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7. Berliner bAV-Auftakt:

Von Gold-Standards, Rückzugsgefechten, gescheiterten Bausteinchen und …

 hohem Blutdruck: Niedrigzinsphase und Inflation, Beitragsgarantien und das Gegenteil im Sozialpartnermodell sowie der politische Fachdialog prägen die bAV in diesem Frühjahr. Auf der bAV-Auftakt-Fachtagung wird dies aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert. LbAV-Autor Detlef Pohl gibt die wesentlichen Aussagen komprimiert wieder.

Geladen hat bereits zum siebten Mal Prof. Mathias Ulbrich von der Hochschule Schmalkalden. Gekommen sind Vertreter aus Politik, von Sozialpartnern und Verbänden, im Publikum live 60 Experten und virtuell nochmals 80 Leute on Air. Schon etwas traditionell bildet die Ulbrich-Veranstaltung den Jahresauftakt einer Reihe von bAV-Fachtagungen (auch wenn sie dieses Jahr spät dran war und so ver.di Anfang Februar mit ihrer Tagung zum Energie-Sozialpartnermodell voranging).

Wegen der Dichte der Informationen dokumentiert LEITERbAV Impressionen der Ulbrich-Tagung, die am 2. März im Titanic-Hotel in der Chausseestraße in Berlin-Mitte stattgefunden hat und manch Inhalt der ver.di-Tagung aufgreift, im schnellen LbAV-Stakkato (sämtlich im Indikativ der Referenten).

Ulbrich: Viele Kernfragen bis Juni zu beantworten

Prof. Mathias Ulbrich, Hochschule Schmalkalden…

Mathias Ulbrich, Professor für Arbeitsrecht an der Fakultät für Wirtschaftsrecht der Hochschule Schmalkalden, beschränkt sich diesmal nicht nur auf die Moderation, denn kurzfristig springen wegen der Regierungserklärung zur Zeitenwende am selben Tag einige MdB von der Agenda ab:

+++ was bAV 2023 bringt, lässt Ulbrich mit einem hoffnungsvollen Satz anklingen: viel passiert seit der Tagung vor einem Jahr, u.a. zwei SPM installiert; 2023 könnte noch viel mehr passieren (Fachdialog) +++ jüngste Sitzung zum Fachdialog am 1. März betraf Sozialpartner und deren drängendste Probleme +++ offenbar viel Einigkeit, aber im Detail noch erheblicher Regelungsbedarf +++

+++ Ulbrich listet zahlreiche Detailfragen zu Schwerpunkten des Fachdialogs auf und arbeitet Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Experten zweier Verbänden (aba; IVS) und zweier Sozialpartnern (ver.di; BDA) auf +++ Beispiel: Abschaffung des Beitragserhalts in BZML: alle sind dafür, nur ver.di äußert sich nicht +++ Beispiel: erleichterte Eingriffe in Future Service (3. Stufe) wegen Generationengerechtigkeit: alle dafür, ver.di tendenziell dagegen +++ insg. listet Ulbrich über 75 brandheiße Fragen auf, die im Fachdialog geklärt werden sollen, und holt Meinungen der vier Institutionen ein +++ Momentaufnahme ist nicht in Stein gemeißelt, heizt aber Diskussion auf Tagung an +++

Kerschbaumer: Ohne Tarifexklusivität Rückzug aus SPM

Judith Kerschbaumer, ver.di…

Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik bei ver.di, sieht in der rBZ via SPM die Antwort die auf das Garantieproblem:

+++ ihre wichtige Leitplanken: SPM bleibt nur durch Tarifvertrag vereinbar („Tarifrente“), kein Zwang, sondern Wahloptionen, essentielle finanzielle Arbeitgeberbeteiligung, kollektive Sicherheit durch Pufferbildung +++ vertrauensbildend wirkt auch Beteiligung Sozialpartner an Durchführung/Steuerung +++ essentielle finanzielle AG-Beteiligung bei Energie-SPM (Beispiel für 50.000 Euro Jahresbrutto: Arbeitgeber zahlt rund 1.500 Euro p.a., Arbeitnehmer 333 Euro – s. Tabelle +++ wichtig: AN erhält auch 3%-Punkte Kosten gutgeschrieben, die durch SPM-Organisation eingespart werden +++

