Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Kassandra

Unregelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV.

 

Heute: R2G statt GR2, BMF, BVerfG, EIOPA, OECD. Und am Ende: Intervallfasten mit LEITERbAV!

 

 

BVI (13. August): „Wahlprogrammcheck Altersvorsorge.“

 

Vergangene Woche hatte LEITERbAV über einen Art Wahl-O-Mat betreffend die Altersvorsorge berichtet, den das DIA entwickelt hat.

 

Hier nun eine Übersicht des BVI zu den Absichten der Parteien in Sachen Altersvorsorge. Für das Pensions-Parkett besonders interessant:

 

CDU/CSU und FDP wollen Selbstständige zur Vorsorge verpflichten und setzen auf Wahlfreiheit zwischen den Vorsorgearten. SPD und Grüne hingegen sehen eine verpflichtende Einbeziehung der Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung vor und lassen wenig bis gar keinen Spielraum für andere Vorsorgeformen.

 

Damit mehr Menschen betrieblich vorsorgen, stellen CDU/CSU, SPD und FDP Vorschläge zu einer stärkeren Verbreitung vor. So wollen CDU/CSU ein Konzept für Geringverdiener entwickeln sowie das Sozialpartnermodell evaluieren. Die FDP fordert breitere Anlageformen und höhere Aktienquoten, auch über das Sozialpartnermodell hinaus. Die SPD will mehr Verbreitung über tarifvertraglich vereinbarte kollektive Altersversorgungsformen erreichen.“

 

Prägnant vor allem:

 

Die Grünen planen, die betriebliche und die geförderte private Altersvorsorge in einen öffentlich verwalteten Staatsfonds zu überführen, den sie ‚Bürgerfonds‘ nennen.“

 

Kassandra hat schon seit Jahren und vielfach geunkt, zuletzt hier vor drei Monaten, dass bei einer rot-rot-grünen Bundesregierung nach der dann absehbaren Abschaffung der PKV und der Überführung ihrer Altersrückstellungen in eine gesetzliche „Bürgerversicherung“ der bAV mittelfristig ähnliches drohen könnte (wenn vielleicht auch nicht in dieser Schärfe wie der PKV) und dass es sich dabei keineswegs um Schwarzmalerei handelt. Das, was der BVI hier aus dem Wahlprogramm der Grünen extrahiert hat, passt jedenfalls zu den Unkenrufen.

 

Erschien das Szenario von R2G noch vor einigen Wochen obsolet, ist steht es dieser Tage durch den jüngsten, für Kassandra überraschenden Höhenflug der SPD wieder auf der Tagesordnung – ungeachtet der ebenso überraschenden Schwäche der Grünen (was auch heißt, dass man statt von GR2 auf einmal wieder vom althergebrachten R2G sprechen muss). Und nochmal sei wiederholt: Man mache sich keine Illusionen: Sollte es eine rechnerische Mehrheit für R2G geben, dann wird diese Konstellation – völlig egal, welche anderen Koalitionen für SPD oder Grüne möglich wären – auch Regierungsrealität werden!

 

 

pro contra online (19. August): Hochwasser – Wie sich die Assekuranz für den Wiederaufbau engagiert.“

 

LEITERbAV hatte bereits auf das Projekt des Campus Instituts verwiesen. Hier nun weitere Details von Autor Detlef Pohl in der pro contra.

 

 

BMF (12. August): BMF-Schreiben zur steuerlichen Förderung der bAV.“

 

Das neue Schreiben ersetzt die Schreiben vom 6. Dezember 2017 und 8. August 2019. Es ist, so das BMF, in allen offenen Fällen anzuwenden. Mehr dazu beizeiten auf LbAV.

 

 

Bundesverfassungsgericht (8. Juli): „Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig.“

 

Die Regierungskoalition hatte es gleich zweimal (s. hier und hier) abgelehnt, das Problem der Nachzahlungszinsen anzufassen, nun wird sie von Karlsruhe dazu gezwungen.

 

Auch LbAV hatte vor gut drei Jahren darüber berichtet, dass der Münchner BFH Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen von 6% für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 angemeldet hat – und die Redaktion hat schon damals umgehend Parallelen zu dem Paragrafen 6a EStG gezogen, der Arbeitgeber in der bAV schon lange pressiert und bekanntlich ebenfalls beizeiten Gegenstand eines ähnlich gelagerten Verfahrens sein wird.

