart werden +++ bei Uniper zuvor schon längst Altzusagen durch IQ-Beitragsplan mit Garantien abgelöst +++ neuerdings rBZ mit identischen Finanzierungsbeiträgen: Grundbeitrag (2% vom Jahresbrutto), Matching-Beitrag (33,33% des Grundbeitrags durch AG, wenn AN Eigenbeiträge leistet) sowie 7% der geleisteten AG-Beiträge als Kosten- und Sicherungsbeitrag +++ machen AN zusätzlich Entgeltumwandlung, dann weitere 15 % AG-Zuschuss +++ Sicherungsbeitrag bildet kollektiven Sicherungspuffer (kollektiv angespart und von Sozialpartnerbeirat zu entscheiden) +++ sinnvolle Größenordnung: Höhe des entfallenden PSV-Beitrages für klassische Zusagearten +++ Verwendung: in Rentenphase vor allem zur Stabilisierung der Rentenhöhe, auch in schwierigen Marktphasen +++

+++ Unterschiede von Bestands-AN und neuen AN: im Bestand einmalige Wahl zwischen Altsystem und rBZ (aktives Opting in); neue AN bekommen prinzipiell rBZ, können aber binnen eines Monats in IQ-Beitragsplan mit Garantie wechseln (aktives Opting out) +++ seit Januar fließen erste Beiträge in rBZ neuer Mitarbeiter, ab April können Bestandsmitarbeiter Entscheidung über Beitritt zur rBZ oder Verbleib im Altsystem treffen (ab Juli Teilnahme an rBZ bei entsprechender Wahl) +++ bei rBZ: Ansprüche sofort unverfallbar und insolvenzgeschützt +++

Pauly: Gold, Bonds, Equity, Real Estate ohne Listenplatz

Christian Pauly, Metzler.

+++ Christian Pauly, Prokurist des Metzler Sozialpartner Pensionsfonds als zuständige Einrichtung für das Energie-SPM: Anwärter treten bestehendem Spezialfonds-Portfolio bei (dreistelliger Mio.-Bereich) +++ anfängliche Asset Allocation basiert auf einer bereits im Konzern bestehenden Kapitalanlage +++ 112,5% Kapitalisierungsgrad als Puffer +++ gut in der Krise, positiver Hebel im Kursaufschwung +++ Metzler-Spezialfonds bringt seit Auflage 2016 deutlich mehr als ALM-Zielrendite von 3,5% p.a. +++ erprobtes globales Asset Management mit hoher Diversifikation, Kosteneffizienz und stringentem ESG-Fokus +++ Hauptanlage-klassen mit hoher Bandbreite: Gold (0–25%), Bonds (20–70%), Equity (25–70%), Real Estate (5–20%) +++ erwartete Nettorendite 2023: 3,9% bei 6,9% Vola +++ auch ESG überdurchschnittlich gut gegenüber Benchmark (z.B: ESG-Rating: AA; Benchmark: A) +++ von insg. 45 investierten Positionen steht keine einzige auf Ausschlusslisten +++ Sozialpartnerbeirat fördert Skalierbarkeit +++ Pensionsplan und Geschäftsordnung des Sozialpartnerbeirats enthalten alle notwendigen Details für breite Skalierbarkeit über Branchen hinweg +++

Kerschbaumer: bitte klarstellen

Judith Kerschbaumer, ver.di.

Gastgeberin Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik bei ver.di, zeigt vier Aspekte auf, nun zu mehr SPM-Abschlüssen zu kommen (bei Uniper hatten AN das SPM eingefordert):

+++ 1. individuelle Verhandlungen kosten zu viel Zeit +++ 2. besser: Andocken an bestehende Tarifverträge durch tarifgebundene Sozialpartner +++ aufsichtsrechtlich offen dabei: was ist wortgleich bzw. inhaltsgleich? Wäre Genehmigungsfiktion wie im Baurecht besser als langwierige BaFin-Prüfung (z.B. Unbedenklichkeitsfeststellung innerhalb von drei Monaten ab Abgabe der vollständigen Unterlagen erteilt)? +++ zudem Durchführung und Steuerung problematisch, wenn weitere AG beitreten (Kostenbeteiligung) +++

+++ 3. Andocken/Übernahme TV durch tariflich ungebundene Sozialpartner (können Anwendung einschlägiger tariflicher Regelung vereinbaren) +++ aufsichtsrechtlich offen auch dabei: was ist wortgleich bzw. inhaltsgleich? +++ zudem Durchführung und Steuerung problematisch, wenn weitere AG beitreten (Kostenbeteiligung) +++