Quelle: ver.di. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

+++ aktuell 56% bAV-Abdeckung im Einflussbereich von ver.di +++ Gewerkschaft kämpft für Erhalt der Tarifexklusivität +++ geht Kampf verloren, dann Rückzug aus SPM +++ Verzicht auf Garantien muss mit nennenswertem AG-Beitrag abgegolten werden, reine Entgeltumwandlung keine Option für SPM +++ bei Uniper sei man ohne Förderbeiträge ausgekommen wegen dortiger hoher Gehälter; bei nächsten Modellen ginge das sicherlich nicht +++

+++ vier Chancen, zu mehr SPM-Abschlüssen zu kommen: individuelle Verhandlungen (kostet zu viel Zeit), Andocken an bestehende Tarifverträge durch tarifgebundene Sozialpartner (ist besser), Andocken/Übernahme TV durch tariflich ungebundene Sozialpartner (können Anwendung einschlägiger tariflicher Regelung nach § 24 BetrAVG vereinbaren) oder Differenzierungsklauseln nach Mitgliedschaft in Gewerkschaft oder AG-Verband +++

+++ aktuell bei Differenzierungsklauseln noch Widerspruch zwischen Tarifrecht (Tarifvertragsparteien dürfen Versorgungseinrichtung sachlich begründete Vorgaben machen, § 21 Abs. 3 BetrAVG) und Aufsichtsrecht (bei gleichen Voraussetzungen dürfen Prämien und Leistungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden, § 138 Abs. 2 VAG) +++ ver.di fordert Klarstellung: § 21 Abs. 3 BetrAVG als Lex specialis gegenüber § 138 Abs. 2 VAG +++ soll heißen: da Kosten für Einführung, Implementierung sowie Durchführung und Steuerung von Sozialpartnern getragen werden, ist es sachlich begründet, Gewerkschaftsmitgliedern günstigere Tarife bzw. vorteilhaftere Leistungen anzubieten bzw. von Nichttarifgebundenen Kostenbeteiligung zu verlangen (Kosten durch Einrichtung und laufende Verwaltung der Versorgungseinrichtung) +++ Klärung soll Fachdialog bringen, BAG lässt dies laut ver.di in begrenztem Umfang zu +++ zudem weiter „Einstiegsgeld“ für SPM-Beitritt tariflich ungebundener Sozialpartner diskutiert +++

Thiesen: Pufferung sichert höhere Initial-Rentenniveaus ab

Martin Thiesen, Metzler…

Martin Thiesen, Aktuar und Vorstand des Metzler Sozialpartner Pensionsfonds als zuständige Einrichtung für das Energie-SPM, erläutert das Asset Management im SPM:

+++ Anwärter treten bestehendem Spezialfonds-Portfolio bei (dreistelliger Mio.-Bereich) +++ anfängliche Asset Allocation basiert auf bereits im Konzern bestehender Kapitalanlage +++ Struktur: bestehender Metzler Spezialfonds, erfahrenes und erprobtes globales Asset Management, hohe Diversifikation über liquide und illiquide Asset-Klassen, Kosteneffizienz und stringenter ESG-Fokus +++ Rendite zu Ende 2022 verfehlt mit 3,04% zwar ALM-Zielrendite von 3,5% p.a., aber seit Auflage 2016 zuvor 6,32% p.a. geschafft +++

