Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Neulich in Berlin – aba-Jahrestagung 2023 (II):

Von fehlenden Wummsen …

ebensolchen Erkenntnissen, überflüssigen Staatsfonds, altbekannten Hintertüren, verschwiegenen Zwischenergebnissen und mehr. Außerdem macht die Aufsicht Hilfsangebote und ein Staatssekretär ein bemerkenswertes Versprechen. LbAV-Autor Detlef Pohl war dabei.

Der Chef eröffnet …

Berlin, Mitte vergangener Woche: Die diesjährige hybride aba-Jahrestagung befasst sich mit der Lage und den Aussichten der deutschen kapitalgedeckten Altersversorgung sowie mit der Aufsicht über EbAV und dem aktuellen Stand zum bAV-Fachdialog sowie zu Sozialpartnermodellen. LbAV-Autor Detlef Pohl dokumentiert Auszüge aus Statements und Debatte des ersten Tages

Nach mehreren Frühjahrs-Veranstaltungen, die sich mit mit der Lage und dem Ausblick unserer Alterssicherung beschäftigt haben – zuletzt die Pensionsaktuare auf ihrer Jahrestagung Ende April – folgt nun die aba-Tagung mit 460 Präsenzteilnehmern. Kernpunkt wie schon im Vorjahr: Wie geht es weiter mit der deutschen kapitalgedeckten Altersversorgung? Wegen der Dichte der Informationen dokumentiert LEITERbAV Impressionen von der Jahrestagung in seinem üblichen Telegrammstil (sämtlich im Indikativ der Referenten).

Thurnes: Welche Erkenntnisse? Welcher Wumms?

aba-Vorstandsvorsitzender Georg Thurnes, zudem Inhaber der Thurnes-bAV, bezieht sich (wie schon kurz berichtet) noch einmal auf Koalitionsvertrag der Ampel, den er bereits früh bewertet hatte, und auf die zahlreichen aba-Vorschläge zu dem Fachdialog „Stärkung der Betriebsrente“:

+++ Fachdialog mit gemeinsamer Gesprächsrunde von BMAS, BMF, Verbänden und Einzelsachverständigen am 11. Mai nun abgeschlossen worden +++ dennoch in letzten Monaten keine wirklich neuen Erkenntnisse +++ wir haben kein Erkenntnisproblem, vielmehr fehlt es an Willen und Stärke, auf Basis dieser Erkenntnisse zielführende Reformen durchzuführen +++ zudem bedenklich, dass keine ehrliche Bestandsaufnahme zu allen drei Säulen an Beginn des Beratungsprozesses stand +++ wieder droht Stückwerk +++ Politik muss sich klar werden über rentenpolitische Ziele und künftige Rolle jeder Säule der Altersversorgung, und zwar nicht nur mit der Perspektive von ein oder zwei Legislaturperioden +++

+++ Kernfragen:

• Welches Gesamtversorgungsniveau angestrebt, und welchen Beitrag sollen zweite und dritte Säule dabei leisten?

• Welches Leistungsspektrum sollen die einzelnen Säulen umfassen (auch hinsichtlich Invalidität und Hinterbliebene)?

• Bei welchen Personen- und Altersgruppen besteht v.a. Handlungsbedarf?

• Wer soll die erforderlichen Finanzierungsbeiträge erbringen?

• Welchen Anteil soll der Staat leisten?

• Will man Garantien, und wenn ja, in welchem Umfang?

+++ im Koalitionsvertrag mehr Kapitaldeckung in Altersversorgung verabredet +++ in GRV soll Generationenkapital eingeführt werden mit zunächst 10 Mrd. Euro aus Haushaltsmitteln +++ großer Wumms ist das sicher nicht +++ will man z.B. Beitragssatzanstieg um 1%-Punkt nebst zugehörigem Bundeszuschuss auffangen, wären nach aktuellen Werten jährlich gut 17 Mrd. Euro notwendig +++ bei 8%-Verzinsung bräuchte man 210 Mrd. Euro im Fonds, bei 5% 340 Mrd. und bei 3% knapp 570 Mrd. Euro +++ solches Vermögen in 10-Mrd.-Euro-Schritten anzusammeln, das dauert +++ bedenklich auch, dass man dazu Schulden aufnehmen will, um in Zukunft Beitragssatz zu stabilisieren +++ junge Generation, deren Beiträge stabilisiert werden sollen, muss Schulden aber auch noch abtragen +++

 

Für einen öffentlich verantworteten Fonds besteht kein Bedarf.“

 

