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EbAV-II-RL in Bundestag und Bundesrat (II):

Nein sagen können!

Nach der Empfehlung seiner Ausschüsse hat nun der Bundesrat zur Umsetzung der EbAV-II-Richtlinie in deutsches Recht eine Stellungnahme beschlossen. Dabei hat die Kammer auch die europäische Aufsicht im Fokus – vor allem im Verhältnis zur BaFin.

 

LEITERbAV hatte über die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates zur Umsetzung der EbAV-II-RL berichtet. 

 

Am 19. Oktober 2018 hat dann die zweite Kammer höchstselbst zu dem Regierungsentwurf beraten. Zwei Punkte ihrer Stellungnahme abseits der schon berichteten lohnt es hervorzuheben:

 

 

Den Rechtfertigungsdruck auf die Anstalt reduzieren…

 

Der Bundesrat bittet in Punkt 6 seiner Stellungnahme, in der bestehenden Regelung des § 329 I S. 2d VAG klarzustellen, in welchen Fällen die BaFin Leitlinien und Empfehlungen der EIOPA nicht zu berücksichtigen hat.

 

Derzeit befiehlt besagter 329, dass die BaFin der EIOPA Leitlinien und Empfehlungen so weit wie möglich berücksichtigt. Eine nähere Konkretisierung dieser Maßgabe fehlt. Der Bundesrat bemängelt insbesondere, dass es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, in welchen Fällen die Anstalt von einer Berücksichtigung absehen kann.

 

Wie die Länderkammer in ihrer Begründung ausführt, habe die EIOPA im Rahmen der Level-3-Regulierung in den letzten Jahren mit einer großen Zahl an Leitlinien und Empfehlungen erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der nationalen Aufsichten genommen. Der Bundesrat, der betont, dies schon in der Vergangenheit kritisiert zu haben (Beschluss vom 2. Februar 2018, BR-Drucksache 697/17), weiß zwar, dass die Leitlinien und Empfehlungen nicht rechtlich verbindlich sind und die BaFin im Rahmen des Comply or Explain davon abweichen kann.

 

Doch eben dies geschehe jedoch in der Praxis kaum, bemängelt die Kammer unter Verweis auf die cep-Studie vom Oktober 2016 „Die Europäischen Finanzaufsichtsbehörden“:

 

Demnach seien lediglich 1,01 Prozent der untersuchten Leitlinien der EIOPA von der BaFin nicht berücksichtigt worden.

 

Das deckt sich mit einer Verlautbarung, welche die BaFin selbst am 15. Februar 2018 unternommen hat. Dort hieß es:

 

Im Interesse der europäischen Harmonisierung des Aufsichtsrechts ist die BaFin grundsätzlich bestrebt, Leitlinien und Q&As der ESAs möglichst in ihre Verwaltungspraxis zu übernehmen.

 

Bei den bislang veröffentlichten rund 180 Leitlinien und 3.000 Q&As hat sie dies nur in wenigen Fällen abgelehnt, nämlich insbesondere dann, wenn die Besonderheiten des deutschen Aufsichtsrechts der Übernahme entgegenstanden.

 

Auch in Zukunft wird die BaFin entsprechend verfahren. Übernimmt sie ausnahmsweise eine Leitlinie oder Q&A nicht in ihre Verwaltungspraxis, wird sie dies auf ihrer Internetseite ausdrücklich erklären.“

 

Eine gesetzliche Konkretisierung, wann die BaFin den Leitlinien und Empfehlungen der EIOPA nicht nachkommen kann, könne also dazu beitragen, dass die Anstalt häufiger von ihrem Recht Gebrauch macht und Leitlinien der EIOPA nicht in ihre Verwaltungspraxis übernimmt, hofft der Bundesrat, und hat dabei offenkundig einen Blick auf die Praxis: Eine gesetzliche Konkretisierung würde den Rechtfertigungsdruck für die BaFin deutlich reduzieren und eingrenzen.

 

Allerdings: Dietmar Keller, Referatsleiter des Grundsatzreferates bAV der BaFin, hatte auf der aba-Pensionskassentagung am 11. September in Königswinter betont, dass sein Haus den 329 nicht im Sinne eines Automatismus verstehe. Bei jeder Leitlinie erfolge vielmehr eine sorgfältige Abwägung und Überprüfung, ob deren Inhalte zu übernehmen sind.

 

 

…und wirklich auf die Größe achten

 

Zweitens verweist der Bundesrat in seiner Stellungnahme darauf, dass die EU-Aufsichtsbehörden in den letzten Jahren überhaupt immer häufiger davon Gebrauch machen, Level-3-Regelungen für die Aufsichtspraxis zu schaffen.

 

Der Bundesrat in Berlin-Mitte. Foto: Bundesrat.

Bei diesen Leitlinien und Empfehlungen und deren Berücksichtigung durch die nationalen Aufsichtsbehörden sei es wichtig, dass die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Proportionalität beachtet werden. Vor diesem Hintergrund bittet der Bundesrat zu prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass die Belange und Besonderheiten von kleinen und mittleren Marktteilnehmern tatsächlich angemessen berücksichtigt werden.

 

Die Stellungnahme des Bundesrates findet sich hier.

 

 

Ausschüsse wollten mehr

 

Die Ausschüsse des Bundesrates waren übrigens noch weiter gegangen, als die zweite Kammer es nun letztlich beschlossen hat. So wollten die die Ausschüsse die Anforderungen an die Methoden, die eine Pensionskasse zur eigenen Risikobeurteilung nach § 234d Absatz 3 Satz 2 VAG anwenden muss, weiter konkretisiert sehen.

 

Dem Entwurf zufolge müssen die Methoden zwar angemessen zu Größenordnung, Art, Umfang und Komplexität der Tätigkeit der betreffenden EbAV sein. Doch hatten die BR-Ausschüsse mit Blick auf die Praxis unter anderem die Sorge, dass diese Angemessenheit im Zweifel zu eng von Seiten der Aufseher, insbesondere der EIOPA, ausgelegt werde. Es könne nicht gewollt sein, dass sich die Frage der Angemessenheit nur auf derzeit extrem kleine Pensionskassen beziehe.

 

Kleine Pensionskassen im Sinne des Art. 5 I der EbAV-II-RL sind solche, die maximal 100 Versorgungsanwärter haben.

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Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

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