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Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Tag-der-Arbeit-Kassandra

Regelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Auch am heutigen 1. Mai. Denn warum heißt der Tag der Arbeit sonst Tag der Arbeit? Heute: endlich wieder Weltmeister!

 

 

aba (im April und Mai): „Webinarreihe zu ausgewählten Themen der Jahrestagung.“

 

Auch die aba-Jahrestagung musste wie so viele Tagungen ausfallen bzw. verschoben werden.

 

Doch die Arbeitsgemeinschaft als ein wesentlicher Treiber des Wissenstransfers in der bAV reagiert auf die Lage und stellt diesen Transfer, der nicht fehlen darf, nun mittels Webinaren sicher; eine Übersicht:

 

Webinar 1: Gesetz zur Änderung des Betriebsrentengesetzes zum Insolvenzschutz bei Pensionskassen-Betriebsrenten.

6. Mai 2020 von 15:00 bis 16:30 Uhr, 90 Min.

 

Webinar 2: EbAV-II Umsetzung – erwartete BaFin-Rundschreiben.

7. Mai 2020 von 9:00 bis 10:30 Uhr, 90 Min.

 

Webinar 3 der Fachvereinigung Direktversicherung, öffentlich-rechtliche Altersversorgungseinrichtungen, Pensionsfonds, Pensionskassen: Aktuelle rechtliche Themen

7. Mai 2020 von 11:00 bis 12:00 Uhr, 60 Min.

 

Webinar 4 der Fachvereinigungen Unterstützungskassen und Mathematische Sachverständige.

7. Mai 2020 von 13:00 bis 14:30 Uhr, 90 Min.

 

Webinar 5 der Fachvereinigungen Direktzusagen und Mathematische Sachverständige: Praxisbeispiele und aktuelle rechtliche Themen.

7. Mai 2020 von 15:00 bis 16:30 Uhr, 90 Min.

 

 

PSV aG (30. April) „PSVaG legt Jahresabschluss 2019 vor – Schadenvolumen auf mittlerem Niveau.“

 

Im Prinzip offenbar keine besonderen Vorkommnisse (außer dass dem Ausgleichsfonds knapp 146 Mio. Euro zugeführt wurden und dieser nun mit 3,1 Mrd. Euro seine Zielgröße von 9 Promille der Beitragsbemessung erreicht hat), allerdings spürbar erhöhtes Schadenvolumen 2019, was sich ja bereits in dem Beitragssatz von 3,1 Promille niedergeschlagen hat.

 

Wie sich 2020 entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Übertrieben optimistisch ist man aber auch in Köln nicht. In einer Mitteilung schreiben die PSV-Vorstände nicht nur, das die für den 23. Juni geplante Mitgliederversammlung auf einen noch nicht festgelegten Termin verschoben werden muss, sondern auch:

 

Nach derzeitiger Kenntnis wird das Schadenvolumen in 2020 höher als im Vorjahr sein.“

 

Man denke nur an die Gedankenspiele einer Insolvenz, welche jüngst aus dem Lufthansa-Vorstand geäußert wurden. Vermutlich wird es dazu aus politischen Gründen nicht kommen, doch dürfte nicht jeder Großkonzern (sofern denn weitere in Schieflage geraten) auf Staatshilfe hoffen können wie die Ex-Staatsairline. Zur Veranschaulichung die Größenordnungen:

 

DBO der Lufthansa Ende 2019 DBO 24,3 Mrd., Plan Assets 17,9 Mrd., DBL 6,9 Mrd. Euro (davon der Großteil vermutlich in Deutschland. MarketCap der Airline übrigens 3,9 Mrd. Euro).

 

Zur Erinnerung: Im Katastrophenjahr 2009 erreichte das PSV-Schadenvolumen 4,356 Mrd. Euro, resultierend in einem Beitragssatz von 14,2 Promille. Im Fall der Fälle könnte das die Lufthansa möglicherweise allein toppen.

 

Erinnert sei auch an die seinerzeitige Diskussion um eine mögliche Opel-Insolvenz, die schließlich ausblieb, doch gleichwohl manch Politiker damals ernsthaft mit einer Art Sonder-Einstandspflicht des PSV verhindern wollte. Sollte also die derzeitige Corona-Krise sich zu einer veritablen Pleitewelle auswachsen, darf man sich auf die Kakophonie berufener und weniger berufener Experten aus der Politik schon jetzt freuen (ganz abgesehen davon, dass all dies natürlich auch zur Unzeit für die Gestaltung des Einbezugs der Pensionskassen-Zusagen unter den PSV-Schutz kommt und es kein Wunder ist, dass es das BMAS hier eilig hat).