+++ rund 10% aller Riesterverträge betrieblich organisiert +++ Riester-Reform betrifft bAV damit direkt +++ Umgestaltung der Rahmenbedingungen müssten auch von EbAV umgesetzt werden können +++ robustes Rentensystem sollte sich aus mehreren Säulen und dualem Kern (aus Staat und Betrieb) zusammensetzen +++ gute Kombination aus GRV und bAV muss Kern bilden, um Altersversorgung tragfähig und stabil für alle Beschäftigten zu machen +++ nur für die, für die keine Altersversorgung über diese Kombination aufgebaut werden kann, sollte man über Weg in gesetzliche Rente oder attraktive Formen privater Altersvorsorge nachdenken, statt bAV zu beschädigen +++

… und berichtet erstmal zur Lage.

+++ für öffentlich verantworteten Fonds besteht kein Bedarf +++ es braucht keine weiteren Altersvorsorgeprodukte, existierende bAV-Angebote reichen aus, müssen nur besser nutzbar gemacht werden +++ kapitalgedeckte bAV kann besonders kostengünstig ausgestaltet werden und operiert in etabliertem Rechtsrahmen +++ daher könnte bAV anstelle des in Erwägung gezogenen „neuen Angebots“ eingesetzt werden +++ für „öffentlich verantworteten Fonds“ allenfalls Raum, wo kein Beschäftigungsverhältnis vorhanden +++ Anhänger der „Staatsfondsideen“ haben aber genau diese Gruppe nicht im Auge +++ bei dieser Gruppe wären obligatorische Anbindung oder Opting-out ja nicht so leicht zu organisieren wie über den Arbeitgeber +++

+++ bAV braucht weitere Stärkung, wir brauchen Betriebsrentenstärkungsgesetz II +++ aktuelle Verbreitung nach wie vor unbefriedigend – bei Verbreitungsgrad wie Rentenhöhe +++ Anteil aktiver Anwärter an allen Beschäftigten stagniert bei 53,5% +++ durchschnittliche monatliche Nettobetriebsrente bei Männern gut 600, bei Frauen nur knapp 240 Euro +++ knapp 50% der Monatsrenten unter 200 Euro, 10% über 1.500 Euro +++ aba würde sehr begrüßen, könnte Fachdialog dauerhaft institutionalisiert in Form jährlichen Treffens von Sozialpartnern, EbAV, Verbänden und Wissenschaft (hatte aba schon 2011 vorgeschlagen) +++ entscheidend, dass Bemühungen zur bAV-Stärkung nicht konterkariert werden durch kontraproduktive Maßnahmen wie Einführung eines Staatsfonds für diejenigen, für die auch Betriebsrentenzusagen erteilt werden können +++

 

Es ist nicht gerade ermutigend, dass zeitgleich zu den Diskussionen schon wieder neue Fehlanreize gesetzt wurden.“

 

+++ SPM: aba will auch leitenden Angestellten und nicht tarifgebundenen AN Zugang einfach und klar ermöglichen +++ auch für „branchenfremde Nichttarifgebundene“ braucht es Zugangsmöglichkeiten +++ nicht gerade ermutigend, dass zeitgleich zu Diskussionen schon wieder neue Fehlanreize gesetzt wurden, etwa Zementierung von Schriftformerfordernissen im Arbeitsrecht durch Nachweisgesetz und jetzt Umsetzung der Pflegereform +++ kann nicht sein, dass bei kinderzahlbezogener Differenzierung der Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung die betrieblichen Versorgungsträger gesamten Aufwand für Datenerhebung und -Überprüfung tragen müssen +++ es braucht digitalisiertes Verfahren, das EbAV und Arbeitgebern notwendige Angaben liefert und Mehrfachabfragen verschiedener beitragsabführender Stellen bei den Betroffenen verhindert +++ bis dieses existiert, sollte Gesetzesumsetzung ausgesetzt werden +++ Versorgungseinrichtungen können nicht über Monate oder gar Jahre zu hohe Pflegeversicherungsbeiträge abrechnen und später aufwändig alles wieder korrigieren +++

 

Es ist nicht gut, wenn bei Überprüfungsprozessen die EIOPA nach wie vor anscheinend das Ziel verfolgt, durch die Hintertür Solvency-II-analoge Methoden einzuführen.“

 

