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DAX-30-Unternehmen:

Märkte trotzen Säbeln

Rechnungszins nach zwei Jahren wieder leicht angestiegen, Märkte recht gut gelaufen: Auch die jüngste Mercer-Untersuchung zu den großen deutschen Konzernen ermittelt leichte Entspannung. Bemerkenswert: Innerhalb rund eines Jahrzehnts haben sich die Planvermögen im DAX-30 verdoppelt.

 

Nach der turnusgemäßen Auswertung von Willis Towers Watson hat gestern auch Mercer seine Auswertung der Pensionsverpflichtungen und Planvermögen im DAX-30 vorgelegt. In Kürze:

 

2017 sanken die Verpflichtungswerte (DBO) der DAX-30-Unternehmen von etwa 396 auf 381 Mrd. Euro. Die Pensionsvermögen stiegen im selben Zeitraum von etwa 250 auf einen neuen Höchststand von 260 Mrd. Euro an. Der Deckungsgrad legt durch diese gegenläufigen Entwicklungen zu und beträgt mehr als 68 Prozent.

 

Herangezogen wurden hierfür die bereits erschienenen Geschäftsberichte von 21 DAX- Unternehmen, die etwa 83 Prozent der Pensionsverpflichtungen und 78 Prozent der Pensionsvermögen im DAX repräsentieren, erläutert der Consultant. Im Einzelnen die Ergebnisse Mercers:

 

 

Entlastung bei der DBO

 

Nachdem das Jahr 2016 noch erneut durch einen gesunkenen Rechnungszins gekennzeichnet war, ist der Zins im Jahr 2017 leicht angestiegen. Dadurch sinken die Verpflichtungswerte der DAX-30-Unternehmen, bleiben aber mit 381 Mrd. Euro auf dem zweithöchsten Stand überhaupt.

 

Thomas Hagemann, Mercer.

Der Rechnungszins im Euroraum für gemischte Bestände nach der Mercer Yield Curve, einem Verfahren zur Herleitung des Rechnungszinssatzes nach IAS 19, ist im Jahr 2017 von etwa 1,7 auf etwa 1,9 Prozent gestiegen. „Die DAX-Unternehmen konnten den Rechnungszins leicht erhöhen. Insgesamt entstanden versicherungsmathematische Gewinne in Höhe von etwa 6,4 Mrd. Euro, die aber das Jahresergebnis nicht verbessern, da sie erfolgsneutral zu erfassen sind“, erläutert Thomas Hagemann, Chefaktuar von Mercer Deutschland.

 

 

Wie zeronnen, so gewonnen

 

Im Vorjahr hatten insbesondere Siemens, Infineon und ThyssenKrupp unter der Zinsentwicklung zu leiden, wie Mercer erläutert. An ihrem Bilanzstichtag 30. September hatte der Rechnungszins einen Tiefststand erreicht, so dass Siemens und Infineon 2016 im Euroraum einen Zins von nur 1,0 Prozent, ThyssenKrupp von 1,3 Prozent angesetzt hatten. Diese Unternehmen konnten den Rechnungszins in der Eurozone nun auf 1,8 bis 2,1 Prozent erhöhen und profitierten daher am deutlichsten von der aktuellen Zinsentwicklung.

 

 

Der starke Euro

 

Zusätzlich zu den Zinsänderungen haben Währungsumrechnungen sowie Änderungen im Konsolidierungskreis im Jahr 2017 zu einer Verringerung des Verpflichtungsumfangs um 9,6 Mrd. Euro geführt. Ohne die Veränderungen in diesen drei Bereichen wären die Verpflichtungswerte nur unwesentlich angestiegen, weil der planmäßige Anstieg der Verpflichtungen durch Verzinsung und weitere Dienstjahre in etwa genauso groß war wie die getätigten Zahlungen.

