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WTW-Studie „DAX-Pensionswerke 2022“:

Robust gefundet

Der Zins entlastet, und in der Folge übertrifft bei den DAX-Pensionswerken der Ausfinanzierungsgrad alles bisher dagewesene. Die gegenläufigen Effekte – Inflation, Rückgänge bei den Plan Assets und die geänderte Indexzusammensetzung – können daran nichts ändern. Insgesamt scheinen die Schemes weiter robust zu sein.

Jüngst hatte Mercer vorgelegt, und nun hat auch WTW die Ergebnisse seiner Analyse der Lage der großen deutschen Konzerne in Bezug auf das Pensionswesen publiziert. Da in beiden Häusern Menschen arbeiten, die gut rechen können, weichen die Ergebnisse naturgemäß nicht allzu sehr voneinander ab, im Einzelnen zur WTW-Studie „DAX-Pensionswerke 2022“:

WTW sieht den IAS-19-Zins derzeit bei 3,74% (das höchste Niveau seit fast zehn Jahren). Die DBO im DAX-40 gab zinsgetrieben um –25,4% auf 308 Mrd. Euro nach.

Gleichzeitig sorgten Turbulenzen an den Aktien- und Anleihenmärkten dafür, dass die Pensionsvermögen spürbar sanken: um –17,8% auf 245 Mrd. Euro.

Quelle: WTW. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Entsprechend legte die Funding Ratio auf 80% zu. Dies übertrifft sogar den historischen Höchststand aus 2021 (72%). Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie der Unternehmensberatung WTW.

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2022 war durch außergewöhnliche ökonomische Rahmenbedingungen geprägt: Ukraine-Krieg, Energiekrise, Rezessionsängste, rasanter Anstieg der Inflation, schnelle, starke Zinsanhebungen der Notenbanken, und eine große Volatilität an den Kapitalmärkten“, blickt Hanne Borst auf Entwicklungen zurück, die in diesem Medium oft als Teil einer „Multi-Problemlage“ beunkt werden. Erfreulich sei aber, dass die Unternehmen ihre Pensionswerke dennoch so robust managen konnten, dass heute sogar vier Fünftel der Pensionsverpflichtungen mit spezifisch reserviertem Vermögen bedeckt sind. So hoch war der Ausfinanzierungsgrad noch nie“, so die Leiterin Retirement Deutschland bei WTW weiter.

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Die Unternehmen werden das herausfordernde wirtschaftliche Umfeld und dessen Auswirkungen auf die bAV weiterhin engmaschig überwachen“, ergänzt Johannes Heiniz, und „es bleibt abzuwarten, wie die Notenbanken und die Kapitalmärkte künftig auf die immer noch erhöhte Inflation, die Rezessionsängste und die aktuellen Herausforderungen im Finanzsektor reagieren.“ Der Rechnungszins und die Kapitalmärkte würden wohl auch 2023 volatil bleiben, prognostiziert der Leiter General Consulting bei WTW, jedoch seien die Pensionswerke auch für volatile Kapitalmärkte robust aufgestellt.

Inflation macht Cash

Ist die heutige Diskontierung der DBO nur eine rechnerische Größe ohne jeden Einfluss auf die spätere Cashflow-Belastung durch die zahlende Rente, schlägt die Inflation – wenn auch mit geringerem Volumen – hier und heute schon heute anders zu. Laut WTW bedeutet die aufgelaufene Inflation im Jahr 2022 für die 40 DAX-Unternehmen jährliche Mehrbelastungen in den Rentenzahlungen via Anpassungen von ca. 110 Mio. Euro. Für 2023 rechnet WTW mit weitere 400-500 Mio. Euro an Rentenanpassungen.

Hanne Borst, WTW.

Abgesehen von den Rentensteigerungen wirkt sich die aktuell hohe Inflation auf die Pensionsverpflichtungen insgesamt eher moderat aus, weil die Trendannahmen für die Entwicklungen von Renten und Gehältern langfristig gewählt sind“ berichtet Aktuarin Borst. Typischerweise wird hier ein Zeithorizont von 15 Jahren zugrunde gelegt. Mittelfristig geht man von einem deutlichen Rückgang der Inflation aus. Daher wurden die Erwartungen für die künftigen Rentensteigerungen im Mittel lediglich um 40 BP auf 2,15% angehoben.

Dass der Zins stärkeren Einfuss auf die DBO hat als die die Inflation, ist bekannt. WTW schreibt: Steigt der Rechnungszins um 100 BP, sinkt die DBO um rund 12,2% (36,1 Mrd. Euro). Da der Rechnungszins im 2022 von 1,2 auf 3,74% stieg, wurden die Pensionswerke buchhalterisch um mehr als ein Viertel entlastet. Zu einer moderaten Erhöhung (1,9%) führte die geänderte Indexzusammensetzung.

Milliardendotierungen

Wie in den vergangenen Jahren haben auch 2022 viele DAX-Unternehmen die Finanzierungsbasis ihrer Schemes – trotz der wirtschaftlichen Turbulenzen – weiter ausgebaut. Insgesamt wurden laut WTW den Pensionsvermögen 6,7 Mrd. Euro zugeführt (Vorjahr: 9,0 Mrd. Euro). „Das ist ein deutliches Zeichen für die Bedeutung, welche die Unternehmen der bAV beimessen“, schlussfolgert Borst.

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Johannes Heiniz, WTW.

Seit einigen Jahren sei zudem zu beobachten, dass in den Pensionsanlagen sowohl ESG-Kriterien als auch Alternatives stärker berücksichtigt werden. „Pensionsanlagen werden für einen Zeithorizont von vielen Jahrzehnten aufgestellt. Mit diesem langfristigen Anlagehorizont kommen Pensionsanleger an einer klimaneutralen und nachhaltigen Kapitalanlage nicht vorbei“, betont Heiniz. Breit diversifizierte Portfolios hätten 2022 deutlich besser abgeschnitten, da insb. alternative Anlageklassen weniger Wertverluste als Aktien oder Anleihen verzeichneten (wobei das aber auch an den trägeren Preisbildungen der Private Markets liegen könnte, möchte man hinzufügen).

Quelle: WTW. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Hintergrundinformationen zur Studie

Auch die WTW-Studie „DAX-Pensionswerke 2022“ basiert auf den Geschäftsberichten der 40 DAX-Unternehmen, einschließlich der Anhangangaben zu den Pensionsverpflichtungen sowie weiterer öffentlich zugänglicher Daten. Per 21. März 2022 hatten 32 Indexmitglieder ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2022 vorgelegt. Bei acht Unternehmen, deren aktuelle Daten noch nicht veröffentlicht sind, hat WTW die Vorjahreswerte berücksichtigt und damit Hochrechnungen durchgeführt. Die aktuellen Zahlen zum DAX-40 beziehen sich auf den Stand des Index Ende 2022. Die dargestellten Vorjahreszahlen stellen die tatsächlichen Ist-Werte des DAX 40 zum Ende 2021 dar. Die der Auswertung zugrunde liegende WTW-Datenbank ermöglicht Vergleiche bis ins Jahr 1999.

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