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Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (II):

Vier Ministerien und ein Termin

Das PUEG, der Aufreger dieser Woche, geht in die nächste Runde – wenn auch ein klein wenig anders als erwartet. Die Politik hat kurzfristig die Agenda angepasst – und sich viel vorgenommen. Außerdem wählt ein Arbeitgeberverband erfrischend klare Worte: zu dem Willen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft weiter zu schwächen

Wie berichtet, sollte der neuste Arbeitgeber-, EbAV- und diesmal auch DRV-Schocker, der auf den beschaulichen Namen „Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz“ (PUEG) hört, vorgestern ins Bundeskabinett gehen. Doch es kam anders:

Wie LEITERbAV von aba-Geschäftsführer Klaus Stiefermann erfuhr, ist der Entwurf nach der massiven Kritik kurzfristig überarbeitet, die Verabschiedung im Kabinett um mindestens eine Woche verschoben worden.

Quantitative Easing mal anders

Klaus Stiefermann, aba.

Laut aba tragen einige der Änderungen den Sorgen der bAV-Akteure zumindest etwas Rechnung. Vor allem sollen nun nur Kinder bis zum Alter 25 einbezogen werden (also eher entsprechend dem tatsächlichen Erziehungsaufwand). Damit dürfte die Zahl der betroffenen Betriebsrentner erheblich kleiner, das Problem also quantitativ erheblich gemildert werden (qualitativ, also betreffend den Aufbau der notwendigen IT-Strukturen, dürfte sich dadurch aber wenig bis nichts ändern. Kann sogar mehr werden, da die Zahlstelle nun das Alter der Kinder laufend beachten muss).

Eine weitere, äußerst bemerkenswerte Änderung in dem neuen Entwurf: BMG, BMA, BMI sowie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft – also gleich vier Ministerien – sollen gemeinsam bis zum Stichtag der Reform, also dem 1. Juli 2023, ein zentrales, digitales Erhebungsverfahren entwickeln, um die Zahlstellen zu entlasten.

Immerhin: Die Frist für eine nachträgliche Korrektur von Beitragszahlungen, falls Nachweise erst nach dem 1. Juli vorgelegt werden, soll wie von aba und AKA angeregt um ein Jahr, also bis zum 31. Dezember 2024, verlängert werden.

Vier Ministerien, drei Monate, digitale Lösung. Nun, man darf gespannt sein.

Die aba wird, so Stiefermann zu LbAV, heute im Laufe des Tages ihr turnusgemäßes bAV-Update versenden und auf die aktuellen Entwicklungen genauer eingehen.

Monster, Bären …

Es soll an dieser Stelle nicht fehlen, dass sich mit dem BAVC auch die Chemie-Arbeitgeber zwischenzeitlich eingeschaltet haben, und zwar bereits am 27. März (also VOR den jüngsten Veränderungen) unter der Überschrift Pflegereform – Bürokratie-Monster stoppen“. Wortwahl und Inhalt haben es in sich:

Klaus-Peter Stiller, BAVC.

BAVC-Hauptgeschäftsführer Klaus-Peter Stiller bemühte in seiner grundsätzlichen Kritik dabei das, was auf dieser Plattform regelmäßig in penetrant-kassandrischer Manier als „Multi-Problemlage Deutschlands“ beunkt wird. O-Ton-Stiller:

Es scheint bei einigen Stellen in der Regierung nach wie vor nicht angekommen zu sein, dass wir aktuell mit multiplen Krisen zu kämpfen haben. Die Unternehmen müssen ihre Kapazitäten auf die Bewältigung dieser Krisen konzentrieren. Karl Lauterbach führt das von der Bundesregierung zugesagte Belastungsmoratorium ad absurdum.“

Man achte auf die Details, wenn Stiller fortfährt und eine Art Vorsatz ins Spiel bringt, weiter in seinem O-Ton:

Er will nicht nur die Beiträge erhöhen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft weiter schwächen, er will offensichtlich auch ein neues bürokratisches Monster erschaffen, das in den Unternehmen die Ressourcen binden wird, die dringend für die Bewältigung der drängenden Probleme gebraucht werden. Wir rufen deshalb die Bundesregierung auf, den aktuellen Gesetzesvorschlag zu stoppen. Den Bürokratie-Aufwand einfach bei den Unternehmen abzuladen – das geht gar nicht.“

und fremd auf dieser Welt?

Stiller nutzte außerdem die Gelegenheit, zudem die geplante Verordnungsermächtigung für weitere Beitragserhöhungen scharf anzugehen:

Wird dieser Vorschlag umgesetzt, erhält Lauterbach einen Freibrief, um zusätzliche Kosten auf Arbeitgeber und Beschäftigte abzuwälzen. Das 40-Prozent-Ziel für stabile Sozialversicherungsbeiträge rückt so in immer weitere Ferne. Damit hätte die Bundesregierung dem Standort Deutschland einen Bärendienst erwiesen.“

Unter dem Strich sei Lauterbachs Vorschlag „weltfremd und unausgegoren“, so Stiller. „Stimmt das Kabinett dieser sogenannten Reform zu, konterkariert die Ampel-Koalition ihre Ambitionen, Fortschritt in Deutschland zu wagen. Dann wird die Ampel auch offiziell zu einer Regierung, die in erster Linie für mehr Bürokratie und steigende Kosten sorgt.“

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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