 

 

Pensionsaufwand wird sich 2018 nicht sehr stark verändern

 

Da der Pensionsaufwand bereits zum Jahresanfang auf Basis der dann aktuellen Prämissen ermittelt wird, führt der Anstieg des Rechnungszinssatzes zum 31. Dezember 2017 auch zu einem Absinken des Dienstzeitaufwandes, also des planmäßigen Anstiegs der Verpflichtungen für aktive Arbeitnehmer. Der Dienstzeitaufwand der DAX-Unternehmen lag 2017 bei etwa 7,8 Mrd. Euro und wird auch 2018 in dieser Größenordnung liegen.

 

 

Plan Assets auf All Time High

 

Zur Aktivseite erläutert die Mercer-Untersuchung: Der leichte Anstieg des Zinsniveaus spiegelt sich zwar auch in der Entwicklung von Festverzinslichen wider. Durch den weiter sinkenden Spread für Kreditrisiken sind Unternehmensanleihen aber insgesamt im Wert gestiegen. Hinzu kommt eine erneut positive Entwicklung am Aktienmarkt.

 

Folge: Insgesamt stiegen die Pensionsvermögen der DAX- Unternehmen dadurch im IFRS-Abschluss von etwa 250 Mrd. Euro auf etwa 260 Mrd. Euro an. Seit 2008 haben sich die Pensionsvermögen damit mehr als verdoppelt.

 

Ein nicht zu vernachlässigender Teil des aktuellen Anstiegs beruht auf Dotierungen, die voraussichtlich etwa 4 Mrd. Euro über den Mittelabflüssen aus den Pensionsvermögen liegen. Wie in jedem Jahr hat es auch 2017 größere Einzeldotierungen gegeben, beispielsweise Daimler 3,8 Mrd. Euro und Lufthansa 2 Mrd. Euro. Trotz bereits hoher Ausfinanzierung im DAX hält der Trend zu weiteren Dotierungen an.

 

Ein negativer Effekt auf die Planvermögen ging von Veränderungen bei Währungsumrechnungen aus, wodurch das Planvermögen um 5,4 Mrd. Euro sank. Der darüber hinausgehende Vermögensanstieg ist somit auf die gute Performance zurückzuführen. Die Gesamtrendite liegt damit wie im Vorjahr bei etwa 5,5 Prozent.

 

 

Funding Ratio legt zu

 

Durch die Entlastung beim Rechnungszins und der positiven Kapitalmarktentwicklung ist der Deckungsgrad im Jahr 2017 deutlich auf über 68 Prozent gestiegen. Höher lag er zuletzt vor 10 Jahren (knapp 71 Prozent). Im Vorjahr lag er bei nur 63 Prozent.

 

Grafik zur Volldarstellung anklicken.

 

Positive Entwicklung bei EM-Equity…

 

Auch zu den Märkten selbst äußert sich Mercer: Das Jahr 2017 begann mit den Hypotheken des Vorjahrs (Brexit, US-Präsidentschaftswahl) und entsprechend vorsichtigen Positionen bei risikobehafteten Anlageklassen. Nach einem verhaltenen Start zogen die Aktienmärkte von Februar bis Mai kontinuierlich an. Über den Sommer hinweg schmolzen die Zuwächse bei europäischen Aktien wieder dahin, bevor der Herbst die Gewinne des ersten Halbjahres wieder herstellte und zum Jahresende ein Plus von 10 Prozent festzuhalten war, so Mercer.

 

Carl-Heinrich Kehr, Mercer. Foto: Tim Wegner.

Besonders erfreulich wuchsen die Kurse der Schwellenländer-Aktien, bei denen über das Jahr ein Anstieg von circa 20 Prozent in Euro zu verzeichnen war. Europäische Unternehmensanleihen profitierten von der stabilen Wirtschaftsentwicklung und weiter sinkenden Spreads für Kreditrisiken infolge geringer Ausfallraten, so dass 2017 mit einer Rendite von 2,4 Prozent abschloss“, erläutert Dr. Carl-Heinrich Kehr, Principal und Investment-Experte bei Mercer Deutschland.