+++ 112,5% Kapitalisierungsgrad als Puffer +++ gut in der Krise, positiver Hebel im Kursaufschwung +++ mehr als 100% nötig, um Rentenkürzung zu vermeiden, bei mehr als 125% Pflicht zur Rentenerhöhung (theoretisch schon ab 110% möglich, aber verworfen, um spätere Absenkungen bei schlechtem Marktverlauf zu vermeiden) +++ Ziel: höheres initiales Rentenniveau als bei Anlage mit Garantien, das auch stabil höher bleiben soll +++ nach individueller Anwartschaftsphase wird bei Renteneintritt Puffer ins Kollektiv gegeben (kollektive Rentenbezugsphase) +++ kämen neue Kollektive von anderen Sozialpartnern ins SPM, würden Sterbetafeln entsprechend anzupassen sein +++

+++ Haupt-Asset-Klassen mit hoher Bandbreite: Gold (0–25%), Bonds (20–70%), Equity (25–70%), Real Estate (5–20%) +++ erwartete Nettorendite 2023: 3,9% bei 6,9% Vola +++ auch ESG überdurchschnittlich gut gegenüber Benchmark (z.B. ESG-Rating: AA; Benchmark: A) +++ von insgesamt 45 investierten Positionen steht keine einzige auf Ausschlusslisten +++

Drei MdB: Zwischen Scheitern und Freiheit

Jana Schimke, CDU MdB…

Jana Schimke, Politikwissenschaftlerin und für die CDU/CSU im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales, will nicht, das für die Beschäftigten jeden Tag alles anders wird:

+++ bAV kann nicht durch politische Vorgaben allein gestärkt werden +++ Tarifverträge für SPM sollten nicht zwingend sein +++ besser für alle Firmen und alle Durchführungswege zugänglich machen +++ schwer, die Breite der Altersvorsorge-Chancen in Köpfe junger Leute zu bekommen +++ bAV ist etabliertes System, wird aber durch Zinsen, Bürokratie und Haftung belastet +++ Obligatorium würde einzig 1 Mio. Geringverdienern helfen (an der Stelle Union offen), ansonsten soll Freiheit und Förderung gelten +++ Motivation wichtig: Vorsorge lohnt auch mit wenig Geld +++ Voraussetzung: Wissen und Vertrauen in Angebote +++ Garantien zunehmend Bremsklotz, SPM jedoch viel besser, um mehr Menschen gute bAV zu liefern +++ keine Einmischung des Staates als AV-Anbieter +++ Riester muss bleiben und weiterentwickelt werden +++ Warnung vor immer neuen Angeboten, da dies Vertrauen in AV untergräbt +++

Wolfgang Strengmann-Kuhn, Volkswirt und für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales (virtuell zugeschaltet und bisher noch nicht öffentlich zur bAV in Erscheinung getreten), sieht Staat und Arbeitgeber als des Rätsels Lösung:

+++ Altersvorsorge hat eigentlich nur zwei Säulen: Umlage und Kapitaldeckung +++ Kapitaldeckung sorgt für zusätzliche Lebensstandardsicherung, am besten über öffentlich organisierten Bürgerfonds +++ generell bei bAV/pAV am besten Standardprodukt mit besserer Portabilität analog zu Schweden +++ BRSG ist gescheitert +++ SPM nur ein „Bausteinchen“ und für viele KMU nicht nutzbar, da dort meist keine Tarifbindung +++ Ausweg: Angebots-Obligatorium vom AG mit verpflichtendem AG-Beitrag +++ Bürgerfonds als Alternative zur Riester-Rente könnte zusätzliche Option auch zu bisherigen Durchführungswegen in bAV sein +++

Tanja Machalet, SPD MdB…

Tanja Machalet, Volkswirtin, Rentenpolitische Sprecherin und für die SPD im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales, setzt auf das Tarifliche:

+++ Rentenpaket II soll 48% gesetzliches Rentenniveau sichern, zusätzlich soll Generationenkapital (Aktienrente) GRV stabilisieren +++ bAV ergänzt gesetzliche Altersvorsorge elementar („wesentliche Zusatzvorsorge“) +++ Fachdialog läuft und wird bAV weiter stärken, hoffentlich auch für bessere Portabilität bei Jobwechsel +++ bisher Beitragsfreistellung in bAV nur während Elternzeit möglich, muss auch in anderen Lebenslagen erlaubt werden, im Zweifel über neue Tarife bei Job-Wiedereinstieg +++