+++ 4. Differenzierungsklauseln nach Mitgliedschaft in Gewerkschaft oder AG-Verband +++ aktuell noch Widerspruch zwischen Tarifrecht (Tarifvertragsparteien sollen Nichttarifgebundenen Zugang zu SPM nicht verwehren und dürfen Versorgungseinrichtung keine sachlich unbegründeten Vorgaben machen, § 21 Abs. 3 BetrAVG) und Aufsichtsrecht (bei gleichen Voraussetzungen dürfen Prämien und Leistungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden, § 138 Abs. 2 VAG) +++ ver.di fordert Klarstellung: § 21 Abs. 3 BetrAVG als Lex specialis gegenüber § 138 Abs. 2 VAG +++ soll laut ver.di heißen: da Kosten für Einführung, Implementierung sowie Durchführung und Steuerung von Sozialpartnern getragen werden, sei es sachlich begründet, Gewerkschaftsmitgliedern günstigere Tarife bzw. vorteilhaftere Leistungen anzubieten bzw. von Nichttarifgebundenen Kostenbeteiligung zu verlangen (Kosten durch Einrichtung und laufende Verwaltung der Versorgungseinrichtung) +++ Klärung soll auch hier Fachdialog bringen +++

Bepler: planwidrig, sachwidrig, prozesswürdig – und keine Prognosen

Klaus Bepler, Universität Halle-Wittenberg.

Klaus Bepler, Honorar-Prof der Uni Halle-Wittenberg und Vorsitzender BAG-Richter a.D., verweist auf die Rechtsunsicherheit in den vielen Fällen, in denen Arbeitgeber schon lange vor gesetzlicher Regelung Zuschüsse zur Entgeltumwandlung geleistet haben:

+++ Frage: Besteht stets Anspruch auf 15%, oder ist Anspruch auch erfüllt, wenn bei geringerer SV-Ersparnis des AG entsprechend niedrigerer Zuschuss gewährt wird? (betrifft Einkommen zwischen BBG der Krankenversicherung und Rentenversicherung, wo häufig nur 11% SV-Einsparung anfallen) +++ Antwort: Da Gesetz planwidrige Lücke aufweist, kommen drei Möglichkeiten in Betracht, sie zu schließen: immer 15% pauschal/Spitzabrechnung/Spitzabrechnung abzüglich Verwaltungskostenanteil +++ „Ich wage keine Prognose, zu welchem Ergebnis die Rechtsprechung kommt“ +++ in neuen Tarifverträgen könnten Tarifvertragsparteien Problem autonom lösen +++ Anmerkung LbAV: aba will im Fachdialog klarstellen lassen, dass Anrechnung bereits bestehenden Versprechens, Zuschuss zu zahlen, auf gesetzliche Zuschusspflicht stattfinden kann +++

+++ zweite Frage: Entfällt eine Weitergabepflicht an SV-Ersparnis (nach § 1a Abs. 1a BetrVG im Hinblick auf § 19 Abs. 1 BetrAVG), wenn Alt-TV aus Zeit vor Inkrafttreten BRSG keine oder nach unten abweichende Zuschusspflicht festgelegt hat, oder sind derart geschuldete Zuschüsse nur mit der gesetzlich geschuldeten Zahlung zu verrechnen? +++ Antwort: „Eine gesetzesverdrängende Weitergeltung von verschlechternden Alt-Tarifverträgen ist hiernach evident sachwidrig.“ +++ zum Nachteil der AN bis hin zu einem Anspruchsausschluss kann nicht „abgewichen werden“ +++ doch gilt Tariföffnungsklausel (§ 19 Abs. 1 BetrAVG) auch für Alt-TV vor BRSG, die niedrigeren Zuschuss festgelegt hatten? +++ Im Prinzip ja, denn Zuschuss ist tarifdispositiv (nach § 1a Absatz 1a BetrAVG) +++ aber: noch keine Rechtsprechung +++ Frage nach verdrängender Fortwirkung von Alt-Tarifverträgen lässt BAG bislang ausdrücklich unbeantwortet +++

