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Jahresabschluss bei Caritas-PK:

Stabilisiert nach gravierenden Einschnitten

Die angeschlagene kleinere Pensionskasse vermeldet merkliche Fortschritte bei der vor gut einem Jahr begonnenen Sanierung. „Schuld“ ist vor allem die günstige Kapitalmarktlage, wie der Jahresabschluss 2019 zeigt. LbAV-Autor Detlef Pohl hat einen Blick hineingeworfen.

 

Die Lage vieler deutscher Pensionskassen ist – wie im politisch ständig dynamischer herbeigeführten Niedrigzinsumfeld es für jeden garantiegebenden Investor der Fall ist – anlageseitig schwierig, in the long run vermutlich auch kritisch.

 

Inzwischen mussten insgesamt schon 36 Kassen ihre Leistungsversprechen reduzieren. Zuletzt war die Pensionskasse der deutschen Wirtschaft mit Kürzungen im Future Service aufgefallen.

 

Drei Kassen, die allesamt jüngst in den Past Service eingreifen mussten – die DSV Deutsche Steuerberater-Versicherung, die Kölner Pensionskasse und ihre Schwester, die Pensionskasse der Caritas (PKC) – ist seit längerem das Neugeschäft untersagt; ihnen hat die BaFin zudem die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb widerrufen (aber noch nicht rechtskräftig). Dies bedeutet: Sie dürfen – da nicht Sachversicherung, sondern bAV – ihre Bestände zwar weiterbearbeiten, aber keine neuen Verträge mehr abschließen. Damit avancieren sie praktisch zu Abwicklern eines intern organisierten Run off.

 

Bei der Kölner PK und der Caritas-PK hatte die Sanierung erste Früchte getragen, wie die Jahresabschlüsse 2018 im vergangenen November gezeigt hatten.

 

Olaf Keese, Aufräumer. Foto: Hans Scherhaufer.

Seinerzeit wurden bei den beiden Kölner Kassen Sanierungskonzepte verabschiedet, um die in den Bilanzen 2017 nicht durch Eigenmittel gedeckten Fehlbeträge auszugleichen, eine stabile finanzielle Grundlage zu schaffen und somit die Versicherungsleistungen der Rentner und Anwärter für die Zukunft zu sichern. Für Rentner wurden Leistungskürzungen zum 1. Januar 2020 wirksam, bei Anwärtern die Rentenanwartschaft rückwirkend schon zum 1. Januar 2018 reduziert. Das habe die Arbeitgeber und versicherten Mitarbeiter „sehr hart getroffen“, so Olaf Keese, Vorstandsvorsitzender beider Kassen, zu LEITERbAV.

 

Jahresabschluss 2019: Sanierungskonzept zeigt Wirkung

 

Nun hat die Pensionskasse der Caritas (PKC) ihren Jahresabschluss 2019 vorgelegt, die Kölner PK soll Mitte Juli folgen. Die Vertreterversammlung der PKC hat dem Abschluss am vergangenen Montag einstimmig zugestimmt.

 

Im Folgenden ein paar Kerndaten aus dem Geschäftsbericht, der in den nächsten Tagen online gestellt werden soll:

 

Aus dem versicherungstechnischen Ergebnis von 10,84 Mio. Euro werden 5,423 Mio. Euro In die RfB eingestellt (2018: nur 58.000 Euro). Das sich daraus als Residualgröße ergebende Geschäftsergebnis beläuft sich damit auf einen Betrag von ebenfalls 5,423 Mio. Euro (2018: 522.100 Euro; 2017: null nach Sanierung), welcher der Verlustrücklage und somit den Eigenmitteln zugeführt wird. Damit sind nun fast 6 Mio. Euro an Verlustrücklage und 5,481 Mio. Euro an Mitteln in der freien RfB angesammelt.

 

Das Eigenkapital wuchs durch Verlustrücklage und RfB-Zuführung auf rund 11,42 Mio. Euro (2017: null, 2018 522.100 Euro, s.o.). Ende 2019 fehlten damit noch rund 8,646 Mio. Euro an der Soll-Solvabilität von gut 20 Mio. Euro. „Bis auf Weiteres fehlt es an Risikotragfähigkeit“, heißt es im Geschäftsbericht.

 

Vorstandschef Olaf Keese spricht gegenüber LbAV von einem „soliden Ergebnis“, das sich aber wegen der weiterhin unzureichenden Eigenmittelsituation jedoch 2019 noch längst nicht in einer Überschussbeteiligung für die Versicherten niederschlägt. Die Vertreterversammlung fasste daher am Montag zur Überschussverwendung 2019 den faktisch wortgleichen Beschluss wie schon 2018:

 

Die … in die RfB eingestellten Mittel werden nicht für Leistungserhöhungen verwendet, sondern zur Stärkung der Risikotragfähigkeit auf das Folgejahr (2020) vorgetragen“.

