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Gestern in Erfurt (II):

„Nicht unklar, überraschend oder unangemessen“

 

Der Dritte Senat hat gestern über den Anspruch auf eine Zusage aus betrieblicher Übung und hier um die Wirksamkeit einer entgegenstehenden Ablösungs- respektive Überführungsvereinbarung entschieden – und die Klagen der Arbeitnehmer abgewiesen.

 

 

Das Gericht erläutert seine Entscheidung anhand des Falles – 3 AZR 539/15 – (redigiert):

 

Vom Arbeitgeber als AGB gestellte Vertragsbedingungen, mit denen der Inhalt eines Arbeitsverhältnisses abgeändert wird, unterliegen einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht, wenn sich der Arbeitgeber im Vorfeld der Vertragsänderung im Hinblick auf die geänderten Regelungen einer Rechtsposition berühmt.

 

Der Kläger ist seit Oktober 2000 bei der Beklagten, einer Bank AöR, beschäftigt. Die Beklagte hatte einem Teil der Arbeitnehmer, auch dem Kläger, eine an der Beamtenversorgung orientierte Gesamtversorgung zugesagt. Darüber hinaus gewährte sie unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitnehmern, die 20 Jahre im Kreditgewerbe, davon zehn Jahre bei ihr beschäftigt waren, ein 'Versorgungsrecht'. Dadurch wurden diese Arbeitnehmer nicht nur hinsichtlich ihrer Altersversorgung, sondern auch hinsichtlich Kündigungsschutz, Beihilfe und Entgeltfortzahlung bei Krankheit Beamten angenähert. Damit wurde das Arbeitsverhältnis sozialversicherungsfrei.

 

2009 beschloss die Beklagte aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage, die Gesamtversorgungszusage zu widerrufen und keine Versorgungsrechte mehr zu erteilen. Sie bot eine beitragsorientierte bAV an. Der Kläger unterzeichnete – wie viele andere Arbeitnehmer – 2010 ein von der Beklagten vorbereitetes Formular, in dem er sich auch mit 'der Einstellung der Erteilung' des Versorgungsrechts 'einverstanden' erklärte. Am 15. Mai 2012 entschied das BAG (ua. – 3 AZR 610/11 -) für Arbeitnehmer, die keine derartige Erklärung abgegeben hatten, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf Gewährung des Versorgungsrechts besteht.

 

Der Kläger hat mit seiner Klage die Feststellung begehrt, die Beklagte sei verpflichtet, ihm bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Versorgungsrecht zu erteilen. Wie in den Vorinstanzen hatte dies vor dem Dritten Senat des BAG keinen Erfolg. Mit seiner Erklärung von 2010 hat der Kläger ein Angebot der Beklagten angenommen, das auch die Aufgabe des Anspruchs auf Erteilung des Versorgungsrechts enthielt. Damit kam eine Vereinbarung über eine Vertragsänderung zustande. Der Inhalt der Vereinbarung war nicht unklar oder überraschend.

 

Die Vertragsänderung unterliegt der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht. Prüfungsmaßstab ist das § 779 BGB zugrunde liegende Rechtsprinzip, welches eine Streitbeilegung durch gegenseitiges Nachgeben vorsieht. Die Inhaltskontrolle geht zugunsten der Beklagten aus, da die Vertragsänderung nicht unangemessen ist. Sonstige Rechtsgründe stehen dem Kläger nicht zur Seite.“

 

Soweit das BAG zu dem Urteil vom 15. November 2016 – 3 AZR 539/15 -, Vorinstanz LAG München, Urteil vom 6. August 2015 – 3 Sa 254/15 -.

 

Der Senat hat gestern mehrere vergleichbare Verfahren entschieden (- 3 AZR 507/15 -, – 3 AZR 579/15 -, – 3 AZR 580/15 -, – 3 AZR 582/15 -, – 3 AZR 729/15 -, – 3 AZR 182/16 – bis – 3 AZR 184/16 -).

 

Am Montag hatte LEITERbAV anhand des Verfahrens 3 AZR 507/15 über diese bevorstehenden, gleich gelagerten Verhandlungen berichtet.

 

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