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Erneuter Mittelstands-Merger:

Lurse goes MRH Trowe

Dass Makler und Pensions-Consultant zusammengehen, ist in Deutschland nichts neues, jedoch vor allem bei den großen US-Playern üblich. Nun schlagen zwei mittelständische deutsche Akteure den gleichen Weg ein. Beide kennen sich bereits, haben schon bisher erhebliche M&A-Agilität gezeigt – und wollen dies offenbar weiter tun.

Der Industrieversicherungsmakler MRH Trowe und der HR- und bAV-Lösungsanbieter Lurse AG, bündeln ihre Aktivitäten und werden ihr bAV-Geschäft künftig gemeinsam auf dem Markt positionieren. Das teilten die beiden teils inhabergeführten Häuser gestern mit.

Die Ziele

Matthias Edelmann, Lurse. Foto: MRH Trowe.

MRH Trowe sucht den Angaben zufolge mit einem erweitertem Leistungsspektrum seine Kompetenz als ganzheitlicher Benefits&Pensions-Berater und -Broker zu stärken. Lurse soll dazu unter Weiterführung seiner Marke zur Wachstumsplattform für integrierte HR-Serviceleistungen der MRH Trowe-Gruppe werden. Bereits angekündigt werden in einer Mitteilung „gemeinsame Investitionen in Technologieführerschaft in der Digitalisierung und Automatisierung von bAV und EbAV.“

Mit Lurse entwickelt sich MRH Trowe somit zum Top-3-Benefits&Pensions-Broker in Deutschland“, so die beiden Partner in besagter Mitteilung wörtlich, ohne jedoch ins Detail zu gehen. Gemeint ist nicht der Stand der Dinge nach dem Merger, sondern das angestrebte Ziel. Weiter wurde mitgeteilt, dass die Lurse mit zusätzlichen Ressourcen den Weg des organischen und nicht-organischen Wachstums (auch im europäischen Ausland) fortsetzen wolle.

Die Akteure

Die Lurse AG hat ihre Wurzeln im HR-Consulting und zählt sich mit rund 200 Beschäftigten zu den hierzulande führenden Beratungshäusern im Bereich Compensation und Benefits. Vor allem in der Beratung zur Harmonisierung von Arbeitsbedingungen und Pensionssystemen wie auch bei komplexen Vergütungs- und Pensionsmodellen sieht man sich etabliert und nennt als Kernkompetenzen die Gestaltung von HR-Instrumenten im Kontext von „New Work“, die Konzeption von EbAV und die Digitalisierung und Automatisierung von bAV-Systemen.

Das Unternehmen ist an den Standorten Paderborn/Salzkotten, Frankfurt, Hannover, Köln/Bonn, Düsseldorf, München und Zürich vertreten. Seit 1989 berät Lurse große und mittelständische Kunden aller Branchen bei der Gestaltung, Weiterentwicklung und Harmonisierung von Vergütungs-, Benefits- und Performance-Systemen.

MRH Trowe gehört zu den zehn größten deutschen Industriemaklern. Unter dem Dach der, wie sie vollumfänglich heißt, Mesterheide Rockel Hirz Trowe AG Holding agieren neben der MRH Trowe Insurance Brokers GmbH mehrere Spezialdienstleister für verschiedene Segmente. Der Makler operiert in praktisch allen Versicherungssparten für Industrie- und Gewerbekunden, Institutionen sowie gehobene Privatkunden. Rund 1.100 Beschäftigte verwalten ein Prämienvolumen von mehr als 550 Mio. Euro.

Wie von den US-Playern bekannt, gilt auch hier, dass der Makler der sichtlich größere der beiden zusammengehenden Partner ist: Für das Jahr 2023 prognostiziert MRH Trowe für das gesamte Geschäftsfeld Benefits eine Steigerung auf ein Fünftel des Gesamtumsatzes der Gruppe. Avisiert sind für dieses Jahr 150 Mio. Euro, davon sollen 33 bis 35 Mio. Euro auf die Lurse entfallen. Angaben zu 22er-Umsätzen waren nicht zu erhalten, aber in einer Meldung ohne Datum hatte MRH Trowe für das Jahr 2021 als Ziel einen Umsatz von über 70 Mio. Euro angegeben.

Neu beschnuppern mussten sich die beiden Partner übrigens nicht: Bereits 2017 wurde das Joint Venture MRH Trowe & Lurse GmbH als Full Service-Angebot für die Due Dilligence, Restrukturierung und Umsetzung komplexer Projekte im Bereich Benefits&Pensions und Risk-Management gegründet. Nun hat man offenbar Nägel mit Köpfen gemacht.