 

Konkret wurden 50% des versicherungstechnischen Ergebnisses wie erwähnt der RfB zugeführt, aber nicht zugeteilt. „Es handelt sich somit um Mittel der freien, ungebundenen RfB, die als Eigenmittel gelten, den Versicherten allerdings grundsätzlich zustehen“, erklärt Keese. Über die Deklaration einer Überschussbeteiligung könnten diese Mittel dann später zugeteilt, also von der ungebundenen in die gebundene RfB „umgebucht“ werden. Erst dann ergäbe sich für die Versicherten eine konkrete Leistungserhöhung bzw. Reduzierung der Leistungskürzung. Als Jahresergebnis verbleiben bei der PKC 50% des vorherigen versicherungstechnischen Ergebnisses, und diese Summe wird dazu verwendet, die Verlustrücklage (quasi das Eigenkapital) aufzustocken.

 

Wann wieder Überschüsse deklariert werden könnte, ließ Keese völlig offen. „Die für 2019 und wohl auch für die nächsten Jahre voraussichtlich noch unter 100% liegende Solva-Quote lässt es nicht realistisch erscheinen, dass wir Überschüsse deklarieren können und dürfen, da die Solvabilitätsanforderungen bis dahin nicht vollständig erfüllt sind“, sagte er auf Nachfrage von LbAV. Zudem sei dann noch angesichts zu klärender Rechtslage, wem eine Überschusszuteilung überhaupt anzurechnen wäre – den Versicherten oder den Arbeitgebern? „Falls Ersteren, müssten Arbeitgeber unverändert Zahlungen leisten, um die durch Sanierung gekürzten Leistungen auszugleichen. Zudem erhöhte die ihr Risiko einer erneuten Leistungskürzung, weil die risikoabfedernden Eigenmittel aufgebaut würden“, gab Keese Einblick in die komplexe Materie.

 

Kapitalmarkt hilft bei Sanierung

 

Das Geschäftsergebnis 2019 zeigt, dass die Weichen richtiggestellt wurden, um wieder eine ausreichende Risikotragfähigkeit zu erlangen“, so Keese weiter. Wann die restlichen Solva-Anforderungen in den nächsten Jahren aufgeholt werden können, lasse sich aber nur schwer prognostizieren. Man sei sehr stark von den Entwicklungen der Kapitalmärkte abhängig.

 

Bei gutem Verlauf könnte die Risikotragfähigkeit schon im zweiten Halbjahr 2020 weiter gestärkt werden, bei schlechtem Verlauf kann es aber auch schnell in die andere Richtung gehen“, erklärte Keese. 2019 standen dem erwähnten versicherungstechnischen Ergebnis von 10,847 Mio. Euro, das hälftig in Verlustrücklage und freie RfB ging, außerordentliche Erträge aus Zuschreibungen im Wert von 10,632 Mio. Euro gegenüber (entsprechend also nur kleinere Risiko- und Kostengewinne). „Der Überschuss stammt ganz überwiegend aus der Kapitalanlage“, so Keese weiter.

 

Die Kapitalanlagen sind 2019 auf 458,49 Mio. Euro gefallen (-1%). Sie lieferten Erträge von 25,5 Mio. Euro (+3,9 Mio. Euro). Der Nettoertrag aus der Kapitalanlage liegt bei 23,16 Mio. Euro (2018: -1,96 Mio. Euro), entsprechend 5,03% Nettoverzinsung (2018: -0,42%). Die negative Verzinsung im Vorjahr hatte sich aus Abschreibungen auf Wertpapiere ergeben, die bereits im Rahmen der Sanierung berücksichtigt worden sind. Aufgewertet werde das gute Kapitalanlageergebnis noch dadurch, erläutert Keese, dass die PKC die Kapitalanlagen nicht nach Buchwerten bilanzieren darf, sondern nach dem strengen Niederstwertprinzip, weil eben noch keine ausreichende Risikotragfähigkeit vorliegt. Nach Buchwerten wäre das Ergebnis besser ausgefallen.

 

Der Bruttozins (anders als der Nettozins bestehend nur aus laufenden Erträgen ohne Zu- und Abschreibungen) lag 2019 bei 3,03% (2018: 3,37%, 2017: 2,06%).

 

Anfang der Woche hatte der BVV in Berlin bereits über den Rückenwind berichtet, den die Notenbank-getriebenen Märkte auf die Kapitalanlagen und damit auf die Ergebnisse ausgeübt haben.

 

Spezialfonds als Ausweg aus den Niedrigzinsen

 

Interessant: Laut Geschäftsbericht macht die Sammelposition „Aktien, Anteile oder Aktien an Investmentvermögen und andere nicht festverzinsliche Wertpapiere“ bei der PKC wie im Vorjahr 76,7% aus. Der reine Aktienanteil (Brutto-Aktienquote) beträgt 4,45% des Kapitalanlagenbestandes, so Keese auf Nachfrage. Neuanlagen erfolgten in Wertpapierfonds, öffentlichen Namenspfandbriefe, Namensschuldverschreibungen, in Darlehen und Einlagen bei Kreditinstituten. Die PKC hält unter anderem Anteile an vier Immobilienfonds:

 

20,9% am Spezial-AIF Euro Propery 1 mit Büro- und Handelshäusern in Westeuropa

7,7% am Principal European Office Fund mit Büroimmobilien in Westeuropa

100% am Spezial-AIF SH-Immo mit Büro- und Spezialimmobilien im Rheinland

einen nicht näher genannte Anteil am börsennotierten CS-Euroreal, der sich in Abwicklung befindet.