+++ auch EU-Themen wie Überprüfung der EbAV-II-RL beschäftigen aba kontinuierlich +++ derzeit EIOPA-Konsultation: bis 26. Mai können Stakeholder wie aba Input leisten +++ gut, wenn EU-Vorschriften regelmäßig auf ihre Wirkung und nationale Umsetzung hin überprüft werden +++ aber nicht gut, wenn bei solchen Überprüfungsprozessen EIOPA nach wie vor anscheinend Ziel verfolgt, durch Hintertür Solvency-II-analoge Methoden in Risikomanagement, Berichtsanforderungen und Aufsichtspraxis einzuführen +++ mehr als ärgerlich, dass EIOPA immer noch ignoriert, dass EbAV eine Lebensversicherer oder Finanzdienstleister sind +++ zudem rechtliche Rahmenbedingungen für EbAV durch nationales Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht ganz wesentlich mitgeprägt +++ daher darf es für deutsche EbAV nicht zu Vollharmonisierung auf europäischer Ebene kommen +++ Nutzen und Kosten müssen auch bei der Regulierung zueinander passen +++

Grund: zwischen Konsolidierung, Klima und Finanzmarktregulierung

Frank Grund, BaFin.

Für Frank Grund, BaFin-Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht mit Blick auf seinen Ruhestand ab 1. September, stehen Pensionskassen im Fokus seines Vortrages:

+++ EbAV müssen Verpflichtungen gegenüber Versicherten dauerhaft erfüllen können +++ hat BaFin in vergangenen Jahren mit Blick auf Pensionskassen (PK) sehr beschäftigt, da zum Teil sehr unter extrem niedrigem Zinsniveau gelitten +++ Kassen mussten von Trägerunternehmen oder Aktionären gestützt werden, einige sogar Leistungen kürzen +++ abrupter Zinsanstieg nicht das einzige Risiko für PK, sondern neben allgemeinen ökonomischen und geopolitischen Risiken auch Unwägbarkeiten durch Umbrüche wie Klimawandel und Digitalisierung +++

+++ Hintergrund: einige Kassen gut aufgestellt und zukunftsfähig, aber über 50% inzwischen für Neuzugang geschlossen +++ Beitragseinnahmen stagnieren seit Jahren +++ wird sich in naher Zukunft auch nicht ändern, zeigt BaFin-Prognoserechnung 2022 +++ Branche vor Konsolidierungsprozess +++ auch 2022 Bestände von kleineren Kassen auf größere Einheiten übertragen und kleine Kassen in Liquidation geschickt +++ immer noch PK, deren durchschnittlicher Rechnungszins über Rendite von zehnjährigen Bundesanleihen liegt +++ diese Kassen sollten erforderliche weitere Absenkungen des Rechnungszinses angehen +++ für Kassen, die sich wegen Bestandsgröße oder wirtschaftlicher Situation intensiv mit ihrer Zukunft beschäftigen müssen, kommen Bestandsübertragungen oder Auflösungen in Betracht +++ Aufsicht wird hier weiter bei Suche und Umsetzung geeigneter Lösungen unterstützen: „Sprechen Sie dazu Ihre Aufsichtsteam an“ +++

+++ in PK-Bilanzen zunehmend stille Lasten: nach 30 Mrd. Euro stille Netto-Reserven von circa 30 Milliarden Euro Ende 2021 nun 5 Mrd. Euro stille Netto-Lasten Ende 2022 +++ erst einmal nicht weiter tragisch, weil keine Abschreibung über Nennwert hinaus erfolgen muss – wenn Papiere im Anlagevermögen, bis zur Endfälligkeit gehalten und kein Bonitätsrisiko +++ da bei PK kaum Storno möglich, müssen stille Lasten auch nicht realisiert werden, um Liquiditätsanforderungen zu bedienen +++ allerdings führt Rückgang stiller Reserven zu weniger Risikotragfähigkeit: PK-Zahl mit einem negativem Stresstest-Ergebnis deutlich höher als 2021 +++

 

Die BaFin wird genau hinsehen, ob Überschuss-Vorschläge tatsächlich dauerhaft finanzierbar sind.“

 

+++ sehr hohe Inflation idR ohne direkte Konsequenzen für deren Leistungen, da diese üblicherweise nicht an Inflationsentwicklung gekoppelt +++ inflationsbedingte Kostensteigerungen können sich allenfalls auf PK-Kostenergebnis auswirken +++ Inflation wirkt sich aber indirekt aus – über Überschussbeteiligung +++ BaFin wird genau hinsehen, ob Überschuss-Vorschläge tatsächlich dauerhaft finanzierbar sind +++ Hintergrund: Überschussbeteiligung in Form dauerhaft garantierter Rentenerhöhung vermindert immer Risikotragfähigkeit der Unternehmen +++ Kassen sollten z.B. nachdenken, wenn es AVB zulassen, Überschussbeteiligung in Tarife mit geringerem Rechnungszins umzuleiten +++

Das Publikum.