+++ einschlägige Tarifverträge wichtig +++ auch Allgemeinverbindlichkeitserklärungen (AVE) im Blick behalten +++ Beispiel Schweden zeigt: starke Tarifbindung (90% der Arbeitsverträge unterliegen dort Tarifbindung) fördert gute Bedingungen für bAV (vier große Tarifverträge erfassen die meisten Arbeitnehmer) +++

BDA: der Ungläubige in der Staatsfondsfrage

Alexander Gunkel, BDA…

Alexander Gunkel, Hauptgeschäftsführer der BDA, weiss, dass auch der Staat nichts umsonst kann:

+++ Fachdialog-Sitzung mit Sozialpartnern hat am 1. März stattgefunden +++ BDA bringt sich mit zahlreichen Vorschlägen per Stellungnahme ein +++ Beispiel Arbeitsrecht: BZML muss an Leistungsniveau angepasst werden, das Versorgungsträger als Anlageprofis auch in Niedrigzinsphase sicher gewährleisten können +++ Festhalten an Beitragsgarantie führt zu versiegenden Angeboten für Neuzusagen +++ betroffen insb. KMU, die vielfach versicherungsförmige Durchführungswege nutzen +++ parallel läuft „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ +++

+++ mahnt dringende Reform an, aber warnt vor Staatsfonds-Gläubigkeit +++ Staatsfonds böte keine Vorteile und schlösse späteren staatlichen Zugriff auf angesparte Mittel nicht aus +++ keineswegs per se „effektiver“ und „kostengünstiger“ als private oder betriebliche Angebote +++ erhoffte Kostenvorteile allein durch automatische Beitragszuweisung +++ auch Staatsfonds müsste alle Vorgaben des Aufsichtsrechts erfüllen und damit verbundene Kosten finanzieren +++

+++ BDA fürchtet, dass staatlich angeordnetes Opt-out durch Arbeitgeber umgesetzt werden müsste +++ würde bei Arbeitgebern Aufwand und zusätzliche Kosten verursachen +++ käme nur Beschäftigten zugute, die durch Pflichtmitgliedschaft in GRV ohnehin unterdurchschnittlich altersarmutsgefährdet sind +++ zudem würde Staatsfonds Wettbewerb zulasten anderer Anbieter privater Vorsorge verzerren +++

+++ von bisheriger Bruttobeitragsgarantie sollte künftig optional und konditioniert abgewichen werden können +++ Garantie sollte sich nicht mehr auf den Zeitpunkt des Rentenbeginns, sondern auf den zu erwartenden Versorgungszeitraum beziehen +++ Zulagenförderung umfassend weiterentwickeln: Zulagenverfahren vereinfachen, Förderung anpassen und einheitlich gestalten, steuerliche Abzugsfähigkeit an die BBG anbinden, Förderung für alle Erwerbstätigen ermöglichen +++ bei Zulagenrente einfaches „digitales“ Produkt als Alternative zulassen +++ neue Zulagenrente braucht dann auch Kommunikationsoffensive +++

+++ SPM gut wegen neuer Chancen und Einbeziehung auch risikoaverser AG +++ TV als Voraussetzung sollte nicht zwingend sein, aber bestehende Regelung akzeptabel +++ Gesetzgeber hat durch zu viele Details die Sache unnötig kompliziert gemacht +++ jetzt weiter vereinfachen und für alle auch ohne einschlägigen TV öffnen, sofern Sozialpartner zustimmen +++ Billigmodelle soll es nicht geben, da Qualitätsanspruch nicht nur wegen Fachkräftemangel wichtig +++ zudem: nur „sozialmächtige“ Gewerkschaften können wirksame Tarifverträge abschließen (damit lässt sich Einschlägigkeit auch nicht aushebeln) +++ Geringverdienerförderung: über 1 Mio. AN profitieren von reiner AG-Förderung +++ könnten mehr sein, wenn auch „Altzusagen“ aus Zeit vor BRSG in Förderung einbezogen würden +++

aba: Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker

Klaus Stiefermann, aba…

Klaus Stiefermann, aba-Geschäftsführer, will einen bestimmten Trend gedreht sehen – und sieht schon jetzt Verzögerungen am Horizont:

