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76. aba-Jahrestagung:

„Nichts, aber auch gar nichts verstanden.“

 

Bernhard Wiesner zeigte sich auf der aba-Jahrestagung am 7. Mai in Berlin sehr zufrieden mit der Entwicklung von Direktzusage und Unterstützungskassen. Das hinderte ihn nicht dran, scharfe Kritik an aktuellen Regulierungsvorhaben zu üben. Die Gefahren, die er sieht, haben grundsätzlichen Charakter.

 

Die Durchführungswege Direktzusage und Unterstützungskassen repräsentieren mit einem Gesamtvolumen von über 300 Milliarden Euro über 60 Prozent aller Zusagen auf bAV-Leistungen in Deutschland. Auch 2013 und 2014 ist die Direktzusage unverändert der bedeutendste Durchführungsweg, der allein mehr als die Hälfte aller betrieblichen Versorgungszusagen an Aktive und Betriebsrentner umfasst“, zog Wiesner vor den Tagungsteilnehmern ein positives Fazit. „Der Erfolg der über bilanzinterne Pensionsrückstellungen der Unternehmen finanzierten Direktzusage setzt sich fort,“ ist der bAV-Chef der Robert-Bosch GmbH und Vorsitzende der aba-Fachvereinigung Direktzusagen und Unterstützungskassen, grundsätzlich optimistisch.

 

Doch wie immer gilt: Wo Licht ist, ist auch Schatten, und davon wird von der Regulierungsseite – europäisch wie national – mehr als genug geworfen, auch auf die bAV. Beispiel Steuerbilanz:

 

Die Unternehmen hatten für ihre Pensionsrückstellungen aufgrund des auch im letzten Jahr weiter zurückgehenden Bilanzierungszinses Ende 2013 deutlich höhere Pensionsverpflichtungen in ihren Bilanzen zu tragen. Damit geht die Schere zwischen dem Realzins und dem Zins für die Steuerrückstellung von 6 Prozent unter Paragraf 6a EStG in äußerst unglücklicher Weise immer weiter auf“, beklagte Wiesner. Dies sei eine sehr ernste Thematik, die nicht zur Stärkung dieses Durchführungsweges beitrage.

 

 

Prudent Person statt VAG

 

Andererseits ist die Direktzusage frei von einer grundsätzlichen Problematik, weiß Wiesner:

 

Die Finanzierung der Direktzusage ist vor allem deshalb so möglich, weil hier eben die regulatorischen Vorgaben für die Versicherungsindustrie nicht gelten. Auch die Anlageergebnisse der fast ausschließlich unter dem qualitativ orientierten Prudent Person-Konzept operierenden Sondervermögen der Unternehmen für ihre Pensionsverpflichtungen können sich trotz Niedrigzinsphase sehen lassen. Dies wird in der öffentlichen Diskussion häufig schlicht nicht wahrgenommen. Auch solche nachhaltig erfolgreichen Anlagekonzepte wären nicht möglich, wenn die für Versicherungen geltenden Regularien anzuwenden wären.“

 

 

IOPR-II-RL geht jeden an – grundsätzlich

 

Doch Direktzusage hin oder U-Kasse her: Regulierungsvorhaben wie die neue Pensionsfondsrichtlinie lassen keinen unberührt. So kritisierte Wiesner scharf den Artikel 25 des Entwurfs der EU-Kommission:

 

Danach könnte eine mit einer zentralen Funktion in einer EbAV betraute Person nicht gleichzeitig eine ähnliche zentrale Funktion in einem Trägerunternehmen wahrnehmen. Solche Regeln falsch verstandener Governance würden einen Keil zwischen die Einrichtungen und ihre Träger treiben und so die bAV insgesamt, also auch die Direktzusagen und U-Kassen, schwächen.“

 

Sein Verständnis für diesen Vorstoß der Kommission geht demzufolge offenbar gegen Null:

 

Eine solche Regel träfe die bAV, die per definition untrennbar mit dem Träger verbunden ist, ins Mark. Das Trägerunternehmen ist vertrauenswürdiger Gewährsträger für die Begünstigten, organisiert die effizienteste bAV und steht dafür ein. Dass Experten Funktionen in Unternehmen und EbAV wahrnehmen, gewährleistet effizientes Zusammenwirken, stärkt die gemeinsame Orientierung und ist in der bAV seit vielen Jahrzehnten bewährte Praxis.“

 

Entsprechend lässt Wiesners Urteil über die dafür Verantwortlichen an Klarheit nichts zu wünschen übrig:

 

Wer so etwas vorgeben will, zeigt, dass er von bAV nichts, aber auch gar nichts verstanden hat und anderes im Schilde führt.“

 

Schließlich hat die Regelung, die die Kommission im Vergleich zu ihren Vorabentwürfen wenigstens etwas entschärft hatte, auch grundsätzliche Bedeutung dafür, wie bAV überhaupt identifiziert wird:

 

Das hinter den Überlegungen der Kommission stehende Denkmuster ist in der Finanzindustrie zweifelsohne ein richtiger und notwendiger Ansatz, doch in der bAV würde es deren gesamten Grundkoordinaten schleichend immer weiter in Richtung des für sie vollständig ungeeigneten Umfeldes der Markt- und Produktinteressen, der Financial Institutions und in Richtung der existenzgefährdenden Regularien der Versicherungswirtschaft unter Solvency II verschieben.“

 

Solche Ansätze würden in ihrer Konsequenz die gesamte bAV – also auch Direktzusagen und U-Kassen – auf lange Sicht in die Welt der Markt- und Produktinteressen führen, befürchtet Wiesner. Dies liege aber zweifelsohne nicht im gesamtgesellschaftlichen Interesse, weder in Deutschland noch in Europa.

 

Hier gilt es, schon den Anfängen zu wehren und solchen verfehlten Ansätzen von Beginn an entschieden entgegenzutreten.“

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

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