+++ Stellungnahmen in Literatur dazu widersprüchlich: von Ablehnung der Verschlechterung des gesetzlichen Zuschussanspruchs durch Alt-Tarifverträge bis Anerkennung des bereits ausgehandelten Gleichgewichts tarifvertraglichen Regelungen gegenüber der gesetzlichen Neuregelung durch BRSG +++ Bepler-Gutachten von 2018 für DGB sagt: Abweichung von gesetzlich neugeregelten Zuschuss zuungunsten von AN nur durch neue Tarifverträge +++ BRSG lässt keinen Spielraum mehr, warum AG vom Sparverhalten der AN profitieren sollten (anders als bei Einführung der Entgeltumwandlung 2001 gewollt) +++ zudem hat BRSG Zuschussanspruch grundlegend gegenüber den vor- und außergesetzlichen, auf Alt-Tarifverträgen beruhenden Ansprüchen verstärkt +++

+++ Sozialpartner haben nun allen Anlass, auf grundlegende gesetzgeberische Neubewertung eines bereits behandelten Teil-Regelungsfeldes zu reagieren statt weiter tarifautonom ausgehandeltes Gleichgewicht in gesetzlich ursprünglich ungeregeltem Feld beizubehalten +++ AN, die wegen BRSG nun plötzlich durch ungünstigere Alt-TV, deren verbreitete Existenz dem Gesetzgeber bekannt war, gebunden bleiben, werden schlechter gestellt +++ was tun? Bislang stets zu Recht abgelehnt, einen TV wegen Störung der Geschäftsgrundlage für teilweise unwirksam zu erklären +++ vorgesetzlich viele Umwandlungs-TV betroffen, die keine AG-Zuschüsse vorsahen +++ erneutes Schweigen zum AG-Zuschuss in TV weicht nicht von neuer Rechtslage ab, nur bewusst einvernehmlicher Wille, der als Zusatz zu altem TV schriftlich fixiert wird +++ dies ist aber „prozesswürdig“ +++ Anmerkung Kerschbaumer: will demnächst gegen kleineren AG-Verband wegen solcher Schlechterstellung der Beschäftigten mit Alt-TV klagen und höheren AG-Zuschuss erzwingen +++

Politiker und BDA: Schwertuer und Kannibalen versus …

Die Renten- und Altersvorsorge-Politiker (MdB) stellen sich dem Diskus (AfD wie stets nicht eingeladen):

Die Podiumsdiskussion (v.l.n.r.): (v.l.): Alexander Gunkel (BDA), Jana Schimke (CDU/CSU), Matthias Birkwald (Linke), Markus Kurth (Grüne), Tanja Machalet (SPD) und Anja Schulz (FDP). Alle Fotos: Detlef Pohl.

+++ Tanja Machalet (SPD): erstes SPM guter Ausgangspunkt für Fortentwicklung SPM +++ einschlägige TV wichtig +++ auch AVE im Blick behalten +++ jetzt zunächst Fachdialog zur Betriebsrente abwarten, ehe gesetzliche Änderungen kommen +++

+++ Anja Schulz (FDP): SPM bietet Arbeitgebern endlich wieder Möglichkeit für attraktive bAV auch im Niedrigzinsumfeld +++ hat Potenzial, in Zeiten des Fachkräftemangels zum Wettbewerbsvorteil für tarifgebundene Betriebe zu werden +++ für 99% aller Betriebe, die nicht trarifgebunden sind, bleibt SPM allerdings unzugänglich +++ daher sollten perspektivisch besser alle Betriebe, ob tarifgebunden oder nicht, attraktive bAV im Stile des SPM anbieten dürfen +++ im Schnitt beziehen Frauen nur halb so hohe Betriebsrente wie Männer, zumal 2/3 eher in KMU arbeiten, meist ohne Tarifbindung +++ Erweiterung SPM würde vor allem Frauen zugutekommen und relevanten Beitrag zur Verkleinerung des Gender Pension Gap leisten +++ Unternehmen, denen SPM offen steht, sollten ganze Belegschaft in bAV einbeziehen können (Opting out) +++ mit SPM haben AN Chance, von professioneller Anlagestrategie zu profitieren, ohne dafür selbst Kapitalmarkt-Profis zu sein +++ Dynamisierung Geringverdienerförderung sinnvoll (§ 100 EStG) +++

+++ Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen): Politik hat bei SPM bewusst Rahmen für Tarifpartner geschaffen +++ „Mit einer Öffnung tue ich mich schwer“ +++ finanziell kompensatorischer Ausgleich wäre eine Option für Öffnung und Zugang auch für tariflich Ungebundene, oder politische Kompensation durch AVE von TV +++ Ball liegt im Feld der Sozialpartner +++ mehr Bewegung nötig +++ Ungebundene müssen einen Preis zahlen, da sonst Asymmetrie und ggf. Todesstoß fürs SPM +++ generell bei bAV/pAV am besten Standardprodukt mit besserer Portabilität +++