+++ im Fachdialog 2023 Fehlentwicklungen vermeiden, z.B. Einrichtung eines „Öffentlich verantworteten Fonds“ +++ Altersversorgung/Altersvorsorge darf nicht zu reiner Vermögensbildung werden +++ Riester-Reform nur mit Berücksichtigung der bAV-Relevanz +++ „Generationenkapital“ für 1. Säule (Fortentwicklung der Aktienrenten-Idee) nicht über freiwillige Zusatzbeiträge speisen +++ in Fachdialog zur bAV-Stärkung hat aba zahlreiche Vorschläge eingebracht +++

+++ Beispiel Arbeitsrecht: für BZML sollte niedrigeres Garantieniveau als 100% vereinbart werden können oder vom Gesetzgeber definiert werden. Frage von Übergangsregelungen muss dabei intensiv geprüft werden +++ Beispiel Finanzaufsichtsrecht: AVE gehören nicht undifferenziert in „Finanzmarktregulierung“, sonst entsteht für EbAV Regulierung, die überhaupt nicht oder nur mit unvertretbarem Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Begünstigten umgesetzt werden kann +++ Kleine Pensionskassen werden aktuell so behandelt wie große Lebensversicherungstanker +++ für Dilemma zwischen „grundsätzlich sinnvoller Zielsetzung des Gesetzgebers“ und „systematisch unpassender Finanzmarktregulierung für EbAV“ muss Weg gefunden werden

+++ Beispiel SPM: auch leitenden Angestellten und nicht tarifgebundenen AN sollte Zugang zu SPM, an dem ihr Arbeitgeber beteiligt ist, einfach ermöglicht werden +++ zudem eingehend zu prüfen, ob auch „branchenfremde Nichttarifgebundene“ Zugang erhalten können +++ Fachdialog sollte Flexibilisierung, Entbürokratisierung, Deregulierung und Digitalisierung bewirken +++ falls BRSG als gescheitert tituliert wird, „steigt mein Blutdruck“ (O-Ton) +++ bAV wird mit jeder Reform komplizierter – hoffentlich kehrt Fachdialog Trend um +++

+++ aba auch in „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ (BMF-Verantwortung), wo zur laufenden Arbeit Verschwiegenheit vereinbart ist +++ Ergebnisse erst Ende Juni 2023 zu erwarten +++ dann soll aber bAV-Fachdialog (BMAS-Verantwortung) schon in Richtung Gesetzentwurf unterwegs sein +++ Zeitpläne nicht vernünftig aufeinander abgestimmt +++ da beide Reformen Gesetzesänderungen auslösen dürften – mit finanzielle Folgen – könnte sich bAV-Reform nach hinten verschieben +++

BMAS: Widersprüche auflösbar

… und Peter Görgen, BMAS, auf dem 7. Berliner bAV-Auftakt. Alle Fotos: Detlef Pohl.

Peter Görgen, Referatsleiter „Zusätzliche Altersvorsorge“ im BMAS, muss stets auf Karlsruhe und Erfurt achten:

+++ SPM löst Garantieproblem: verbindet bestmöglich Chance und Sicherheit bei kapitalgedeckten Systemen +++ statt Leistungszusage, BZML, boLZ und reiner Beitragszusage (rBZ) künftig nur noch zwei Zusagearten nötig: rBZ und Leistungszusage (mit 80% Garantie) +++ noch zahlreiche Druckpunkte zu klären, z.B. Änderung der Beitragsgarantie +++ Arbeitsrechtler warnen vor rückwirkenden Maßnahmen, da rechtlich nur für Neuzusagen haltbar +++ weiteres Problem: Eingriff in bestehende Zusagen wegen nötiger Generationengerechtigkeit +++ kommt eher nicht, da enge verfassungsrechtliche Vorgaben und vom BAG entsprechend geurteilt +++