 

 

…und Real Estate

 

Viele Immobilienmärkte, insbesondere die von institutionellen Investoren gerne gesuchten Metropolen, zeigten sich auch 2017 dynamisch mit deutlich zweistelligen Zuwächsen. Wer einen guten Zugang zu Reinvestitionsmöglichkeiten hatte, suchte selektiv den Exit in den breiten Markt. Auch liquide Alternatives zeigten positive Renditen im hohen einstelligen Bereich.

 

 

Märkte trotzen Säbeln

 

In politischer Hinsicht kamen aus allen wichtigen Regionen der Welt wenig ermunternde Signale, stattdessen vielerorts Säbelrasseln – und im besten Fall Gegenwind für die Fortsetzung der wirtschaftlichen Integration weltweit. Doch selbst die Bundestagswahl mit ihrem Ergebnis einer erschwerten Regierungsbildung hat der Stabilität der Finanzmärkte nichts anhaben können. In der Summe zeigten sich die verschiedenen Kapitalmärkte überraschend unbeeindruckt von den politischen Begleiterscheinungen“, kommentiert Kehr.

 

In den wichtigsten großen Volkswirtschaften blieb die Inflation 2017 niedrig. Trotz steigender Beschäftigungsraten und der zunehmenden Auslastung der Produktionskapazitäten gab es wenig Bewegung bei den Preisniveaus. Viele Beobachter führen dies neben dem weiterhin niedrigen Niveau der Ölpreise auf die digitale Transformation und ihre Veränderung der Arbeitswelt zurück, so Mercer.

 

 

Ausblick: Schwieriges Anlagejahr 2018

 

Im Hinblick auf die Kapitalmärkte ist auch für das Jahr 2018 mit starken Einflüssen durch politische Prozesse zu rechnen. Diese können eine stete Quelle sowohl für eine Basisvolatilität als auch für weitere Überraschungen wie die Korrektur der Aktienmärkte Anfang Februar darstellen“, so Kehr. Ob die ersten Anzeichen für steigende Zinsen in den USA sich bei weiteren Korrekturen bestätigen werden, bleibt ungewiss. Für Europa ist davon auszugehen, dass sich die lockere Geldpolitik im Interesse eines gemilderten Anpassungsdrucks für die Länder in Südeuropa fortsetzt. Von den immer länger vorherrschenden Niedrigzinsen geht eine wachsende Verlockung zur erhöhten Verschuldung aus, heisst es weiter. „Es gilt, aufmerksam zu verfolgen, inwieweit die Risiken von Investitionen auch zukünftig weiter sorgfältig geprüft werden oder eine hohe Fremdfinanzierung den betroffenen Investoren bei steigenden Zinsen auf die Füße fällt“, ergänzt Kehr.

 

 

Hintergrund

 

Die vorliegende Analyse der Entwicklung von Pensionsverpflichtungen und Pensionsvermögen der DAX-Unternehmen wurde auf Basis der bis 15. März 2018, 10:00 Uhr veröffentlichten Geschäftsberichte der DAX-Unternehmen erstellt. Dazu gehören: adidas, Allianz, BASF, Bayer, Beiersdorf, Daimler, Deutsche Post, Deutsche Telekom, E.ON, Henkel, Infineon, Linde, Lufthansa, Merck, Münchner Rück, RWE, SAP, Siemens, thyssenKrupp, Volkswagen und Vonovia.

 

Die Zusammensetzung des DAX hat sich 2017 nicht verändert. 2018 ist ProSiebenSat.1 Media nach zwei Jahren wieder aus dem DAX ausgeschieden und Covestro stattdessen nachgerückt. Diese Neubesetzung wird sich 2018 merklich auf die Pensionsverpflichtungen auswirken.

 

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