+++ Matthias W. Birkwald (Linke): bAV besser als private Altersvorsorge, aber echte bAV nur, wenn AG mindestens 50% der Finanzierung übernimmt +++ falls SPM das schafft, ist Linke dafür +++ abwarten, was rauskommt +++ Entgeltumwandlung keine Lösung, da Kannibalisierung der gesetzlichen Altersrente wegen SV-Ersparnis in Beitragsphase +++ solidarische gesetzliche Mindestrente wäre besser +++ Problem der Doppelverbeitragung weiter ungelöst +++ nach Studie der VZ Bayern muss AG 40–50% der Finanzierung übernehmen, damit es sich für AN lohnt +++ AVE würden mehr Sicherheit für AN bringen +++ SPM kein Patentrezept +++

Freiheit und Förderung – und unnötig kompliziert

+++ Jana Schimke (CDU/CSU): bAV nicht durch politische Vorgaben zu stärken, sondern durch Freiheit und Förderung +++ TV sollte für SPM nicht zwingend bleiben +++ besser für alle Firmen und alle Durchführungswege zugänglich machen +++

+++ Alexander Gunkel (HGF der BDA): SPM gut wegen neuer Chancen und Einbeziehung auch risikoaverser AG +++ TV als Voraussetzung sollte besser nicht zwingend sein, ist aber akzeptabel +++ Gesetzgeber hat durch zu viele Details die Sache unnötig kompliziert gemacht +++ jetzt weiter vereinfachen und für alle auch ohne einschlägigen TV öffnen +++ Billigmodelle soll es nicht geben, da Qualitätsanspruch nicht nur wegen Fachkräftemangel wichtig +++ Einheits-SPM für alle, z.B. von BDA und DGB, würde Vielfalt nicht gerecht und findet keine Mehrheit bei AG und offenbar auch nicht bei Gewerkschaften (ver.di stimmt zu: Sache der Einzelgewerkschaften) +++

Das Argument, die Arbeitgeber zahlten zu wenig, geht ins Leere“: 80% der bAV ist AG-finanziert +++ Geringverdienerförderung am meisten von Öffentlichkeit unterschätzt: schon über eine Mio. AN profitieren von reiner AG-Förderung +++ für Geringverdiener ist auch dritte Säule sozialpolitische Errungenschaft +++ Riester-Rente benötigt aber neuen Namen und schnelle Reform +++

Fazit von LEITERbAV: langer Ball

+++ neulicher Einstieg in rBZ lockt Nachahmer: Andocken an bestehende TV durch tarifgebundene Sozialpartner scheint ver.di der Königsweg +++ dagegen sehen viele Gewerkschafter beim Andocken durch tariflich ungebundene Sozialpartner Probleme, falls Beitritt ohne Vereinbarung einschlägiger tariflicher Regelung erlaubt (zu wenig Sicherungsbeitrag, keine Kostenbeteiligung an Durchführung und Steuerung von SPM) +++ Billigmodelle soll es nicht geben, kontert BDA +++

+++ Fachdialog könnte Lösungen aufzeigen +++ SPM mit oder ohne TV, da scheiden sich die Geister +++ SPD, Grüne, Linke und auch BMAS noch für TV-Zwang, BDA hat TV-Zwang akzeptiert, CDU/CSU und FDP dagegen +++ Kompromiss deutet sich im Fachdialog an: konkrete Sozialpartner vor Ort müssen Öffnung zustimmen, und Dritte sollen nicht frei unter möglichen SPM wählen können, wenn es einschlägigen TV gibt +++ womöglich als dritte Voraussetzung noch Finanzbeteiligung Ungebundener an SPM-Kosten oder Akzeptanz von TV-AVE durch AG-Verbände +++ am wichtigsten: alle Betriebe sollten künftig attraktive bAV im SPM-Stil anbieten dürfen, ohne dass Gesetzgeber und Aufsicht Initiative der Sozialpartner ersticken +++ Und: Gesetzgeber sollte alle Rechtsunsicherheiten rund um den ohnehin zu kompliziert geratenen 15%-Zuschuss schnellstmöglich lösen – dieser Ball liegt klar bei ihm, schon lange +++

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Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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