Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Kassandra

Unregelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV.

 

Heute: Reich und arm und Kosmetik.

 

 

Tagesschau.de (27. Januar): „Norwegens Staatsfonds verdient Milliarden.“

 

Die Überschrift der Tagesschau ist zurückhaltend formuliert. Der Artikel vermeldet dann, dass der Fonds im vergangenen Jahr einen Gewinn von 1,58 Billionen NOK, umgerechnet 158 Mrd. Euro, erzielte, entsprechend einer Rendite von 14,5 Prozent. Asset Inflation at its best. Und mit dem norwegischen Staatsfonds sehen wir ein Vehikel, bei dem (wie bei praktischen allen Vorsorgeeinrichtungen) man wenigstens konstatieren kann, dass auch diejenigen Schichten ein wenig von der globalen Asset Inflation profitieren, die normalerweise zu den Verlierern der ultralockeren Geldpolitik gehören. Immerhin.

 

Außerdem muss man die 158 Mrd. Euro quantitativ einordnen. Norwegen hat knapp 5,5 Mio. Einwohner, entsprechend ganz grob einem 15tel Deutschlands. 158 Mrd. x 15 = 2.370 Mrd. Euro. Um den gleichen Effekt wie Norwegen zu erzielen, müsste Deutschland also den sagenhaften Return von 2,37 Bio. Euro einfahren. In einem Jahr. Nur als Return aus einem Staatsfonds. Nicht gerade das, was man eine Kleinigkeit nennt. Und zeigt deutlich, in welche Richtung ein erfolgreiches Land gehen kann, wenn auch die Governance stimmt.

 

 

Die Welt (2. Februar): „Wie eine Armensteuer – so sehr spaltet Inflation die Gesellschaft.“

 

Von Reichtum (Norwegen) zu Armut (Deutschland): Prof. Thomas Straubhaar von der Uni Hamburg interpretiert die Inflation korrekt als eine Steuer, und zwar als eine, die vornehmlich die unteren Schichten trifft, während die Vermögenderen über die Asset Inflation tendenziell sogar noch profitieren (den Begriff „Cantillion-Effekt“ nutzt er zwar nicht, dieser trifft aber das Gesamtproblem in einem Wort). „Umverteilungspolitisch asozial“ nannte LEITERbAV das schon vor zig Jahren. Vor allem jedoch verspricht Straubhaar eine „überraschend einfache Lösung“ der Inflationsproblematik. Und die lautet wie?

 

Direkte staatliche Geldtransfers an alle in für alle gleicher Höhe sind das mächtigste Gegenmittel, um die soziale Unwucht einer Armensteuer zu neutralisieren.“

 

Da haben sich Generationen von Volkswirten die Köpfe zerbrochen über den Umgang mit der Inflation und auch mit ihren sozialpolitischen Folgen, doch, ach, so einfach ist das mit der „Lösung“? Ja, Symptomkosmetik ist natürlich immer die einfachste Lösung. Erst recht, wenn sie das Phänomen, das sie lindern soll, über Zweitrundeneffekte auch noch befeuert.

 

Manche kann man um ihre einfache Sicht auf die Dinge nur beneiden.

 

Prädikat: nicht hilfreich.

 

 

BR (2. Februar): „Heizkostenzuschuss für Geringverdiener, Studenten und Azubis.“

 

Nicht hilfreich, doch prompt am gleichen Tag umgesetzt. Wie bestellt die Meldung, dass der Staat nun zwar nicht allen, aber doch Geringverdienern mit neuen Geldgeschenken, eher: Almosen, über die Inflation hinweghelfen will.

 

Politisch ist das klug, und oberflächlich mag man das auch als kleine Sozialtat interpretieren. Die allerwenigsten der Empfänger dürften durchschauen, dass diejenigen, die ihnen nun die Brotkrumen hinwerfen, die gleichen sind, die für die Existenz der Inflationstreiber mindestens mittelbar maßgeblich mitverantwortlich sind. Wie schon bei den Pflegegutscheinen gilt: bis zur Bundestagswahl noch ein paar mal wiederholen, und der Dank der Wählerschaft dürfte gewiss sein.

 

Dass das Ganze die Inflation über Zweitrunden eher noch weiter befeuert – wen kümmert das schon?! Kassandra prognostiziert erneut:

 

Weiter so, und am Ende stehen Lebensmittelkarten.

 

 

DIA (28. Januar): „Energetische Sanierung bringt Risiken bei Verrentung.“

 

Asset Inflation zum Dritten. Die hier vom DIA angesprochene, regulatorisch induzierte Problematik bei der Verrentung von Eigenheimen zeigt, dass niemand sich bei der Inflation zu früh als Gewinner freuen sollte. Nicht minder wichtig ist nämlich eine verlässliche Governance.

 

Konkret zeigt das Beispiel der Sanierungsanforderungen nochmal eindrücklich, dass jeder, der nachhaltig investieren oder für das Alter vorsorgen will (und dazu kann man das Eigeheim wohl zählen), auf eine nicht minder nachhaltige, niedrig-volatile Governance und Rechtsstaatlichkeit angewiesen ist. Es zeigt damit auch, dass es für so manche derjenigen, welche infolge Immobilienbesitzes sich seit Jahren zu den Gewinnern der Asset Inflation zählten, ein böses Erwachen geben könnte – vor allem, weil mit kostspieligen Klima-Auflagen für Immobilien noch lange nicht Schluss sein dürfte.

 

Jedem muss klar sein: Nimmt eine Inflation Fahrt auf, dann gehören in the long run von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen irgendwann alle zu den Verlierern – mit Blick auf die politische Stabilität ohnehin, aber auch mit Blick auf anfangs inflationssicher scheinende Vorsorge. Nämlich dann, wenn der unter Druck geratene Staat mitten im Spiel die Regeln ändert. Einen Auftakt dazu haben wir gerade gesehen.

 

Übrigens geht es nicht nur um finanzielle und Vorsorge-Aspekte, sondern auch darum, wen eine solche Regulierung – ähnlich wie bspw. die nachgelagerte Besteuerung – so trifft. Das DIA schreibt:

 

Man stelle sich nur eine 82-jährige Witwe vor, die den Austausch der alten Heizungsanlage organisieren und finanzieren soll.“

 

 

HEUTE OFF TOPIC ONLY – TO WHOM IT MAY CONCERN:

 

Die Linke im Deutschen Bundestag (26. Januar, auf Youtube): „Überzeugen statt Erzwingen: Covid-19-Impfung muss eine freie Entscheidung bleiben!“

 

Die Rede eines MdB in der Impfpflichtdebatte, in der dieser eine ablehnende Position einnimmt und außerdem sehr Bedrückendes berichtet.

 

Kein Zusammenhang mit der bAV und daher hier unter OFF TOPIC laufend – dennoch auf LEITERbAV dokumentiert, denn der Redner ist ein alter Teilnehmer des Pensionsparkettes: Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Linken im Deutschen Bundestag.

 

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Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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