Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

EP verabschiedet Regulierungspakete:

Mit letzter Lebensglut

 

Das Europäische Parlament hat zum Ende seiner siebten Legislatur noch eine Reihe von Verordnungen und Richtlinien verabschiedet, von denen zwei auch auf das betriebliche Pensionswesen erheblichen Einfluss haben werden – oder hätten haben können. Ein Überblick.

 

Vom 22. bis 25. Mai finden in der Europäischen Union die Wahlen zum nächsten Europaparlament statt, in Deutschland traditionell am Sonntag, also am 25. Mai. Die gegenwärtige Legislaturperiode ist damit faktisch beendet. Doch mit „letzter Lebensglut“ hat das Plenum am 15. April in Straßburg noch finale Beschlüsse gefasst

 

 

Mobilitätsrichtlinie: der Schlussstrich ist gezogen

 

Nach rund zehn Jahren ist es nun soweit: Die Mobilitätsrichtlinieweiland Portabilitätsrichtlinie genannt – ist beschlossene Realität. Doch umstritten bleibt sie wie eh und je. Für Deutschland relevante Elemente der Richtlinie sind vor allem die Absenkung der Unverfallbarkeitsfristen, das Verbot der einseitigen Abfindung von Kleinstanwartschaften, neue Transparenzvorschriften und Regelungen zur Dynamisierung der Anwartschaften auch ausgeschiedener Mitarbeiter.

 

Thomas Mann, MdEP für die CDU/EVP und Mitglied in den für die bAV wichtigen Ausschüssen für Beschäftigung und Soziales EMPL sowie für Wirtschaft und Währung ECON (stv.), kommentierte gegenüber Leiter-bAV.de: „Seit 2006 haben wir im Europäischen Parlament über Pläne der Kommission und des EP für eine EU-weite Übertragbarkeit von Betriebsrenten gestritten. Mit der heutigen Abstimmung im Plenum ist unter diese Debatte ein Schlussstrich gezogen worden: Die europäischen Mindeststandards für Betriebsrenten kommen zwar, sie fallen jedoch sehr behutsam aus. Das deutsche Betriebsrentensystem mit einem Volumen von über 450 Milliarden Euro wird nicht gefährdet. Das Mindestalter für den Erwerb von Betriebsrenten-Ansprüchen soll europaweit auf 21 Jahre abgesenkt, die Frist, in der Ansprüche nicht verfallen können, auf 3 Jahre reduziert werden. Damit ist eine für die Mobilität der Arbeitnehmer förderliche Regelung gut umgesetzt worden.“ Gleichwohl: Den deutschen Protagonisten auf dem Parkett merkt man an, dass bei ihnen weniger eine Zufriedenheit vorherrscht, Europa und sein Pensionswesen vorangebracht zu haben, sondern eher die Erleichterung, Schlimmeres verhindert haben zu können. So meint auch Mann: „EU-Kommission und eine Mehrheit im EP sahen ursprünglich wesentlich stärkere Veränderungen vor. Die Kommission wollte beispielsweise nur eine Unverfallbarkeitsfrist von einem Jahr zulassen.“

 

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber, Mitglied im ECON, appelliert dabei an den nationalen Gesetzgeber. „Schwierigkeiten beim Übertragen von Rentenansprüchen zwischen den nationalen Systemen sind ein Mobilitätshindernis für Arbeitnehmer im Europäischen Binnenmarkt. Die Mobilitätsrichtlinie soll hier für klarere und einfachere Regeln sorgen. Der Trilog-Kompromiss bringt jedoch leider einige Unsicherheiten und mögliche bürokratische Fallstricke mit sich, die bei der Umsetzung in nationales Recht dringend beseitigt werden sollten“, so Ferber zu Leiter-bAV.de.

 

Wie die Bundesregierung nun gedenkt, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, ist in aller Ausführlichkeit hier diskutiert worden.

 

Grundsätzliche Bedenken zur Pathogenese der Richtlinie und dem Umgang der Europäischen Union mit der Problematik finden sich hier.

 

 

Von PRIPS zu PRIIPS – und vier Jahre Atempause für die bAV

 

In das vielfältige europäische Regulierungsvorhaben „Packaged Retail Investment Products“ (PRIPS) für Retail-Produkte hätte nach dem Willen so mancher auch die bAV einbezogen werden sollen. Folge wäre gewesen, dass die bAV in Deutschland über eine unmittelbar rechtswirksame EU-Verordnung ohne jede Notwendigkeit einer nationalen Umsetzung wie gewöhnliche Retail-Finanzprodukte der Pflicht zu einem Key Information Document unterworfen worden wäre – und eine unschöne Doppelregulierung im Zusammenwirken mit der neuen Pensionsfondsrichtlinie entstanden wäre. Besonders Teile des hier federführenden ECON unter der französisch-sozialistischen Berichterstatterin Pervenche Berès hatten sich stets eifrig für eine solche Regulierung eingesetzt. So häufig wogte das Schlachtenglück hin und her, dass man kaum folgen konnte. Doch nun hat das EP dem finalen Kompromisstext aus dem Trilog zugestimmt. Dieser sieht eine Ausnahme der bAV von der Verordnung vor, allerdings mit der halbgaren Maßgabe einer Überprüfung dieser Maßnahme in vier Jahren.

 

Ferber äußerte dazu gegenüber Leiter-bAV.de: „Die PRIPS-Verordnung soll sicherstellen, dass Anlegern bei Investitionen in komplexe Finanzprodukte alle notwendigen Informationen zur Verfügung stehen. Bei der bAV sind Anleger seit Jahrzehnten auch ohne solche Informationsblätter ausgekommen – deswegen ist es gut, dass die bAV zunächst vom Anwendungsbereich ausgenommen ist.“ Doch mahnt Ferber angesichts der oben erwähnten (und mittlerweile in Brüssel häufig gewordenen) Halbgarheit der Brüsseler Entscheidungen: „Wir müssen aber auch in Zukunft aufpassen, dass die Europäische Kommission die Ausnahme nicht mittels einer Überprüfungsklausel wieder rückgängig macht.“

 

Am Rande: Kurz vor Toresschluss ist der Anwendungsbereich der Verordnung auf kapitalbildende Lebensversicherungen ausgedehnt worden, nachdem der Europäische Rat dem schließlich auch zugestimmt hatte. Entsprechend hört das Regulierungsvorhaben nun nicht mehr auf das Kürzel PRIPS, sondern PRIIPS (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products).

 

Die Einzelheiten zur Entwicklung bei der PRIPS-Verordnung finden sich hier.

 

Als weitere Gesetzespakete, die das EP in seiner letzten Sitzungswoche verabschiedet hat und die zumindest mittelbar auf die betriebliche Altersversorgung Einfluss haben, seien genannt UCITS V (Vermeiden von Fehlanreize in der Vergütungsstruktur von Fondsmanagern sowie Einführung unmissverständlicher Haftungsprinzipien), MIFID II, CSD und die allseits breit diskutierte Bankenunion. Die Folgen besonderes letzterer konkret für Einrichtungen der bAV wird Leiter-bAV.de in Kürze beleuchten.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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