 

Interessant einige Statements des Gerichts: Der Gesetzgeber dürfe …

 

… keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss bei seiner Maßstabsbildung realitätsgerecht den typischen Fall zugrunde legen. Da der Gesetzgeber die Höhe des gewählten Zinses zu keiner Zeit ausdrücklich begründet hat, ist eine Gesamtschau der erkennbaren Motive und Erwägungen erforderlich, um die zumindest vermutlich leitenden Kriterien bei der Bemessung des Zinssatzes zu bestimmen.

[…]

Im Blick hatte der Gesetzgeber offenbar weiterhin den Marktzins und einen Gleichlauf der Höhe von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen.

[…]

Der Zinssatz entsprach mit jährlichen Zinsen von 6 % in etwa den insoweit maßstabsrelevanten Verhältnissen am Geld- und Kapitalmarkt.

[…]

Der typisierte Zinssatz von jährlich 6% erweist sich daher unter den nach Ausbruch der Finanzkrise veränderten tatsächlichen Bedingungen spätestens seit dem Jahr 2014 als evident realitätsfern.[…]

 

Dass der Bundesregierung auch in dem Verfahren um den 6a das Handeln befohlen werden wird, das ist nun etwas wahrscheinlicher geworden – und wäre ein Segen für die deutsche bAV.

 

 

EIOPA (11. August): „EIOPA publishes quarterly set of occupational pensions statistics for Q1 2021.“

 

Ergebnisse der seinerzeit mit viel TamTam eingeführte Datenerfassung der EIOPA (teils parallel zu der der EZB, zu den nationalen Aufsichten ohnehin). Nett anzugucken und durchzuzappen sind die Ergebnisse. Ob es mehr als Spielerei ist und den Aufwand lohnt für die Sozialeinrichtungen – deren Energie auf der Erzielung auskömmlicher Renten für die Berechtigten fokussiert sein sollte – das sei dahingestellt.

 

 

OECD (9. Juni): „Pension fund assets rose in 2020 despite the shock of COVID-19.“

 

Nochmal große Zahlen: LEITERbAV berichtet regelmäßig über Studien, welche die Größenordnungen des Pensionswesens zu erfassen suchen – mit der grundsätzlichen Quintessenz, dass diese wenig überraschend umso mehr unter Abgrenzungsschwierigkeiten leiden, je mehr sie ihr geographisches Erkenntnisinteresse ausgedehnt haben.

 

Unter diesem Gesichtspunkt hat LbAV schon die Aussagekraft früherer OECD-Studien (s. hier und hier), aber auch die anderer Akteure deutlich infrage gestellt. Für Deutschland und Europa sind die Auswertungen der großen Berater sowie der deutschen und europäischen Verbände oder des BMAS sicher verlässlicher – und wohl auch grundsätzlich brauchbarer. Wen interessiert schon die ganze Welt? Und dass in allen denkbaren Pensionsvehikeln aller Herren Länder rund um den Globus, die unterschiedlicher nicht sein könnten und sich kaum systematisch abgrenzen lassen, einige Dutzend Billionen USD verwaltet werden, das weiss man auch so.

 

Hier nun also wieder mal neueste OECD-Zahlen, die erneut nicht weniger als die Pensions des ganzen Planeten erfassen wollen. Aufgrund der geschildertem Limitiertheit dieser allumfassenden Studien verzichtet LbAV darauf, solche Studien noch en detail zu analysieren und zu covern. Gleichwohl hier eine der Kernaussagen des aktuellen OECD-Reports:

 

Preliminary data for 2020 show that pension funds held over USD 35 trillion of assets worldwide at end-2020.“

 

Nur zum Vergleich: Für 2016 nannte die OECD die Größenordnung von 38 Bio. USD, für Ende 2018 gute 44 Bio. USD.

 

Nun also nur noch 35 Bio USD. Wie gesagt, wohl alles in erster Line eine Frage der – ohnehin nicht systematisch möglichen – Abgrenzung. Damit gehe um, wer will. Daraus ziehe Nutzen, wer will.

 

Zum Schluss in eigener Sache und endlich eine gute Nachricht: Intervallfasten mit LEITERbAV!

 

Zur Information der Leserschaft: In der kommenden Woche wird LEITERbAV eine einwöchige Sommerpause unternehmen und erst ab der KW 35 wieder erscheinen.

 

Kassandra bei der Arbeit.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.