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Mobilitätsrichtlinie:

Mein Freund ist Inländer (I)

 

Die Bundesregierung wird aller Voraussicht nach nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Anwendungsbereich der Mobilitätsrichtlinie auf grenzüberschreitende Fälle zu beschränken. Gründe sind technische Abgrenzungsschwierigkeiten und die Sorge um Inländerdiskriminierung. Doch eine Ausnahme könnte es geben. Teil I eines Überblicks.

 

Die für Mitte April absehbare Verabschiedung der Mobilitätsrichtlinie durch das Europäische Parlament wird wohl – neben der Verabschiedung der PRIPS-Verordnung – eine der letzten Amtshandlungen in dieser europäischen Legislaturperiode werden. Mit der anschließenden Umsetzung in nationales Recht dürfen sich die Mitgliedsstaaten vier Jahre Zeit lassen. Zu tun sein wird genug.

 

 

Anwendung auch auf inländische Arbeitsplatzwechsel

 

Peter Görgen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gab auf dem aba-Forum Arbeitsrecht am 2. April in Mannheim einen Einblick in die ersten diesbezüglichen Überlegungen seines Hauses. Wesentlichste Aussage des Bonner Referatsleiters „Zusätzliche Altersvorsorge“:

 

„Wir planen, die Vorgaben der Richtlinie, also vor allem die auf drei Jahre verkürzten Unverfallbarkeitsfristen, auch auf innerstaatliche Arbeitsplatzwechsel anzuwenden.“

 

Denn neben der drohenden Inländerdiskriminierung sei besonders bei den Unverfallbarkeitsfristen eine technische Abgrenzung kaum möglich:

 

„Kann jemand, der mit verfallbaren Anwartschaften nach drei Jahren ausgeschieden ist, dann nach zig Jahren bei seinem alten Arbeitgeber auf Unverfallbarkeit pochen, nur weil er irgendwann zwischenzeitlich sechs Wochen in den Niederlanden gearbeitet hat? Technisch ist die Vielzahl an denkbaren Fallkonstellationen nicht vernünftig zu differenzieren.“

 

 

Zu ist zu ist zu

 

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie (und nicht etwa erst der nationalen Umsetzung) bereits geschlossene Systeme sind vom Anwendungsbereich ausgenommen. Görgen betonte, dass in Abstimmung mit der Kommission hier alle Systeme gemeint sind, in die keine Neuzugänge mehr aufgenommen werden. Dass in solche Systeme durchaus weiter dotiert werden kann, tut ihrem geschlossenen Charakter also keinen Abbruch. Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie grundsätzlich ebenfalls ausgenommen. Eine Differenzierung im deutschen Recht erscheine aber nicht sinnvoll.

 

 

Licht und Schatten bei der Dynamisierung

 

Bekanntlich sieht die Richtlinie eine Pflicht zur Dynamisierung der Anwartschaften auch ausgeschiedener Mitarbeiter vor. Insofern ist es nicht ohne Bedeutung, inwiefern der Bestand erfasst wird. Status ist, dass der Anwendungsbereich nur Beschäftigungszeiten nach der nationalen Umsetzung der Richtlinie umfasst, also auch auf bestehende Beschäftigungsverhältnisse und Zusagen wirkt. Görgen betonte, dass der Wunsch der Bundesregierung, den Anwendungsbereich auf Neuzusagen zu beschränken, im Rat undurchsetzbar gewesen sei.

 

 

Abstimmungsniederlage im Rat: Zur Pathogenese einer Bürokratisierung

 

Görgen erläuterte auf der Tagung auch, wie das fünf vor zwölf mitten im Trilog und für die deutsche Seite völlig überraschend aufgetauchte Verbot der Abfindungen von Kleinstanwartschaften seinen Weg in den Richtlinienentwurf gefunden hat:

 

„Jahrelang war von dem Thema nie die Rede, und auf einmal findet es sich in dem Kompromisstext. Die deutsche Seite hatte dann zwei Tage Zeit, eine qualifizierte Minderheit dagegen zu organisieren, doch war nach den langen Verhandlungen kaum noch ein Mitgliedsstaat bereit, wegen eines solchen Details den Entwurf erneut aufzumachen.“

 

Fazit:

 

„Wir sind dann gemeinsam mit Briten und Niederländern im Rat überstimmt worden.“

 

Soweit zu den grundsätzlichen Gedanken des BMAS in dieser Frage. Morgen berichtet Leiter-bAV.de über Überlegungen des Ministeriums zu konkreten Details.

Dieser Beitrag findet sich mittlerweile hier.

 

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