+++ Dialog voraussichtlich im Frühjahr mit gemeinsamer großer Runde in Berlin abgeschlossen, wo BMAS und BMF ihre Ergebnisse zusammenfassen und weiteres Vorgehen skizzieren +++ was in mögliche Gesetzgebung aufgenommen wird, zeigt sich erst am Ende +++ einige Punkte zum SPM zeichnen sich schon ab: Stichwort „Öffnung der rBZ für möglichst alle Arbeitgeber“ +++ BMAS will bei SPM „Andocken“ an bestehende Tarifverträge, aber kein „Spielzeug für Sozialpartner“, sondern Chance auf Breite +++ leichtere Nutzung durch Nichttarifgebundene regelbar, z.B. über positiven Anforderungskatalog +++ Görgen-Beispiel: Andocken nur für Sozialpartner, die mindestens 7% der Beschäftigten in der Branche vertreten +++ dazu Verordnungsermächtigung denkbar: „BMAS kann Einzelheiten regeln“ +++ Andocken nicht möglich, wenn in Branche schon SPM existiert +++ weitere Voraussetzung: konkrete Sozialpartner „vor Ort“ müssen Öffnung zustimmen +++

+++ weitere Punkte aus dem Fachdialog zum SPM: Öffnung der Leistungsformen, also Zulassung auch von Kapitalzahlungen +++ Auszahlungsmodalitäten künftig evt. weniger eng, etwa Kapitalzahlung für SPM-Einsteiger ab 50 +++ lebenslange Rente bleibt aber Gold-Standard in AV +++ zur Abgrenzung zwischen Tarifvertragsrecht (differenzierte Behandlung erlaubt) und Finanzaufsichtsrecht (alle gleich zu behandeln): Tarifrecht darf nicht stets vorgehen, aber aktuelle Widersprüche sollten gesetzgeberisch auflösbar sein +++

Fazit von LEITERbAV: Am Tarifvertrag scheiden sich noch die Geister

+++ kontroverse MdB-Meinungen zum BRSG verwundern: Grünen-MdB goutiert Staatsfonds und hält BRSG für gescheitert sowie SPM nur für ein Bausteinchen +++ SPD-Vertreterin hält es dagegen mit ver.di: BRSG nicht gescheitert, sondern gute Geringverdienerförderung und gute SPM-Piloten +++ einzig Union-Vertreterin lässt weitergehendes fachpolitisches Know-how erkennen: bAV-Ausbau ebenso sinnvoll wie Automatismus bei Förderung und Dynamisierung, dagegen ist Staats-Einmischung als AV-Anbieter kontraproduktiv +++ Absenkung von Garantien nötig, aber wichtig, dass AN das akzeptieren +++ letztlich sind Abgeordnete aber aktuell gar nicht in Fachdialog eingebunden, Parlament wartet ab und klinkt sich erst bei Gesetzgebung ein +++

+++ auch bAV-Experten und Sozialpartner in manchen Dingen uneins +++ Ziel bei SPM bleibt, künftig mehr Angebote in die Breite zu bringen, ohne dass Gesetzgeber und Aufsicht Initiative der Sozialpartner ersticken +++ flankierende Maßnahmen erwünscht, aber nicht alle Fachdialog-Problemfelder dürften 2023 zu lösen sein +++ exemplarisches bringt die Abschluss-Diskussion: BMAS steht Dynamisierung der Geringverdienerförderung positiv gegenüber +++ kaum Chancen räumt BMAS dagegen einer Angleichung der beitragsfreien bAV (§ 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV bis 4% BBG) mit der steuerfreien Dotierung (§ 3 Nr. 63 EStG bis 8% BBG) ein +++

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.