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Auslagerung von Pensionszusagen auf Pensionsfonds (II):

Kein Münchner Schub für das Outside Funding

Infolge der Trennung zwischen Past und Future Service wählen auslagerungswillige Unternehmen oft das Kombi-Modell. Allerdings war bis dato die genaue Abgrenzung strittig. Der XI. Senat des obersten deutschen Finanzgerichtes hat nun die Vorinstanzen kassiert und BMF und Finanzverwaltung bestätigt. Claudia Veh erläutert die Entscheidung.

 

 

Der BFH hat am 20.November 2019 in zwei Verfahren (XI R 52/17 und XI R 42/18) zur Auslagerung von Direktzusagen im sog. Kombi-Modell entschieden, dass die im BMF-Schreiben vom 10. Juli 2015 (IV C 6 – S 2144/07/10003) festgelegte Verfahrensweise rechtens ist.

 

Hintergrund

 

Bei der Auslagerung einer Pensionszusage eines aktiven Arbeitnehmers kommt bekanntlich die Auslagerung der Zusage über § 3 Nr. 66 EStG i.V.m. § 4e Abs. 3 EStG nur für den sog. Past Service, also die erdienten Anwartschaften in Betracht.

 

Von dem geleisteten Einmalbeitrag an den Pensionsfonds für die Übernahme des Past Service ist jedoch nur der Teil sofort betriebsausgabenwirksam, der der Höhe der aufgelösten Pensionsrückstellungen entspricht.

 

Der die aufgelöste Rückstellung übersteigende Betrag ist gem. § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG über die folgenden 10 Wirtschaftsjahre gleichmäßig als Betriebsausgaben zu verteilen.

 

Strittig war nun die Frage, in welcher Höhe die aufgelöste Pensionsrückstellung für die Höhe des sofortigen Betriebsausgabenabzugs anzusetzen ist:

 

Gemäß der Finanzverwaltung soll der sofortige Betriebsausgabenabzug nach § 4e Absatz 3 Satz 3 EStG nur möglich sein, soweit die Auflösung der Pensionsrückstellung auf der Übertragung des erdienten Teils beruht (vgl. o.g. BMF-Schreiben, Rz. 7 ff.). Dies ist immer dann relevant, wenn nicht nur der Past Service, sondern auch der Future Service ausgelagert wird, für den häufig die Unterstützungskasse gewählt wird (sog. Kombinations-Modell).

 

Es ist also gemäß BMF nicht die Höhe der insgesamt aufgelösten Pensionsrückstellungen für die Höhe des sofortigen Betriebsausgabenabzugs maßgeblich, sondern nur die – entsprechend dem erdienten Teil – ratierlich gekürzte aufgelöste Pensionsrückstellung.

 

Damit ist ein geringerer Teil des Beitrags sofort betriebsausgabenwirksam und ein höherer Teil über die folgenden zehn Wirtschaftsjahre gleichmäßig als Betriebsausgaben zu verteilen als wenn die insgesamt für Past- und Future-Service aufgelösten Pensionsrückstellungen für den sofortigen Betriebsausgabenabzug zugrunde gelegt werden würden.

 

Die andere Meinung

 

Zwei Finanzgericht hatten dies anders gesehen: das FG München mit Urteil vom 4. Oktober 2017 (6 K 3285/14) und das FG Hessen mit Urteil vom 7. November 2018 (4 K 2332/14).

 

Den Gerichten zufolge ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass man für die Höhe der sofortigen Betriebsausgaben an den Pensionsfonds die aufgelöste Rückstellung quotieren muss. Weiter ergebe das Teilwertverfahren des § 6a EStG zur Bewertung von Pensionsverpflichtungen für aktive Arbeitnehmer bereits eine Pensionsrückstellung, die nur auf den erdienten Teil entfällt. Der Unterschied kann durchaus substantiell sein.

 

Damit wurden die klagenden Unternehmen (zunächst) bestätigt, Leistungen an den Pensionsfonds im Wirtschaftsjahr der Übertragung in Höhe der insgesamt aufgelösten Rückstellung als Betriebsausgaben ansetzen zu können, nicht nur in Höhe eines Teils der Rückstellung. Doch die Finanzverwaltung ging in Revision.

