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Nach der kommenden Elefantenhochzeit:

LCP goes Germany

Die Mega-Fusion zwischen den US-Maklergiganten Aon und Willis Towers Watson wird Folgen für die deutsche bAV haben: Hierzulande muss die Pensionssparte der beiden Partner ausgeklammert werden, und zwar dergestalt, dass der größere der beiden Heiratswilligen seine hiesigen Pensions Operations abgibt – an einen britischen Akteur, der völlig neu in den deutschen Markt kommt. Und für diesen ist das eine gute Nachricht.

 

Unter der Hand konnte man schon länger hören, dass die (erst im zweiten Anlauf erfolgreiche) Hochzeit der beiden internationalen Makler- und Pensions-Schwergewichte Aon und Willis Towers Watson in Deutschland nicht ohne weiteres über die Bühne gehen werde – für jeden auf dem Parkett keine Überraschung, für Kassandra schon gar nicht, die schon bei der Bekanntgabe der Elefantenhochzeit ihre kartellrechtliche Skepsis geunkt hatte.

 

Und so kam es nun auch: Gestern hat der hierzulande noch nicht aktive britische Pensionsberater Lane Clark & Peacock LLP (LCP) bekannt gegeben, dass er das bAV-Geschäft von Aon in Deutschland übernimmt und damit in den deutschen Markt eintritt.

 

Von Null auf Hundert

 

LCP, für sich in Anspruch nehmend, „die führende britische, selbstständige Beratungsgesellschaft für Pensionen, Versicherung und Technologie“ zu sein, hat den Angaben zufolge einen Vertrag unterschrieben, wonach er im Einzelnen das deutsche Pensionsberatungsgeschäft mit Versicherungsvermittlung, die Pensionsplanverwaltung und das Investment Consulting von Aon mit 350 Mitarbeitern an fünf Standorten übernimmt. Damit wird LCP, 70 Jahre alt, unabhängig und inhabergeführt, schlagartig einer der größten bAV-Dienstleister in Deutschland.

 

Derzeit unterhält LCP neben Großbritannien Sitze in Irland und den Niederlanden, operiert mit ca. 800 Leuten, bietet individuelle Beratung in den Bereichen Altersvorsorge, Investment, Versicherung, Energie sowie Technologie und Analytik, nennt Steuerungs- und Statusinformationen in Echtzeit als ein Steckenpferd und ist Mitglied der Multinational Group of Actuaries & Consultants (MGAC), einem internationalen Netzwerk von Pensionsberatern. Das Haus berät Klienten bei der Anlage von rund 300 Mrd. britischen Pfund (rund 350 Mrd. Euro) Pensionsvermögen. Zu den Kunden gehören neben fast der Hälfte der FTSE 100-Akteure auch zahlreiche Dax-Unternehmen, bezogen auf deren britischen Pensionspläne. 2020 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von ca. 126,5 Mio. GBP (ca. 145 Mio. Euro).

 

Einschränkung: Der Vollzug der Vereinbarung steht unter dem Vorbehalt der Genehmigung der globalen Fusion zwischen Aon und Willis Towers Watson und dem, so LCP, erfolgreichen Abschluss marktüblicher Vertragsbedingungen.

 

Ambitioniert

 

Aaron Punwani, LCP.

Wenig überraschend, dass LCP angesichts der Übernahme eines Akteurs wie Aon sich ambitionierte Ziele setzt:

 

LCP hat bereits Erfahrung mit der Beratung von deutschen Unternehmen hinsichtlich ihrer internationalen Versorgungslösungen“, sagt Aaron Punwani, CEO von LCP. „Der deutsche Beratungsmarkt für bAV ist der drittgrößte der Welt. Mit dem erfolgreichen Team von Aon, der internationalen Aufstellung von LCP und unserer technologischen Stärke können wir eine marktführende Position erreichen, die vergleichbar ist mit dem, was LCP in Großbritannien realisiert hat.“

 

Positiv ist man in London auch für das Zielland ingesamt gestimmt: „Der deutsche Markt für bAV bietet enormes Potenzial für Innovation und Wachstum, da viele Unternehmen ihre Versorgungsstrategie mit einem stärkeren Fokus auf kapitalgedeckte und versicherte Lösungen überdenken. Zudem suchen die Unternehmen die technologische Transformation, die LCP in den vergangenen Jahren für seine Kunden in Großbritannien und Irland geleistet hat,“ so Punwani weiter.