 

 

IVS (im April): „Neue Impulse für die bAV – Fakten & Meinungen zum 40-jährigen IVS-Jubiläum.“

 

Das Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V., Zweigverein der DAV, hat anlässlich seines 40. Geburtstages ein Sonderheft verlegt. Da der LbAV-Herausgeber dort auch einen (kassandrischen) Beitrag verfasst hat, wurde dies hier schon vermeldet. Dabei sind die Texte aller anderen Autoren viel lesenswerter. Daher hier ein paar politisch bedeutsame Zitate, das wichtigste zuerst:

 

Foto: Frank Beer.

 

Frank Grund, BaFin-Exekutivdirektor:

Uns gegenüber werden sich die Unternehmen künftig genau erklären müssen, wenn wir den Eindruck eines zu hohen Garantiezinses gewinnen. Ein reflexhafter Verweis auf den Höchstrechnungszins oder das bereits genehmigte Tarifwerk regulierter Pensionskassen wird dann nicht ausreichen.“

 

 

 

Foto: Vollmer.

Friedemann Lucius, VV des IVS:

Die deutsche bAV hat sich mit dem Tiefzins-Virus infiziert und sie leidet. Vieles deutet auf einen chronischen Krankheitsverlauf hin.“

Stefan Oecking, stellv. VV des IVS:

Die Garantievorstellungen des Arbeitsrechts sind infolge des Niedrigzinses mit den Anforderungen des Aufsichtsrechts einfach nicht mehr vereinbar und müssen dringend nach unten angepasst werden.“

 

 

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Matti Leppälä, CEO der PensionsEurope:

Meiner Meinung nach sollten alle EU-Mitgliedsstaaten die Einführung einer verpflichtenden bAV prüfen, wenn die bAV-Verbreitung grundsätzlich zu niedrig ist oder es nachweisliche Versorgungslücken für Selbstständige, atypisch Beschäftigte oder Angestellten in neuen Arbeitsformen gibt.“

 

 

 

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Andre Cera, bAV-Chef Otto Group:

Traditionelle Durchführungswege – insbesondere Direktzusage und U-Kasse – ermöglichen eine hocheffiziente Umsetzung bei einfacher Administration. Die Politik muss endlich erkennen, dass diese Durchführungswege nicht benachteiligt werden dürfen!“

 

 

 

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Benedikt Köster, Corporate Finance/Group Pensions Deutsche Post DHL:

Zu glauben, die gesetzliche Rente werde das Problem lösen, könnte sich – unabhängig von politischen Mehrheiten – ebenso als Irrtum erweisen wie die Hoffnung, ein Staatsfonds könne das effizient und eingriffssicher regeln. Wertvolle (Beitrags-)Jahre verstreichen derzeit ungenutzt.“

 

 

 

 

 

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

 

Die Welt (25. April): „Das Corona-Paradies für Kriminelle.“

 

In Deutschland sonnen sich die Exekutiven von Bund und Ländern in Umfragehochs (was nicht verwundert. Erstens lässt ein Blick auf die meisten anderen Staaten noch viel mehr erschauern, und zweites sammeln sich die Menschen in schweren Krisen stets hinter der Regierung, wenn diese nicht gerade militärische Niederlagen einfährt).

 

Lesenswerter Artikel in der Welt, um die Bürger von allzu viel Huldigung der Verantwortlichen in Verwaltung und Regierung zu kurieren. Nur eine von vielen bemerkenswerten Aussagen:

 

Für die Polizei sind die meisten Staatsanwälte und Gerichte schlichtweg nicht mehr erreichbar.“

 

Und das ganz ohne Entlassungen, Freisetzungen oder Kurzarbeit, sondern – selbstverständlich – bei weiter vollen Bezügen.

 

 

Die Welt (25. April): „Bei Steuern und Abgaben ist Deutschland jetzt sogar globaler Spitzenreiter.“

 

Passend dazu dieser Artikel, ebenfalls in der Welt: Deutschland nun Weltmeister bei der Belastung von Löhnen und Gehältern. Wenn Sie also bis dato dachten, dass das Geld nicht nur für die in dem vorherigen Welt-Artikel erläuterte Qualität der öffentlichen Verwaltung, sondern auch für die kommenden Corona-Rettungspakete vom Himmel fällt, dürfte Sie hoffentlich der neue Weltmeistertitel eines Besseren belehren.

 

In diesen Jahren und Jahrzehnten kann unser Land übrigens mit weiteren nationalen, westlichen, europäischen oder globalen Rekorden aufwarten: Die Rekord-Steuer- und Abgabenlast setzt die Bundesrepublik von heute nämlich (leicht überspitzt) vor allem um in:

 

Rekordstaatsverschuldung und Rekorddefizite der öffentlichen Haushalte (derzeit durch die Sparerenteignung mittels Niedrigzins nur kaschiert), Rekordverfall der Infrastruktur (zwischen BER und Bundeswehr), Rekord-Target-II-Salden, Rekord-Mini-Pensionsvermögen, Rekord-Mini-Median-Vermögen, Rekord-Renteneintrittsalter, gepaart mit Rekord-Mini-Renten und Rekord-Wahrscheinlichkeit an Altersarmut…

 

Soweit zu Deutschland, nun zur Seuche: Wie stets gibt es gute und schlechte Nachrichten von der nach wie vor reichlich unklaren Corona-Front. Die schlechten zuerst:

 

 

FAZ (27. April): „Mehr als nur eine Lungenkrankheit – Aus heiterem Himmel ein Schlaganfall.“

 

Die Welt (29. April): „Pathologen zum Corona-Virus: ‚Wichtig ist nicht, dass Vorerkrankungen vorliegen, sondern welche‘“.