+++ wirtschaftlichen Ausblick für PK liefert mehrjährige BaFin-Prognoserechnung +++ erwartungsgemäß längerfristige Ergebnisse 09/22 deutlich besser ausgefallen als in Vorjahren, vor allem wegen Zinsanstieg und von PK bereits ergriffener Maßnahmen +++ aber: perspektivisch könnte moderates Niedrigzinsumfeld zumindest langfristig bei wenigen Kassen zu Schwierigkeiten führen (im BaFin-Szenario Neu- und Wiederanlagerendite 1,4% p.a. ab dem sechsten Jahr) +++ immerhin: Bedeckung der Solva-Anforderungen, zumindest auf Branchenebene, wieder in allen Szenarien gegeben – und zwar, anders als in Vorjahren, über gesamten Prognosezeitraum von 15 Jahren +++ nur noch gut 20 Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht (zuvor rund 30) +++

+++ entscheidend wird sein, ob PK Arbeitgebern Angebote machen können, die attraktiv für Beschäftigte sind +++ reine Beitragszusage (rBZ) ist neuer Ansatz in Deutschland +++ bei Pensionsfonds sind zwei SPM inzwischen gestartet, mit einer Pensionskasse ist BaFin aktuell in Gesprächen (BaFin geht davon aus, dass weitere folgen) +++ SPM sind ein Zukunftsfeld für PK +++ wichtig ist offener Dialog zwischen BaFin, Anbieter und Sozialpartnern, um Fragen schnell zu klären +++

 

Die BaFin muss der Gefahr entgegenwirken, dass Kassen über indirekte Anlagen die Anlagevorschriften umgehen.“

 

+++ um konkurrenzfähig zu bleiben, werden PK verstärkt auch über Anlageformen mit höheren Renditechancen nachdenken müssen +++ schon heute gültige Anlagevorschriften stehen Investitionen in Anlageklassen mit höheren Renditechancen nicht entgegen +++ maßgeblich: Anlageverordnung +++ derzeit sind zulässigen Mischungsquoten auf Branchenebene nicht annähernd ausgeschöpft +++ falls Mischungsquoten überschritten, ist zusätzlich Öffnungsklausel für eine Zuführung zum Sicherungsvermögen nutzbar +++ außerdem bei ausreichender Risikotragfähigkeit Antrag auf Ausnahmegenehmigung machbar, wenn Belange der Versicherten dadurch nicht beeinträchtigt werden +++ Möglichkeiten für PK bei indirekter Fondsanlage schon umfangreicher als in Direktanlage +++ BaFin muss Gefahr entgegenwirken, dass Kassen über indirekte Anlage die Anlagevorschriften umgehen +++

 

Ein einfacher Vergleich mit den Solvency-II-Unternehmen kann schnell in Irre führen.“

 

+++ Kassen sind verpflichtet zu prüfen, wie flexibel ihr Anlagebestand auf bestimmte Kapitalmarktszenarien und Investitionsbedingungen reagiert +++ Infrastrukturbeteiligungen: nach Solvency II gibt es für „qualifizierte Infrastrukturinvestments“ Erleichterungen bei der Eigenmittelanforderung, aber: Solvency-II-Unternehmen müssen Infrastrukturanlagen mit Eigenmitteln unterlegen ++ bei EbAV nicht der Fall +++ einfacher Vergleich mit den Solvency-II-Unternehmen kann schnell in Irre führen +++

Frank Grund und Georg Thurnes.

+++ Pensionskassen müssen ihre wesentlichen Risiken im Blick behalten, darunter die aus Kapitalanlage, Klimawandel sowie IT- und Cybersicherheit +++ bei Kapitalanlage in unserem Blickpunkt: indirekte Kapitalanlagen, also bspw. große Wertpapier-Spezialfonds und alternative Kapitalanlagen wie Private-Debt- und Private-Equity-Fonds, Loans, Hypotheken und Infrastruktur +++ zahlreiche PK haben in vergangenen Jahren dort investiert, weil im Niedrigzinsumfeld Chance auf vergleichsweise attraktive Renditen +++ in Zeiten steigender Zinsen halten viele Kassen an illiquiden Anlagen fest +++ Informationen über Zielunternehmen sind schwerer zu beschaffen und auszuwerten +++ Beispiel: bei Private Debt, also Gewährung von Fremdkapital über Darlehen geht es vor allem um Kreditrisiken, Währungsrisiken und rechtliche Risiken bei internationalen Anlagen +++ Kassen müssen Geschäftsmodelle der Zielunternehmen tief durchdringen und über die Laufzeit ihrer Anlagen hinweg im Auge behalten – und die Informationen ihrer Asset Manager stets hinterfragen +++