 

Manchmal geht man so ganz

 

LCP wird Aons Geschäft unter der eigenen Marke fortsetzen. Die bisherige Mutter muss sich also vom deutschen Aon-Pensionswesen komplett trennen. „Diese Vereinbarung setzt einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Genehmigung der Fusion mit Willis Towers Watson“ sagt Greg Case, CEO von Aon, „während der Zeit bei Aon hat unser deutsches Team einen bedeutsamen Beitrag zum Erfolg unserer Kunden geleistet. LCP pflegt eine Kultur von Kompetenz und Innovation, und wir sind davon überzeugt, dass sie eine großartige Zukunft mit LCP haben werden.“

 

Allerdings wird Mutter Aon ja nicht lange ohne Pensionswesen in Deutschland sein, im Gegenteil. Bleibt jedoch abzuwarten, unter welcher Marke der neue Player aus Aon und WTW international auftreten und damit auch, unter welcher Marke das starke deutsche Pensionsgeschäft der heutigen Willis Towers Watson operieren wird. Etwa unter Aon?

 

Fazit von LEITERbAV

 

Dass die US-Elefantenhochzeit aus Aon und WTW in Deutschland zur geschilderten Übernahme durch LCP und damit zur einem Markteintritt eines neuen Akteurs führt, ist für das deutsche Pensionswesen eine gute Nachricht.

 

Der deutsche Markt für das Investment sowie das Benefit Consulting und Aktuariatswesen, von standesgemäßer Kompetenz geprägt, hat in den letzten zwei Dekaden eine dermaßene Konzentration gezeigt, deren Genese nachzuzeichnen hier der Platz nicht reichte, maßgeblich getrieben durch die drei großen US-Akteure.

 

Insofern ein kleines Glück, dass nun nicht noch deren zweie ihre Marktmacht bündeln, da dies das gesamte deutsche Parkett (nicht zuletzt auch personalseitig) komplett durchgeschüttelt hätte, sondern ein neuer Spieler eintritt. Dass dieser aus einem äußerst reifen und anspruchsvollen Pensionsmarkt kommt, schadet dabei nicht, im Gegenteil, und dass er unabhängig, inhabergeführt, technologielastig und nicht-notiert ist, erst recht nicht. Mit ebensolchen Häusern hat Deutschland in der Vergangenheit und bis in die Gegenwart gute Erfahrungen gemacht, ob sie nun (mit unterschiedlichen Schwerpunkten) beispielsweise Lurse, Ries, RZP, Funk Vorsorgeberatung, Neuburger, Gassner, Kern Mauch, Karras, H2B, Mensch & Kuhnert oder Heubeck (auch wenn letzterer heute zur S-Pension gehört) und ganz jung auf dem Parkett ThurnesbAV heißen.

 

UPDATE 10.07 Uhr: Apropos inhabergeführt und unabhängig; hier ist ein erster Wermutstropfen in der Kommunikation zum geplanten Markteintritt zu verzeichnen. „Inhabergeführt und unabhängig“ ist in Großbritannien offenbar ein dehnbarer Begriff, denn LCP hat – wie LEITERbAV nach einem Hinweis aus dem Markt nachgeprüft hat – spätestens seit 2016 Private Equity Firmen als Gesellschafter, zunächst Inflexion, seit diesem Jahr Charterhouse, die mit immerhin 300 Mio. Sterling eingestiegen sind. Die Mehrheit soll aber immer noch bei den Eigentümern liegen.

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