Die Technik

Birgit Horak, Lurse. Foto: MRH Trowe.

MRH Trowe als der größere der beiden Partner übernimmt mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sämtliche Geschäftsanteile der Lurse AG. Im Gegenzug treten Matthias Edelmann und Birgit Horak dem Gesellschafterkreis der MRH Trowe-Gruppe bei, übernehmen also in einer Art Rochade gleichzeitig Anteile an MRH Trowe. Weitere Details oder Größenordnungen wurden nicht genannt.

Horak wird weiterhin den Bereich HR-Consulting führen, Edelmann übernimmt zusätzlich im Vorstand von MRH Trowe das Ressort Strategie Benefits&Pension. Die bisher bei MRH Trowe in der bAV tätigen ca. 50 Mitarbeiter werden in die Strukturen der Lurse eingebunden.

Die Transaktion steht noch unter Vorbehalt der Genehmigung durch die zuständigen Kartellbehörden

Die Stimmen

Ralph Rockel, MRH Trowe. Foto: MRH Trowe.

Die Partnerschaft mit Lurse ist ein logischer Schritt im Ausbau unseres 360-Grad-Ansatzes. Mit der Kompetenz des Lurse-Teams in den Bereichen HR-Consulting sowie Benefits und Pensions wollen wir gemeinsam eine integrierte HR-Service- und Beratungsplattform aufbauen. Dies zahlt vollumfänglich auf den ganzheitlichen Beratungs- und Betreuungsanspruch von MRH Trowe ein“, erläutert Ralph Rockel, Vorstand von MRH Trowe. „Mit der Zusammenarbeit bieten wir nun ein umfassendes Dienstleistungsspektrum nicht nur im Geschäftsfeld Risikomanagement, sondern auch im strategisch wichtigen Geschäftsfeld der betrieblichen Vorsorge.“

Matthias Edelmann, Vorstand der Lurse AG, teilte mit: „Wir setzen unseren eingeschlagenen Weg in der digitalen Bestandsverwaltung der bAV nun gemeinsam mit einem etablierten Maklerhaus fort. Unser starkes organisches Wachstum planen wir durch weitere Zukäufe zu komplettieren. Dadurch wollen wir unseren Anspruch als führendes deutsches Beratungsunternehmen mit Technologieführerschaft und internationaler Ausrichtung in der bAV festigen.“

Durch die Zusammenarbeit haben wir eine gemeinsame Basis gefunden, auf der sich zukunftsweisend aufbauen lässt“, sagt Birgit Horak, Edelmanns Vorstandskollegin. „Bei der Entscheidung für MRH Trowe war uns insbesondere die kulturelle Passung wichtig. Lurse ist seit mehr als 30 Jahren auf dem Markt, und wir stehen für einen persönlichen Berateransatz mit hoher fachlicher Qualität. Das deckt sich mit dem Selbstverständnis, mit dem MRH Trowe im Markt unterwegs ist.“

Die Einordnung

Beide Akteure haben eine knackige Historie nicht nur des organischen, sondern v.a. des nicht-organischeWachstums: Erst im September hatte die Lurse die Gerling Pensionsenthaftungs- und Rentenmanagement GmbH (GPRG) und ab 2023 die Verwaltung der rund 1.000 bAV-Anwartschaften von der HDI Pensionsmanagement AG übernommen. Gut in Erinnerung ist noch die Übernahme der Deutschen Pensions Group GmbH (DPG) durch die Lurse ab 2018.

Auch der Makler MRH Trowe hat ein äußert agile jüngere Historie in der Übernahme kleiner Akteure. Seit 2005 dürften es über 25 M&A-Maßnahmen gewesen sein, die das Haus hier akribisch auflistet.

Außerdem reiht sich die Maßnahme insgesamt ein eine gewisse Konsolidierung der deutschen bAV-Akteure ein. So hatte bereits im Frühjahr 2022 die adesso insurance solutions GmbH sich mehrheitlich an der Ries Corporate Solutions GmbH beteiligt, der 1999 gegründeten und bis dato inhabergeführten Beratungboutique für Pensionsstrategie. Der Consultant tritt seither unter adesso benefit solutions am Markt auf.

LEITERbAV wiederholt seine Haltung zu dieser Art von Merger: Dass angesichts der Dominanz der großen US-Player im deutschen Pensionswesen es industriepolitisch nur zu begrüßen ist, wenn heimische Akteure sich integriert für die Zukunft verstärken mit der Einschränkung, dass es sich bei MRH Trowe seit dem Einstieg der britischen PE-Gesellschaft AnaCap (mit einem Mindernheitsanteil von 49%) eingeschränkt noch um einen heimischen, inhabergeführten Akteur handelt.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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