 

Korrektur durch den BFH

 

In den beiden Revisionsverfahren, denen das BMF gem. § 122 Abs. 2 Satz 1 FGO beigetreten ist, und die durchaus mit Spannung erwartet wurden, konnte der XI. Senat des BFH den Finanzgerichten jedoch nicht folgen:

 

1.) Der Zweck des § 4e EStG verbietet es nach Wertung des BFH, auch die Auflösung von Pensionsrückstellungen in die Anwendung des § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG einzubeziehen, die nicht durch die Übertragung an einen Pensionsfonds veranlasst worden ist, die also beim sog. Kombi-Modell auf der Auslagerung des Future Service auf die Unterstützungskasse beruht.

Diese Auslagerung des Future Service auf die Unterstützungskasse wirkt regelmäßig für sich betrachtet gewinnerhöhend, da die erste Jahresprämie in aller Regel niedriger ist als der Auflösungsbetrag. § 4 e Abs. 3 Satz 1 EStG stellt jedoch allein auf die Auslagerung einer Zusage auf einen Pensionsfonds ab. Eine Neutralisierung der ergebniserhöhenden Auflösung der Pensionsrückstellung durch den Beitrag an den Pensionsfonds ist damit nur soweit gerechtfertigt, wie die Auflösung der Pensionsrückstellung auf der Übertragung der Zusage auf einen Pensionsfonds beruht.

 

2.) Der Teilwert nach § 6a EStG repräsentiert gemäß Sicht des BFH nicht nur den erdienten Teil der Anwartschaft.

Als Teilwert gilt unstrittig nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG bei einer arbeitgeberfinanzierten Zusage eines aktiven Arbeitnehmers der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres (sog. Leistungsbarwert) abzüglich des sich auf denselben Zeitpunkt ergebenden Barwerts der künftigen dem Betrage nach gleich bleibenden Jahresbeträge (sog. Prämienbarwert).

Hieraus kann man jedoch gem. BFH nicht ableiten, dass im Teilwert nach § 6a EStG nur Beträge enthalten sind, die auf den sog. Past Service entfallen. Das Teilwertverfahren unterscheidet nicht zwischen erdienter und noch zu erdienender Anwartschaft. Past- und Future-Service sind mithin unselbständiger Teil der einheitlichen Versorgungszusage.

 

Keine Neuberechnung der Pensionsrückstellung zum Übertragungstermin für Zwecke des § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG

 

Der Bundesfinanzhof in München.

Der BFH hat im Verfahren XI R 52/17 weiter bestätigt, dass für Zwecke des § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG die am vorangegangen Bilanzstichtag gebildete Pensionsrückstellung maßgebend ist und diese nicht auf den tatsächlichen Übertragungszeitpunkt neu zu berechnen ist (so auch BMF-Schreiben vom 10. Juli 2015, Rz. 6). Dies ist vor allem für Fälle relevant, in denen im Wirtschaftsjahr der Auslagerung die Zusage vor der Auslagerung erhöht oder vermindert worden ist. Derartige Veränderungen am Verpflichtungsumfang werden damit vollumfänglich über die 10-Jahres-Verteilungsregel abgebildet.



 

Offen: inner- oder außerbilanzielle Erfassung der Beträge aus der 10-Jahres-Verteilung

 

Mangels Entscheidungserheblichkeit konnte im Verfahren XI R 52/17 offen bleiben, ob die Hinzurechnung der dem Grunde nach sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben im Jahr der Übertragung und der Abzug des jeweiligen Zehntels in den folgenden zehn Jahren außerbilanziell zu erfolgen hat (so BMF im Schreiben vom 26. Oktober 2006, IV B 2 – S 2144 – 57/06, Rz.8) oder – wie im Streitfall verfahren wurde und gemeinhin als zulässig erachtet wird – alternativ ein steuerbilanzieller Rechnungsabgrenzungsposten, der über diesen Zeitraum aufzulösen ist, zulässig ist.

 

Ergebnis

 

Damit hat sich der BFH klar der Verfahrensweise der Finanzverwaltung angeschlossen, wonach bei der Auslagerung von Direktzusagen im sog. Kombi-Modell die an den Pensionsfonds zur Übernahme des Past Service zu entrichtenden Beiträge nach § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG als Betriebsausgaben nicht im Umfang der in der Steuerbilanz insgesamt aufzulösenden Pensionsrückstellung abgezogen werden können, sondern nur soweit die Auflösung der Rückstellung auf den bereits erdienten Teil der Anwartschaft entfällt.

