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Studie von AXA und V.E.R.S. Leipzig:

Und grün des Lebens goldner Baum…

Erneut eine Studie zum Sozialpartnermodell, diesmal fokussiert auf dessen zentrale Akteure: die Tarifpartner. Die Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung. In der Praxis ist dagegen weiter nicht mit schnellen Ergebnissen zu rechnen.

 

Ein aktuelles gemeinsames Forschungsprojekt von AXA und V.E.R.S. Leipzig hat das Stimmungsbild zur bAV bei Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften untersucht. Zentrales Ergebnis: Eine deutliche Mehrheit der Gewerkschaften (77 Prozent) und der Großteil (65 Prozent) der befragten Arbeitgeberverbände zeigen die Bereitschaft, ein Sozialpartnermodell zu vereinbaren.

 

Zum Verbreitungspotenzial der bAV durch das BRSG gibt es unterschiedliche Ansichten – allerdings schätzt die Mehrheit der Gewerkschaften das Verbreitungspotenzial hoch ein.

 

 

Die Arbeitnehmerseite hat's fachlich drauf?

 

Außerdem kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Ansichten und Kenntnisse zur bAV zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften auseinander gehen.

 

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So schätzt ein Viertel (25 Prozent) der Arbeitgeberverbände die eigenen allgemeinen Kenntnisse zur bAV als „mittelmäßig“ bis „eher schlecht“ ein. Unter den Gewerkschaften sind es nur halb so viele (11 Prozent), die die eigenen Kenntnisse als „mittelmäßig“ einstufen.

 

Schon im Vorgang zur Studie haben wir feststellen müssen, dass zahlreiche Verbände und Gewerkschaften in Deutschland erhebliche Informationsbedarfe im Bereich der bAV aufweisen. Einige Verbände hatten sich zuvor noch kaum mit dem BRSG beschäftigt“, kommentiert Prof. Fred Wagner, Direktor des Instituts für Versicherungslehre an der Universität Leipzig, die Ergebnisse.

 

 

Differenziert zum Potenzial des Gesetzes…

 

Zwei Drittel (66 Prozent) der befragten Gewerkschaftsvertreter und knapp die Hälfte (46 Prozent) der Arbeitgeberverbände sind der Ansicht, das BRSG eigne sich zur weiteren Verbreitung der bAV in Deutschland. Doch zeigt sich insbesondere unter den Arbeitgeberverbänden ein differenzierteres Stimmungsbild. Rund jeder fünfte Verband (19 Prozent) gibt sogar an, dass das BRSG „eher nicht“ oder „auf keinen Fall“ zur weiteren Verbreitung der bAV in Deutschland beitrage.

 

 

…und überhaupt

 

Die Studie hat weitere interessante Positionen der Tarifpartner zu Tage gefördert, bspw.:

 

  • 81% der Arbeitgeberverbände würde die bAV zum Thema von Tarifverhandlungen machen, bei den Gewerkschaften sind es gar 100%.

  • 42% der Arbeitgeberverbände unterstützen Systeme des Opting-out nicht, 77% der Gewerkschaften dagegen schon.

  • Für 81% der Arbeitgeberverbände ist die Enthaftung im SPM mindestens „eher wichtig“, aber 70% wäre nicht bereit, hierfür zusätzlich zu zahlen.

 

 

Bereitschaft zur Umsetzung eines Sozialpartnermodells ist da – teilweise

 

Wie erwähnt positiv: Sowohl eine deutliche Mehrheit der Gewerkschaften (77 Prozent) als auch der Großteil (65 Prozent) der befragten Arbeitgeberverbände wären dazu bereit, ein Sozialpartnermodell zu vereinbaren. Jedoch: Knapp ein Viertel (22 Prozent) der Gewerkschaften gibt an, unter keinen Umständen in Verhandlungen zu einem Sozialpartnermodell einsteigen zu wollen.