 

Hinzu kommen zwei Wertpapier-Spezialfonds: beim Master-Dachfonds PKC-Fonds hält die PKC alle Anteile und bedient damit bislang fünf unterschiedliche Zielfonds. Vom PK Corporate Bond, der ausschließlich in europäische Unternehmensanleihen mit einem Investment Grade Rating investiert, hält die Kasse 72% der Anteile (der Rest ist im Besitz der Kölner Pensionskasse). Strategien und Asset Allocation der Fonds wurden im Rahmen der Sanierung Ende 2018 geprüft und eine Optimierung für nötig befunden. Wesentliche strukturelle Veränderungen sind laut Geschäftsbericht aber 2019 noch nicht vorgenommen worden. Das steht laut Keese in diesem Jahr an.

 

Sanierung kostet Geld

 

Der Versichertenbestand ging leicht auf 24.241 Versicherte zurück (- 519), auch weil das Neugeschäft von der BaFin schon am 11. Mai 2018 untersagt worden war. Die Beitragseinnahmen sanken folgerichtig auf 9,02 Mio. Euro (-3,66%). Mit 31,83 Mio. Euro wurden nur geringfügig weniger Versicherungsleistungen ausgezahlt als 2018 (31,97 Mio. Euro). Die Verwaltungskostenquote stieg wegen der Sanierungsaufwendungen, die 2019 massiv waren, auf 16% an (Sondereffekt). Obwohl kein Neugeschäft mehr gezeichnet wird, beträgt die Abschlusskostenquote 2019 fast 3,8%. Laut Keese handelt es sich dabei im Wesentlichen um die laufenden Courtagezahlungen an Makler, abhängig von der Höhe der Beiträge. Diese würden auch nach Einstellung des Neugeschäfts weitergezahlt.

 

Am Rande: Das Neugeschäft arbeitgeberfinanzierter bAV-Verträge von Mitarbeitern der Caritas-Rechtsträger, die nicht schon in einer ZVK sind, erfolgt rückwirkend zum 1. Januar 2019 über die R+V. Der Versicherer übernimmt aber von der PKC keine Verwaltung, keinen Altbestand und kooperiert insofern auch nicht mit der Kasse

 

Die PKC wickelt nunmehr nur noch „für die Versicherten von über 400 Einrichtungen der Caritas und der katholischen Kirche die bis zum 11. Mai 2018 abgeschlossene bAV ab“, heißt es im Geschäftsbericht.

 

Sanierung im engeren Sinne weitgehend fertig

 

Ausblick: Auch 2020 werden die Rahmenbedingungen des komplexen Sanierungskonzepts die Kasse noch begleiten. Aufgrund der derzeit unzureichenden expliziten Risikotragfähigkeit –- im Rahmen der Sanierung wurden zunächst alle Eigenmittel verbraucht, da die BaFin wie üblich eine „Übersanierung“ unterband – ist die PKC bestrebt, in den Folgejahren durch die Bildung expliziter Eigenmittel wieder eine ausreichende Risikotragfähigkeit zu erlangen.

 

Hierfür bereitet das gute Geschäftsergebnis 2019 eine gute Grundlage“, urteilt der Vorstandschef. Im Prinzip seien Eckpfeiler der Sanierung umgesetzt und damit die Vergangenheit in dieser Hinsicht verarbeitet. Zumindest die „Sanierungsarbeiten im engeren Sinne, also die technische Umsetzung der Leistungskürzung und deren Kommunikation an Arbeitgeber und Versicherte, sind weitgehend abgeschlossen“.

 

Im internen Run off organisiert die PKC nun in Eigenregie und im Interesse und Auftrag der Mitglieder die Abwicklung. Die kundenorientierte Gestaltung des Run off eröffne laut Geschäftsbericht „neue Handlungsspielräume“ und den Mitgliedern die Perspektive auf langfristig gesicherte Leistungen. „Neue Handlungsspielräume bedeutet, dass wir überlegen, wie wir unsere Mitglieder bei den auf sie zukommenden Herausforderungen unterstützen können“, so Keese auf Nachfrage. Dahinter steckt unter anderem die Überlegung, den Mitglied-Arbeitgebern bei der Abwicklung ihrer Ausgleichsverpflichtungen effiziente Wege zu ebnen. Dabei hat sich das BMF jedoch quergestellt.

 

Unterstützen würde die PKC die Arbeitgeber auch gern bei der Umsetzung der anstehenden PSV-Beitragspflicht. Der neue § 8a BetrAVG ist seit 24. Juni in Kraft – als Teil des 7. Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzgebung und anderer Gesetze. Dazu in Kürze mehr auf LEITERbAV.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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