 

In der Regel wird man wohl davon ausgehen können, dass Unternehmen den sofortigen Liquiditätsabfluss aufgrund einer Auslagerung auch möglichst weitgehend sofort betriebsausgabenwirksam in den Büchern haben wollen. Einen Schub für das Auslagerungsgeschäft liefert der BFH damit nicht.

 

Weitere Frage: einheitliches oder unterschiedliche Finanzierungsendalter bei mehreren Direktzusagen aus Entgeltumwandlung mit jeweils unterschiedlichem Pensionsalter?

 

Im Verfahren XI R 42/18 war neben der Auslagerungsthematik als weitere Frage strittig, welches Finanzierungsendalter der Bewertung von Pensionszusagen aus Entgeltumwandlung steuerbilanziell zugrunde zu legen ist, wenn einem Arbeitnehmer im Rahmen der Entgeltumwandlung mehrere Zusagen mit jeweils unterschiedlichen Pensionsaltern erteilt wurden.

 

Hier hat der BFH klargestellt, dass in diesen Fällen bei der Ermittlung der Pensionsrückstellungen das in den Zusagen jeweils festgelegte Pensionsalter als Finanzierungsendalter zugrunde zu legen ist.

 

Es ist also nicht auf das Endalter einer gleichzeitig bestehenden arbeitgeberfinanzierten Zusage abzustellen wie auch nicht einheitlich auf das Pensionsalter, das bei der ersten Entgeltumwandlung gewählt wurde. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, § 6 Abs. 1 Satz1 EStG) sowie daraus, dass bei mehreren Versorgungszusagen mit unterschiedlichen Pensionierungsaltern jeweils eigenständige Zusagen vorliegen, d.h. nicht von einer einheitlichen Versorgungszusage ausgegangen werden kann.

 

Claudia Veh, SLPM.

Die Autorin ist Aktuarin, IVS-geprüfte Sachverständige sowie Leiterin Beratung der SLPM Schweizer Leben PensionsManagement GmbH in München.

 

Von ihr ihr bzw. anderen Autorinnen und Autoren der Swiss Life Gruppe sind zwischenzeitlich bereits auf LEITERbAV erschienen:

 

Ein Praxisbeispiel:

Roche: zwischen Direktzusage und pure DC

von Sascha Beisheim et.al., 12. Oktober 2021

 

Pensionsfonds und CTA:

Bilanzentlastung!

von Marion Vintz und Peter Kaste, 8. September 2021

 

Handlungsvorschläge für institutionelle Multi Asset-Portfolios:

Gewinner mit kurzfristigem Rückschlagspotenzial

von Michael Haitz, 24. März 2021

 

Neue Impulse für institutionelle Immobilienportfolios in und nach der Pandemie:

Light Industrial

von Steffen Uttich, 4. November 2020

 

Infrastrukturanlagen im Rahmen von Pensionsvermögen:

Ein Bericht aus der Praxis

von Jens Veit und Christoph Manser, 2. September 2020

 

Aktienrisiken zwischen Minimum Volatility und Overlay:

Pensionsvermögen jetzt krisenfester positionieren

von Michael Haitz, 3. Juni 2020.

 

Eher Bilanzhelfer als Renditeturbo

von Hubertus Harenberg, 29. April 2020.

 

Auslagerung von Pensionszusagen auf Pensionsfonds (II):

Kein Münchner Schub für das Outside Funding

von Dr. Claudia Veh, 22. April 2020

 

PSV setzt BGH-Urteil um:

Weniger, genau oder mehr als 50%?

von Dr. Claudia Veh, 26. März 2020

 

6a mal anders (II):

Steuerschädlichkeit von Abfindungsklauseln in Pensionszusagen

von Dr. Claudia Veh, 11. November 2019

 

Auslagerung von Pensionszusagen auf Pensionsfonds:

Soweit so klar. Oder doch nicht?

von Dr. Claudia Veh, 7. August 2019

 

Von BFH, GGF, bAV und vGA:

Die Entkräftung der Indizwirkung

von Dr. Claudia Veh, 14. Mai 2019, in der Volume I der Tactical Advantage

 

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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