Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Italienischer Kompromissvorschlag 2.0:

„Pensions Institutions“

 

Die italienische Ratspräsidentschaft hat nun ihren zweiten Kompromissvorschlag zur Pensionsfondsrichtlinie vorgelegt. Erneut können Fortschritte vermeldet werden, von denen zwei besonders hervorstechen.

 

 

Im März hatte die seinerzeitige EU-Kommission ihren finalen Entwurf einer neuen Pensionsfondsrichtlinie publiziert, am 17. September die italienische Ratspräsidentschaft nachgelegt. Deren erster Vorschlag kam den Nöten und Sorgen des betrieblichen Pensionswesens bereits deutlich entgegen. Nun gibt es weitere Entspannung.

 

 

Endlich: EbAV keine Finanzdienstleister mehr

 

Die alte Kommission vertrat in ihrem Entwurf noch die Meinung, dass selbst unternehmens- oder brancheneigene EbAV unmissverständlich als Finanzdienstleister zu identifizieren seien und nicht als Sozialeinrichtungen. Die Italiener schwächen dieses Dogma nun erneut ab, der Begriff „Financial Institutions“ taucht nun gar nicht mehr auf, stattdessen heißt es in Erwägungsgrund 20 jetzt:

 

Institutions for occupational retirement provision are pension institutions with a social purpose that are active on financial markets.“

 

Im Kommissionsentwurf hatte es allen Ernstes noch geheißen:

 

Institutions for occupational retirement provision are financial service providers.“

 

 

REP: Es lebe die Subsidiarität

 

Ein zentrales Element der zweiten Säule von Solvency II ist das Own Risk and Solvency Assessment ORSA. In etwas abgeschwächter Form sieht der IORP-II-Vorschlag in seinem Artikel 29 eine ähnliche Pflicht für EbAV vor – genannt Risk Evaluation for Pensions REP. Die Kommission wollte sich noch mit einem Artikel 30 ermächtigten, mittels delegierter Rechtsakte hierzu die technischen Einzelheiten festzulegen. Im ersten Kompromissvorschlag der Italiener entfiel dieser Artikel 30 komplett, stattdessen sah der Artikel 29 in seinem Absatz 4a eine Kompetenzverlagerung zur EIOPA vor, was viele auf dem Parkett angesichts des Gestaltungswillens der Frankfurter Behörde kritisch bewerteten. Diesen 4a haben die Italiener nun wieder gestrichen. Stattdessen verweist Artikel 1a nun auf die Mitgliedsstaaten:

 

Member States shall require that the competent authority, having regard to the size and internal organisation of the institution as well as to the nature, scale and complexity of the activities of the institutions concerned, shall lay down detailed rules specifying the format, layout, structure, sequencing and information to be included in the risk evaluation for pensions.“

 

Das ist nicht weniger als bemerkenswert. Grundsätzlich, weil es dem viel zu oft vernachlässigten Subsidiariätsprinzip in der Europäischen Union Rechnung trägt. Und konkret, weil bei allen Verbesserungen nach dem ersten italienischen Kompromissvorschlag wie erwähnt die Kompetenzverlagerung auf EIOPA noch sauer aufgestoßen war – schließlich ist das REP exakt der Punkt in der Richtlinie, bei dem zahlreiche Industrie- und EbAV-Vertreter und selbst unsere BaFin die Einführung von Solvency II durch die Hintertür befürchten, und gerade die EIOPA macht bis heute keinen Hehl daraus, dass sie weiter am Holistischen Bilanzansatz feilt.

 

 

Wie doch der Wind sich drehen kann…

 

…besonders, wenn er schärfer wird.

Man kann spekulieren, ob die Italiener ihr Herz und ihren Sachverstand für das betriebliche Pensionswesen neu entdeckt haben oder ob auch im Rat die neuen Verantwortlichkeiten in der Europäischen Kommission mit der H 5 unter britischer Kontrolle ihre Schatten voraus werfen. Jedenfalls scheint es, dass sich der Wind in Brüssel in Sachen bAV sichtlich gedreht hat. Und Leiter-bAV.de hat schon mehrmals darauf getippt, dass es auch der dem Kommissar nachgeordneten Bürokratie der H 5 um die Pragmatiker Klaus Wiedner und Jung Lichtenberger von ihrem Naturell her nicht schwer fallen wird, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen, will sagen die französische Sicht auf die bAV-Dinge gegen die britische auszutauschen. Wenn aber Rat und Kommission ihre Positionen – sagen wir mal – „adjustieren“, fragt sich noch, wie der ambitionierte EIOPA-Chef Gabriel Bernardino mit der neuen Situation umgehen wird. Bisher zeigt er sich jedenfalls noch völlig unbeeindruckt.

Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

 

Der 86-seitige Entwurf liegt nur ein englischer Sprache vor und findet sich hier.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.