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DAV/DGVFM-Jahrestagung 2023 in Dresden (III) – Erneuter DAV-Ergebnisbericht zu Garantien in der bAV:

Schließen sich Rendite und Garantien aus?

Dem Bedürfnis bAV-Berechtigter nach Sicherheit und nach Rendite gleichermaßen gerecht zu werden, ist kein Hexenwerk. Das lässt sich auch mathematisch belegen. Doch dass bei der boLZ das Aktuarielle nur das eine ist, weiß Peter Bredebusch.

Peter Bredebusch, LVM.

Ist es möglich, im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage (boLZ) gleichzeitig Leistungen zu garantieren und Chancen auf eine gute Rendite zu eröffnen? Eine Arbeitsgruppe der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) ist dieser Fragestellung nachgegangen und hat nun ihren Ergebnisbericht veröffentlicht. Erfreulicherweise sind hohe Leistungen bei einer boLZ weiterhin möglich – aber es kommt auf das Garantieniveau an.

Schon im ersten Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe zu Garantien in der bAV vom 26. Februar 2021 wurde untersucht, welches Garantieniveau in Abhängigkeit vom jeweiligen Zins darstellbar ist.

Die Untersuchungen ergaben, dass ein Garantieniveau von 100% der Beitragssumme bei einem Rechnungszins von 0,25% nicht mehr darstellbar ist, so dass also eine Beitragszusage mit Mindestleistung bei versicherungsförmiger Absicherung praktisch nicht mehr möglich ist. Offen blieb, wie denn dann bei niedrigem Rechnungszins noch eine boLZ zugesagt werden kann.

Untersucht wurde die boLZ, weil sie die derzeit am häufigsten genutzte Zusageart ist. Dies liegt auch daran, dass die boLZ mehrere Vorteile vereint:

  • definierter Aufwand durch die Beitragshöhe

  • begrenzte Arbeitgeberhaftung

  • Absicherung des Verlustrisikos nach unten

  • hohe Renditechancen bei Anlage am Kapitalmarkt z.B. in Aktienfonds

  • Verteilung des Kapitalanlagerisikos auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

So können garantierte Leistungen mit nicht garantierten Leistungen in Tarifen bzw. Produkten der versicherungsförmigen Durchführungswege kombiniert werden.

Kombination von garantierter Leistung und Fondsanlage

Bei herkömmlichen versicherungsförmigen Produkten erfolgt dabei die Kapitalanlage im Sicherungsvermögen der Versorgungseinrichtung. Durch die gesunkenen Zinsen mussten hier sowohl die garantierten als auch die zu erwartenden Leistungen deutlich reduziert werden.

Daher hat sich ein Trend zu Produkten mit teilweiser Anlage in Fonds ergeben. Sogenannte „Hybridprodukte“ kombinieren garantierte Leistungen mit Fondsanlage.

Bei „statischen Hybridprodukten“ wird der Beitragsanteil, der nicht für die Garantie benötigt wird, in Fonds angelegt. Die endfällige Garantie wird dann durch Verzinsung des anderen Beitragsanteils mit dem Rechnungszins erzeugt. Jeder einzelne Beitrag finanziert so für sich die endfällige Garantie. Aber auch hier ist ein Garantieniveau von 100% mit 0,25% Zins nicht mehr darstellbar.

Daher haben sich zuletzt vorwiegend „dynamische Hybridprodukte“ etabliert, bei denen ein maximal möglicher Anteil des Kapitals in Fonds (z.B. in Aktienfonds) angelegt wird. Das endfällig garantierte Versorgungskapital wird durch Umschichtung von der Fondsanlage in das klassische Sicherungsvermögen bei Unterschreiten eines gewissen Sicherheitsniveaus sichergestellt.