 

Bis dato nutzen nur wenige Einrichtungen Klimastresstests und Szenarioanalysen.“

 

+++ Klimawandel kann für EbAV-Zukunft bedeutsam sein, EbAV können als institutionelle Anleger bei Dekarbonisierung der Realwirtschaft Schlüsselrolle einnehmen +++ und sind zugleich selbst von Nachhaltigkeitsrisiken betroffen +++ trotzdem nutzen bis dato nur wenige Einrichtungen Klimastresstests und Szenarioanalysen, um diese Risiken zu messen +++ EIOPA hat 2022 ersten europaweiten Klimastresstest für EbAV gemacht (Unterstellung: Umstieg auf CO2-neutrale Realwirtschaft) +++ Ergebnis: Marktwert bei den deutschen Teilnehmern sank um 14%, Wert unter HGB ging um 4% zurück +++ auch unter HGB drohen Abschreibungen bei allen wesentlichen Kapitalanlagearten +++

 

Trotz ihrer Nähe zu Arbeits- und Sozialrecht sind EbAV Finanzunternehmen und fallen daher auch unter Finanzmarktregulierung.“

 

+++ weiteres Risiko ist IT- und Cyber-Sicherheit +++ Finanzunternehmen beliebtes Ziel von Cyberattacken +++ BaFin-Daten zeigen: größter Anteil aller IT-Vorfälle hausgemacht +++ BaFin will Unternehmen grundsätzlich resilienter machen, wenn es um Risiken der Digitalisierung geht +++ Ergebnisse bisheriger Prüfungen ernüchternd, Verbesserungspotenzial +++ trotz Nähe zu Arbeits- und Sozialrecht sind EbAV Finanzunternehmen und fallen daher auch unter Finanzmarktregulierung +++

+++ Fazit: Für stärkere Zukunftsfähigkeit der Pensionskassen neue Ansätze nötig +++ zwar werden rein wirtschaftlich viele Kassen überleben +++ „Weiter so“ aber keine Option +++ SPM hier eine gute Chance, zudem gutes Kapitalanlagen- und effektives Risikomanagement nötig +++

Schmachtenberg: alles ausgeleuchtet, aber nichts festgelegt

Für BMAS-Sts Rolf Schmachtenberg (SPD) ist die Betriebsrente potenziell der beste Weg, eine Zusatzrente aufzubauen:

+++ gesetzliches Rentenniveau über 2025 hinaus bei 48% halten +++ für Einstieg in teilweise GRV-Kapitaldeckung soll 2022 zunächst Stiftung für die Bildung des Generationenkapitals gegründet werden +++ Geschäfte des Stiftungskapitals soll KenFo führen +++ bAV passgenau, kostengünstig und effizient, v.a. wenn auf kollektiver Basis von Sozialpartnern organisiert +++ in weiteren wichtigen und großen Branchen wird derzeit über SPM-Einführung gesprochen +++

 

Im nächsten Schritt ist ein Textvorschlag zu erarbeiten, der weiter diskutiert werden kann und muss.“

 

+++ in Fachdialog nochmals alle Ecken des verwinkelten bAV-Gemäuers ausgeleuchtet +++ eher technisch-fachliche Diskussion gewesen +++ je politischer bAV-Fragen diskutiert, desto wildere Lösungen gäbe es +++ noch keine Festlegungen vom BMAS +++ wichtigster Punkt: Weiterentwicklung SPM +++ „Size matters“ auch und gerade für Nichttarifgebundene und KMU nötig +++ im nächsten Schritt Textvorschlag zu erarbeiten, der weiter diskutiert werden kann und muss +++ mangelhafte Beteiligung Sozialpartner wirkt sich nicht auf rBZ aus +++ Tarifrecht partiell vom Aufsichtsrecht abzugrenzen +++

Rolf Schmachtenberg, BMAS.

