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Kleine Anfrage der Grünen (II):

Vage Hoffnung?

Die Opposition wollte von der Bundesregierung eine Zwischenbilanz in Sachen BRSG gezogen sehen. Die Antworten sind wie erwartet – und rufen ebenso wie erwartet Kritik der Fragesteller hervor. Manfred Brüss berichtet.

 

Der rentenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Markus Kurth, hatte wie berichtet von der Bundesregierung bzw. vom BMAS eine Zwischenbilanz zum BRSG eingefordert.

 

Dass die Antwort insgesamt eher mager ausfallen würde, war zu erwarten: Bei dem auf freiwilliger Basis aufgebauten Sozialpartnermodell versprach das Ministerium noch Geduld. Aber im Herbst 2020 soll dann der Kurs neu festgelegt werden.

 

In der Antwort des Ministeriums wird eingeräumt, dass es seit dem 1. Januar 2018 bislang nicht gelungen sei, im Rahmen eines Tarifvertrags ein Sozialpartnermodell zu vereinbaren.

 

Nach Kenntnis der Bundesregierung werden derzeit in verschiedenen Branchen und Unternehmen meist informelle Gespräche über die weitere Entwicklung der tariflich basierten bAV geführt“, schreibt das Ministerium (freilich ohne dabei den Namen ver.di zu nennen).

 

Dabei gehe es neben der möglichen Einführung von Opting-Out-Systemen und reinen Beitragszusagen auch um die Nutzung der mit dem BRSG verbesserten staatlichen Betriebsrentenförderung, insbesondere der neu eingeführten steuerlichen Geringverdiener-Förderung und der betrieblichen Riester-Förderung. Immerhin finde sich im aktuellen Tarifregister der Begriff des BRSG in 27 Tarifverträgen, so die Bundesregierung.

 

Keine Anzeichen einer Materialisierung

 

 

Markus Kurth, MdB Bündnis90/Die Grünen. Foto: Brüss.

Der grüne Fachpolitiker Kurth erklärte gegenüber LEITERbAV, er sehe aufgrund der gegebenen Antworten keinerlei Anzeichen, dass sich das Sozialpartnermodell materialisiere: im Gegenteil sei es „auch nach inzwischen fast eineinhalb Jahren nicht mehr als eine vage Hoffnung der Bundesregierung.“

 

Kurth kritisierte, dass sich die Bundesregierung bis zum November 2020 Zeit nehmen wolle, um dann im Alterssicherungsbericht – erneut – festzustellen, wie es um die bAV stehe. „Das bedeutet, dass in dieser Legislaturperiode nichts mehr passieren wird, obwohl sich nichts zum Besseren ändert.“ Gegenüber dem Handelsblatt äußerte Kurth sich ähnlich, ging aber offenbar noch einenSchritt weiter, indem er ein Obligatorium für die Arbeitgeber zum Angebot eine Betriebsrente forderte (wohl ohne darauf einzugehen, dass es dies für die versicherungsförmigen Durchführungswege praktisch schon gibt).

 

Erstmal (noch) ein Bild machen

 

Das Ministerium will sich zudem ein aktuelles Bild über die Verbreitung der bAV machen. In Bearbeitung sei derzeit die „Personenbefragung zur Verbreitung der Altersvorsorge 2019“ unter den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Zudem gebe es eine Ausschreibung für die „Arbeitgeber- und Trägerbefragung zur Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung 2019“. Auch diese Ergebnisse würden im Herbst kommenden Jahres in den Alterssicherungsbericht einfließen. Ob dabei wesentlich Neues im Vergleich zur noch recht frischen Trägerbefragung 2018 ermittelt werden kann, wird man sehen.

 

Tarifvorbehalt …

 

Betreffend die Problematik des Tarifvorbehalts von Sozialpartnermodellen schreibt die Bundesregierung:

 

Auch bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern wird in der Praxis in vielen Arbeitsverträgen auf tarifvertragliche Regelungen Bezug genommen. Diese Wirkungen werden im BRSG dadurch unterstützt, dass auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Beschäftigte die Geltung der einschlägigen Tarifverträge zur bAV ausdrücklich vereinbaren können (§ 24 BetrAVG). Nicht zuletzt besteht die Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen.“

 

und Tarifbindung

 

In Beantwortung der Kleinen Anfrage verwies das Ministerium auch auf jüngste Ergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das rund 15.500 repräsentativ ausgewählte Betriebe befragt hatte. Danach gab es 2018 insgesamt 40.438.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Knapp 22 Millionen unterlagen einem Tarifvertrag (54 Prozent), aber auch eben 18,4 Millionen nicht.

 

Im Jahr 2017 hatten von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 55,6 Prozent eine bAV. Die Quote ist allerdings seit 2012 rückläufig, lag sie doch damals bei 59,0 Prozent (bei allerdings sichtlich geringerer Beschäftigung als heute). Über die Verbreitung der bAV je nach Betriebsgröße liegen nur aktuelle Daten aus dem Jahr 2015 vor. In Großbetrieben mit mehr als 1.000 Beschäftigten lag der Verbreitungsgrad der bAV bei 97 Prozent. Bei Betrieben mit einem bis zu vier Beschäftigten erreichte die Quote noch 34 Prozent. Gerade beiden kleinen und mittelgroßen Betrieben soll das BRSG ja für eine Stärkung der bAV sorgen.

 

Außerdem verweist die Bundesregierung zur Beantwortung einer Frage nach der Vorsorge von Geringverdienern auf ihren Alterssicherungsbericht 2016 (Bundestagsdrucksache 18/10571):

 

Danach hatten knapp 47 Prozent der Geringverdiener, das sind rund 1,9 Millionen der 4,2 Millionen erfassten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit einem Bruttolohn von weniger als 1 500 Euro pro Monat, weder eine bAV noch einen Riester-Vertrag. In dieser Einkommensgruppe hatten knapp 70 Prozent keine bAV und gut 60 Prozent keinen Riester-Vertrag.“

 

Die Antworten der Bundesregierung finden sich als Bundestagsdrucksache 19/9796 hier.

 

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