Die zu erwartenden Leistungen sind dadurch bei langen Anlagehorizonten und Anlage in sachwerteorientierte Kapitalanlagen (z.B. Aktienfonds) deutlich höher, aber abhängig von dem zugesagten Garantieniveau. Diese Abhängigkeit wurde nun genauer untersucht:

Abhängigkeit der möglichen Leistungshöhe vom Garantieniveau

Im Rahmen von Simulationsrechnungen wurde das Modell eines dynamischen Zwei-Topf-Hybridproduktes untersucht. Bei dieser Rentenversicherung erfolgt die Kapitalanlage entweder im klassischen Sicherungsvermögen oder in Fonds auf Rechnung und Risiko der Arbeitnehmer, orientiert an der Entwicklung des MSCI World Index. Untersucht wurden endfällige Garantieniveaus zwischen 40 und 90% der vereinbarten Beitragssumme zum Ende der Aufschubzeit.

Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse, welche mögliche Rendite in Abhängigkeit vom jeweiligen Garantieniveau und von der Laufzeit zu erwarten ist (die zugrunde liegenden Annahmen und Verfahren sind dem Ergebnisbericht zu entnehmen):

Quelle: DAV. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Es kann also beobachtet werden:

  • Die mittlere Rendite als Maß für die Chance steigt bei einer Reduktion des Garantieniveaus bei beiden betrachteten Laufzeiten an.

  • Das 5%-Quantil der Renditen als Maß für das Risiko verschlechtert sich in der Regel bei einer Reduktion des Garantieniveaus.

  • Eine längere Laufzeit führt zu einer wesentlichen Verbesserung des Chance-Risiko-Profils, das heißt die Chance steigt, während sich das Risiko reduziert.

 

 

Mit einer Untergrenze von 60% der Beitragssumme kann ein sinnvolles Mindestniveau für die boLZ aktuariell begründet werden.“

 

 

Ein geringeres Garantieniveau führt zu einem verstärkten Investment in Fonds als sachwerteorientierte Kapitalanlage und kann so eine nicht nur nominale, sondern auch reale Verzinsung (nach Inflation) erbringen. Dabei steigen Chancen und Risiken an. Eine weitere Reduktion des Garantieniveaus unter 60% führte bei dieser Untersuchung nicht zu signifikanten Verbesserungen der mittleren Rendite, so dass mit einer Untergrenze von 60% der Beitragssumme ein sinnvolles Mindestniveau für die beitragsorientierte Leistungszusage aktuariell begründet werden kann.

Quelle: DAV. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Eine Absenkung des Garantieniveaus auf bis zu 60% der Beitragssumme verbunden mit der Investition in sachwerteorientierte Kapitalanlagen führt also im Mittel zu höheren Versorgungsleistungen.

DAV/DGVFM-Jahrestagung Ende April 2023 in Dresden.

Durch die Kombination von niedrigen Garantien und chancenreicher Fondsanlage können insofern die Vorteile einer Mindestabsicherung und Renditechancen vereint und das Kapitalanlagerisiko auf Arbeitgeber – ggf. abgesichert durch die Versorgungseinrichtung – und Arbeitnehmer verteilt werden.

Anzumerken bleibt jedoch, dass ein Mindestgarantieniveau für die boLZ arbeitsrechtlich nicht definiert ist. Daher wäre nach Auffassung des Autors eine Klarstellung seitens des BMAS zum Mindestgarantieniveau wichtig für die weitere Verbreitung der bAV, damit dies nicht erst durch BAG-Rechtsprechung erfolgt.

Der Autor ist Verantwortlicher Aktuar mehrerer Gesellschaften der LVM Versicherung.

Der Beitrag beruht auf einem Vortrag des Autors, gehalten auf der DAV-Jahrestagung am 28. April 2023 in Dresden.

Von ihm sind zwischenzeitlich bereits auf LEITERbAV erschienen:

DAV/DGVFM-Jahrestagung 2023 in Dresden (III) – Erneuter DAV-Ergebnisbericht zu Garantien in der bAV:

Schließen sich Rendite und Garantien aus?

von Peter Bredebusch, 22. Mai 2023

 

Umsetzung des Arbeitgeberzuschusses bei der LVM:

Pauschal, für alle und schon ab 2019

von Peter Bredebusch, 17. Juni 2019

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

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