+++ Forderung, für mehr Generationengerechtigkeit Umverteilungen in bAV durch Arbeitgeber zuzulassen, ist schwierig +++ einseitige Widerrufe durch Arbeitgeber über bisheriges Recht hinaus „wenig charmant“ +++ selbst wenn es lediglich um „gerechtere“ Verteilung geht, setzt Verfassungsrecht enge Grenzen +++ BMAS gespannt auf aba-Vorschlag +++ generell schon Arbeit an manchen Formulierungsvorschlägen, die Teil Gesetzentwurfs werden könnten +++ noch offen, ob gemeinsamer Gesetzentwurf mit BMF oder getrennte Umsetzung in jeweiligen Regelungsbereichen +++

Diskussionsrunde: Das Ende des Schriftformerfordernisses?

Beate Petry, BASF.

Wie geht es weiter mit dem SPM in Deutschland? Diesmal kommen – unter Moderation von Thurnes sowie von Claudia Picker, Bayer AG – keine Politiker zu Wort, sondern neben Schmachtenberg nur Sozialpartner und ein Industrie-Gigant, der noch kein SPM hat:

+++ Beate Petry, Head of Pensions and other Benefits bei BASF, will perspektivisch bei dem Chemie-Riesen neben eigener PK zusätzlich auch SPM anbieten +++ Chemie-SPM gute Basis +++ Fachdialog sollte Änderungen an Rahmenbedingungen für ganze bAV denken +++

 

Die fehlende Klarstellung der Garantiefrage in der versicherungsförmigen bAV enttäuscht.“

 

+++ Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik bei Ver.di, hat für SPM vor allem Geringverdiener und KMU im Blick +++ moniert, dass höherer Betrag für § 100-Förderung noch nicht spruchreif +++ Abfindung kleiner Anwartschaften besser regeln als bisher, aber nicht Leute ohne bAV dastehen lassen +++ bei SPM weitere Vereinfachung in Richtung Blaupausen nötig +++

Das Podium.

+++ Lutz Mühl, Geschäftsführer Wirtschaft und Sozialpolitik des BAVC, sieht gesetzliche SPM-Regelung in Chemie-TV gespiegelt +++ Chemie-Pensionsfonds mit aktivem Steuerungsausschuss +++ Einschlägigkeit von TV muss präziser geregelt werden, da selbst in Chemie-Branche kein einschlägiger TV für alle +++ fehlende Klarstellung der Garantiefrage in versicherungsförmiger bAV enttäuscht +++ SPM auch für KMU interessant, zumal in Chemie drei Viertel der Betriebe weniger als 500 Mitarbeiter haben +++

+++ Schmachtenberg verspricht, Nachweisgesetz noch zu ändern (Schriftformerfordernis kippen) +++ mehr Mut zur Kürzung von Garantien würde aber Kürzung von Rentenansprüchen bedeuten, was bAV-Reputation schaden könnte +++ besser mehr rBZ im SPM +++

Toncar: Fokusgruppe private Altersvorsorge kurz vor Ultimo

BMF-StS Florian Toncar (FDP) will alle drei Säulen stärken:

Florian Toncar, BMF. Alle Fotos: Sandra Wildemann, Berlin.

+++ aus bAV-Fachdialog kommt wertvoller Input +++ Geringverdienerförderung wird angefasst +++ Anlagevorschriften werden auch angeschaut, Bedeckungsvorschriften diskutiert +++ SPM = innovatives Modell +++ BMF offen für Öffnung SPM für Nichttarifgebundene, auch für Opt-out in sonstiger bAV +++

 

Wir haben bewusst noch keine Zwischenergebnisse genannt.“

 

+++ Fokusgruppe private Altersvorsorge vereint viel Know-how +++ noch keine Ergebnisse, aber eventuell auch wertpapierbasierte AV +++ Rolle des Staates nur bei Förderung, nicht als Organisator von AV +++ dritte Säule grundlegend zu reformieren, aber nur mit Wechselwirkungen für andere beide Säulen +++ bewusst noch keine Zwischenergebnisse genannt +++ Bericht Fokusgruppe wird Ende Juni fertig, dann redaktionell finalisiert und im Sommer der Bundesregierung zugeleitet (Anm.d.Red.: dann ist parlamentarische Sommerpause, sodass Gesetzentwurf wohl erst im Herbst zu erwarten ist) +++

Der folgende Teil zur Berichterstattung zur aba-Jahrestagung 2023 findet sich zwischenzeitlich auf LEITERbAV hier.

ÜBRIGENS: Eine etwas ausführlichere Bilderstrecke von der aba-Jahrestagung findet sich in mehreren Teilen auf LEITERbAV Dynamics.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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