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Absenkung der BBG ab 2022 – Willkommen im Dschungel (III):

„Keine Rechtsgrundlage, geringe Auswirkungen“

Die mahnenden Stimmen der Verbände sind nicht erhört worden, und wenn die Renten-BBG abgesenkt wird, wie das Gesetz es befiehlt, dann wird es für die bAV keine Ausnahmeregelung geben. Das ist nun amtlich. Michael Hoppstädter gibt ein kurzes Update.

 

Wie auf LEITERbAV schon im September berichtete, wird die in dem am 6. September 2021 veröffentlichten BMAS-Referentenentwurf vorgeschlagene Absenkung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) zur gesetzlichen Rente auch Auswirkungen auf die bAV haben, für Arbeitgeber wie für EbAV bzw. Versicherer.


Bekanntlich hatten
sich insb. der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und die Arbeitsgemeinschaft betriebliche Altersversorgung (aba) an BMF und BMAS gewandt und diese ersucht, um nicht zu sagen: aufgefordert, die Reduzierung der BBG nicht auf die bAV und hier insb. auf die steuerfreie Einzahlung nach § 3 Nr. 63 EStG durchschlagen zu lassen.

 

Mit Schreiben vom 21. Oktober, das der Redaktion vorliegt, hat das BMF nach Abstimmung mit dem BMAS nun aber mitgeteilt, dass diesem Wunsch / dieser Aufforderung nicht nachgekommen werden kann. Wörtlich heißt es vom BMF:

 

Detlev-Rohwedder-Haus in Berlin, Dienstsitz des BMF (Architekt Ernst Sagebiel).
Foto: BMF/Hendel.

 

Für eine Regelung, die für 2022 eine Bemessung des steuerfreien Höchstbetrags in § 3 Nummer 63 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung aufhebt, besteht keine Rechtsgrundlage. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig.“

 

Weiter heißt es:

 

Auch die geringen Auswirkungen auf die Arbeitnehmer bieten keinen Anlass, allein für die steuerlichen Regelungen kurzfristig gesetzgeberisch tätig zu werden.“


Kleine Folgen für Arbeitnehmer …

 

Michael Hoppstädter, Longial.

Wie oben erwähnt und verlinkt, landet die damit einhergehende Bürokratie zunächst bei Arbeitgebern und EbAV/Versicherern bzw. in deren Verwaltungssystemen. Hinzu kommt Kommunikations- und Abstimmungsaufwand, der dem Arbeitgeber in seiner Position zwischen Arbeitnehmern und EbAV/Versicherern entsteht. Für Arbeitnehmer in der Anwartschaftsphase sind die Folgen zunächst überschaubar:


Wie sehen die Auswirkungen für die Arbeitnehmer denn tatsächlich aus. Der Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG reduziert sich um 48 Euro im Jahr, 4 Euro pro Monat, die Befreiung von Sozialversicherungsbeiträgen um 24 Euro pro Jahr, 2 Euro pro Monat.


Alle Arbeitnehmer, die bislang den steuerfreien Rahmen in Höhe von 8% der BBG, für 2021 also 6.816 Euro p.a. / 568 Euro mtl., ausschöpfen, müssen entweder ihre Entgeltumwandlung reduzieren, um weiterhin vollkommen steuerfrei einzuzahlen, oder aber sie halten den Status quo bei und zahlen den bisherigen Beitrag einfach weiter. Die steuerliche Folge ist, dass 4 Euro mtl. nun nicht steuerfrei gestellt sind. Der Schaden beträgt über den „dicken Daumen“ max. 2 Euro mtl.. Verwaltungsaufwand entsteht dem Arbeitnehmer erst, wenn er als Rentner in der Leistungsphase seine Steuer erklären muss.


In der Sozialversicherung beträgt der „Schaden“ max. ca. 20% (sehr großzügig aufgerundeter ArbN-Anteil zur Sozialversicherung) von 2 E
uro mtl..


Was die Auswirkungen für die einzelnen Arbeitnehmer betrifft, ist der „Schaden“ also eher überschaubar, insbesondere, wenn man bedenkt, dass die Gruppe der Betroffenen doch eher klein sein wird und die Einzelnen wohl auch eher zu den sog. Besserverdienern zählen.


Der Schaden für die bAV – namentlich mit Blick auf die bAV-betreibenden Arbeitgeber, die
schon wegen der Umsetzung des komplexen 15%-Zuschusses gefordert sind und nun den Bestand der bAV erneut anfassen müssen – ist aber nicht so leicht zu bemessen. Denn die Währung hier ist eher „Vertrauen“, oder auch „einfach“ bzw. „unkompliziert“. Ob die Absenkung der BBG und ihre Folgen auf diese Währungen einzahlt, muss am Ende jeder Arbeitgeber für sich selbst entscheiden.


Der Autor ist
Geschäftsführer der Longial GmbH in Düsseldorf.


Von ihm
bzw. anderen Autorinnen und Autoren der Longial sind zwischenzeitlich auf LEITERbAV erschienen:

 

ChatGPT und die bAV:

Once upon a time in the future

von Mathias Nolle, 25. Mai 2023

 

Urteil zum Versorgungsausgleich:

Bis dass der Tod euch ausgleicht

von Vanessa Angel, 22. Februar 2023

 

Von der Ertragssteuerbilanz zum Erwerbsfolgegewinn:

bAV bitte nicht behindern!

von Michael Gerhard, 23. Mai 2022

 

BGH, GGF, Insolvenz und Pfändung:

Hätten Sie gewusst ...

von Vanessa Angel, 29. November 2021


Absenkung der BBG ab 2022 – Willkommen im Dschungel (III):

Keine Rechtsgrundlage, geringe Auswirkungen“

von Michael Hoppstädter, 26. Oktober 2021

 

Absenkung der BBG ab 2022 – Willkommen im Dschungel (II):

Kein Erfüllungsaufwand?

von Michael Hoppstädter, 14. Oktober 2021

 

Wertguthabenkonten bei Arbeitnehmer-Ehegatten im Fremdvergleich:

Chancen nur auf einer Seite?

von Michael Gerhard, 25. Mai 2021

 

Versorgungsausgleich:

BilMoG-Zins weiter verwendbar

von Vanessa Angel, 10. Mai 2016

 

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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