 

Bild (29. April): „Erhöht Corona das Thrombose-Risiko?“

 

In den Medien häufen sich unschöne Berichte, dass C19-Patienten zuweilen Blutgerinsel und Thrombosen entwickeln, die dann zu übelsten Embolien oder Schlaganfällen führen können – und das teils bei Patienten, die Gerinnungshemmer einnehmen.

 

Lesenswert besonders das Interview in der Welt mit den beiden Pathologen aus Hannover, welche die für Ärzte und Diagnostiker grundsätzlich diffizile Corona-Problematik erläutern. Eine wichtige Aussage unter vielen ist, dass ältere Menschen ab 60 nur sehr selten frei von Vorerkrankungen sind. Das hieße aber, dass der in der Diskussion oft vom Optimisten-Lager bemühte Verweis auf Vorerkrankungen der Opfer ins Leere liefe; partiell gilt das auch für die Frage, ob Patienten mit oder an Corona gestorben sind, die dadurch an Bedeutung verliert. Außerdem stellt sich die Frage, ob bei Obduktionen gefundene Blutgerinsel mglw. fälschlich als Vorerkrankungen identifiziert werden, tatsächlich aber durch das Virus ausgelöst worden sind.

 

Zu den guten Nachrichten:

 

 

Telepolis (25. April): „Von der fehlenden wissenschaftlichen Begründung der Corona-Maßnahmen.“

 

Der Regensburger Universitäts-Professor Christof Kuhbandner unternimmt eine Analyse der öffentlichen Zahlen zur Corona-Ausbreitung in Deutschland – und beleuchtet dabei v.a. die Wirkung zweier zwar nicht unbekannter, aber vielleicht in der Öffentlichkeit noch nicht ausreichend diskutierter Effekte:

 

Zum einen, dass der, der sucht, mehr findet – also dass die massive Ausweitung der Tests wenig überraschend auch zu mehr Fällen führt (hier auch schon von Kassandra diskutiert) – und zum anderen den damit zusammenwirkenden Effekt, dass ein Fall am Tag seiner Meldung bzw. Eingangs in die Statistik faktisch schon viele Tage existiert und die Ansteckung bereits lange zurückliegt. Berücksichtigt man beide Effekte in ihrem Zusammenwirken und bereinigt den epidemiologischen Verlauf entsprechend, stellt sich die Frage, ob der Lockdown einerseits und der feststellbare Rückgang der Zahlen andererseits überhaupt in einem Zusammenhang stehen.

 

Die Frage darf und muss man stellen, denn zur Erinnerung: Wir reden hier von nicht weniger als von epidemiologischen Maßnahmen, die praktisch jedes Land des Planeten in die mehr oder weniger schwerste Wirtschaftskrise mglw. aller Zeiten befördern werden (die Causa PSV als nur ein ganz kleiner Ausschnitt des Krisenpotentials sowie die deutschen „Rekorde“ wurden oben ja bereits erwähnt). Insofern ist auch Angela Merkels kaltschnäuzige Wortwahl von „Öffnungsdiskussionsorgien“ dem Ernst der Lage völlig unangemessen.

 

Mehr noch als für das industriell halbwegs ausgewogen strukturierte Deutschland gilt das für das ökonomisch deutlich labilere Italien, erst recht für Spanien (prophylaktisch muss beiden Staaten wie auch Frankreich abgeraten werden, auch nur den kleinsten Gedanken daran zu verschwenden, diese Krise mit Blick auf die Durchsetzbarkeit von Eurobonds verbal und lockdownseitig auch nur einen Deut schwerer darzustellen als nötig, da der Schaden für ihre Volkswirtschaften schon jetzt um ein Zigfaches größer ist als alle Basispunkte, die sie mit Eurobonds je gewinnen könnten. Vor allem Spanien steuert nach Meinung Kassandras auf ein verlorenes Jahrzehnt zu).

 

Zum Schluss wieder der von Kassandra seit Beginn der Krise gepflegte Blick nach Süd-Korea: Das 51-Mio-Land wurde Anfang des Jahres als eines der ersten von der Corona-Pandemie heimgesucht.

 

Dort bewegt sich nun schon seit einiger Zeit die Zahl der täglichen Neuinfektionen im mittleren bis hohen einstelligen Bereich, die Todesfälle erreichen den niedrigen einstelligen Bereich.

 

Berlin-Mitte im Lockdown. Foto: Bazzazi. Zur Volldarstellung anklicken.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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