 

Auch zeigen sich die Gewerkschaften unterschiedlicher Ansicht über die bestehenden Lösungen zur Umsetzung: Ein Drittel (33 Prozent) bevorzugt weder die Möglichkeit eines eigenen SPM noch eine branchenübergreifende Lösung. Die Arbeitgeberverbände ziehen beide Lösungen zur Umsetzung in Betracht und spalten sich dabei in zwei Stimmungslager auf. Während die Hälfte (50 Prozent) die verbands- oder branchenübergreifende Lösung präferiert, sprechen sich 40 Prozent für die Umsetzung eines eigenen SPM aus.

 

 

Branche Gewehr bei Fuß

 

Patrick Dahmen, AXA.

Auf Anbieterseite arbeitet man bekanntlich schön länger daran, Strukturen für das SPM bereit zu stellen. So offenbar auch in Köln: „Die hohe Akzeptanz zur möglichen Umsetzung eines Sozialpartnermodells bestätigt uns in unserer Strategie, die Chancen des BRSG zu nutzen“, bilanziert Patrick Dahmen, Vorstand für das Vorsorgegeschäft bei der AXA Konzern AG, die Studienergebnisse. Man habe bereits einen „gesamthaften Lösungsansatz“ erarbeitet und freue sich, mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden in Gespräche zur konkreten Umsetzung einzusteigen. Besonders mit Lösungen zur unkomplizierten Portierung bei Arbeitgeberwechsel will die AXA punkten.

 

Für die Studie wurden zwischen November 2017 und März 2018 insgesamt 37 Arbeitgeberverbände und neun Gewerkschaften befragt. Einige Ergebnisse der Studie finden sich hier.

 

 

Das erklärte Ziel der Chemie-Arbeitgeber

 

Doch grau, treuer Freund, ist alle Theorie – Studien sind das eine, das harte Leben der Sozialpartner das andere. Beispiel Chemie, wo gerade die Tarifrunde 2018 läuft. Nun gibt es in der chemischen Industrie traditionell keinen drängenden Mängel an zukunftsfähiger bAV – ganz im Gegenteil – doch könnte dort die Inauguration eines ergänzenden SPM die lang ersehnte Leuchturmwirkung für das Modell entfachen.

 

Anne Augustin, BAVC.

Dass es hierzu in dieser Tarifrunde schon kommt, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Wie Anne Augustin, Referentin Soziale Sicherung und Sozialrecht des BAVC, gegenüber LEITERbAV erklärte, werden „sowohl die bAV generell als auch das Sozialpartnermodell im Speziellen in den laufenden Verhandlungen nur am Rande eine Rolle spielen. Im Kern geht es um Entgelt, Urlaubsgeld und mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit für beide Seiten.“

 

An der grundsätzlich positiven Haltung der Chemie-Arbeitgeber zur bAV ändert das nichts (und an der Haltung der Arbeitgeber dürfte die Einführung eines SPM in der Chemie vermutlich auch kaum scheitern). Nochmal Augustin:

 

Unser erklärtes Ziel ist die Stärkung der bAV. Die Chemie steht bereits sehr gut da, aber die neue Option des Sozialpartnermodells mit reiner Beitragszusage und Zielrente ist ein wichtiger Hebel für die weitere Verbreitung. Für die Tarifparteien ist es eine große Chance, um Fortschritte in der Altersversorgung zu erzielen.“

 

Zuverlässige und solide Leitplanken im Sozialpartnermodell seien die Voraussetzung, um das Vertrauen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in die Zielrente aufzubauen und zu stärken, so Augustin weiter.

 

Das klingt gut und aufgeschlossen. Jedoch gehören zu einer tariflichen bAV bekanntlich immer zwei. Der Counterpart des BAVC, die IG BCE, wollte sich gegenüber LEITERbAV zu den entsprechenden Fragestellungen gar nicht äußern. Wenn die AXA-Studie ergeben hat, dass 100% der neun befragten Gewerkschaften die bAV zum Gegenstand von Tarifverhandlungen machen würden, fragt man sich, ob die IG BCE unter den Befragten war.

 

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