Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Kassandra

Regelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Psychotisch und erratisch.

 

 

 

PensionsEurope (3.3.20): „PensionsEurope answer to EIOPA’s consultation on PEPP level-2 measures.“

 

 

Sven Giegold MdEP (3.3.20): „Finanzlobby versucht den PEPP-Gebührendeckel zu verwässern.“

 

Jüngst endete die Konsultationsphase für den Vorschlag der EIOPA zur Umsetzung eines Gebührendeckels für das EU-weite private Altersvorsorgeprodukt PEPP. Die Behörde hatte vorgeschlagen, alle Kosten und Gebühren auf 1% zu begrenzen, abgesehen von Kosten im Zusammenhang mit Garantien. Diesbezügliches Zitat aus der Pressemitteilung der PensionsEurope:

 

PensionsEurope suggests to EIOPA not to add unnecessary complexities in regulating the technical details of PEPPs and not to exceed the mandate provided by the PEPP Regulation.

[…]

PensionsEurope believes that a key factor in determining the attractiveness of the PEPP for savers and providers will be the rules specifying the scope of the 1% fee cap for the Basic PEPP. While highlighting our full support to total transparency in the disclosure of all direct and indirect costs, we are concerned that the all-inclusive approach suggested by EIOPA will act as a barrier to the development and market uptake of PEPP across the EU, and we do see concrete risks of rendering PEPP not economically viable for providers and of hindering the quality of the product. At this state in the development of the PEPP, we recommend that the costs related to the mandatory personal advice are separately disclosed in the breakdown of costs and not included in the fee cap.“

 

EFAMA und Insurance Europe äußerten sich ähnlich.

 

Der grüne MdEP Sven Giegold erklärte dazu:

 

Der Widerstand der Industrie gegen den PEPP-Gebührendeckel zeigt ihre mangelnde Bereitschaft, wirklich verbraucherfreundliche Sparprodukte anzubieten. Exorbitante Gebühren und Entgelte der Finanzunternehmen verhindern oft, dass Sparer eine faire Rendite für ein gutes Leben im Ruhestand erhalten. Der Ausschluss von Gebühren für Beratung aus dem Gebührendeckel würde für PEPP-Anbietern die falschen Anreize setzen. Es ist höchste Zeit, dass die Versicherungs- und Fondsbranche wirklich vorteilhafte Sparprodukte zu niedrigen Kosten anbietet.“

 

Die einen sagen so, die anderen sagen so. Kassandras Haltung ist klar: Europa und Deutschland brauchen kein PEPP. Nötig ist vielmehr eine kluge Regulierung und eine kluge Geldpolitik, die in der zweiten Säule unternehmenseigene bAV fördert, statt ständig neue Strukturen aufzusetzen. Dass selbst große Konzerne in Deutschland die Lust an unternehmenseigenen bAV zu verlieren scheinen, spricht eine beredte Sprache.

 

 

Die Welt (3. März): „‘Die Fed drückt den Panik-Knopf‘.“

 

Die FED hat für ihre plötzliche Zinssenkung in vielen Kommentaren von Analysten und Journalisten Kritik erfahren – zu Recht. Dazu gehört auch die Begründung ihrer Maßnahme, welche die Welt zitiert:

 

Das Coronavirus bringt für die ökonomische Aktivität zunehmende Risiken mit sich.“

 

Das ist – um im US-Jargon zu bleiben – Bullshit. Eine billige, faule Ausrede, wie man sie eher von Mario Draghi gewohnt war. Als ob die US-Realwirtschaft unter zu hoher Zinslast leide. Eher ist das Gegenteil richtig. Wie es in dem Artikel analog angesprochen wird: Es geht allein um die Finanzmärkte, ergo diese bei jeder kleinen Irritation weiter mit dem Stoff zu versorgen, von denen man sie längst abhängig gemacht hat – dem billigen Geld. Dass zumindest an dem vergangenen Donnerstag die Kapitalmärkte anders als erwartet reagiert haben, kann man dabei unter Psychosen von Junkies abbuchen.

 

In dem sachkundigen Beitrag kritisieren die beiden Welt-Autoren die BoJ, da bei dieser infolge der schon viel länger andauernden Niedrigzinspolitik die Handlungsspielräume viel geringer seien als bei der FED. „Japan hat Pulver verschossen“ übertiteln sie ihre Grafik.

 

Doch hier irren die Autoren nach Meinung Kassandras. Denn abseits aller grundsätzlichen Kritik an der Politik des niedrigen Geldes: Innerhalb dieses ordnungspolitischen Wahnsinns dieser Geldpolitik verhält sich die BoJ zielführender, weil sie so operiert, dass sie wenigstens in irgendeiner Form eine Exit-Strategie hat.

 

Wenn eine Notenbank ihr Pulver verschossen hat, dann ist es die EZB, nicht aber die BoJ. Dies Japaner haben nämlich anders als die EZB nicht nur v.a. Sovereigns gekauft, sondern nach Überschlag von LEITERbAV auch für umgerechnet ca. 300 Mrd. Euro Aktien gekauft, also echte Real Assets. Mit diesen Real Assets aber kann sie das zum Kauf gedruckte Zentralbankgeld jederzeit (wenn auch sukzessive) wieder vom Markt nehmen – und dann erneut einsetzen. Hinzu tritt, dass sie QE schon viel länger betreibt, den japanischen Staat damit weitgehend entschuldet hat (QE-Sovereigns werden schließlich nie bedient werden) und anders als die EZB nicht zig grundverschiedenen Volkswirtschaften und damit entsprechend vielen politischen Interessen genügen muss. Damit steht die BoJ strategisch und geldpolitisch flexibler da als die EZB.

 

Und die Märkte, wie gehen die mit der Lage um? In einer Welt, in der die meisten Notenbanken ihr Pulver in der Tat verschossen haben und in der vor allem die geopolitischen Zutaten einer großen Krise (insb. ein möglicher Krieg zwischen der Türkei und Russland schlüge hier ins Kontor) in aller Reichlichkeit vorhanden sind und eine ordentliche Pandemie obendrauf gerade recht käme? Wie schon angemerkt: Psychotisch und erratisch. Die New Yorker Börsen stürzten nach der FED-Zinssenkung ab, die europäischen legten dagegen ordentlich zu, dann zogen die US-Börsen am Folgetag wieder nach, und gestern knickten beide wieder kräftig ein. Hohe und unkalkulierbare Vola also. Diese war in der Vergangenheit nicht selten Vorbote großer Rückgänge. Muss diesmal nicht sein, im Gegenteil sind Aktien ja ein Must have, kann aber durchaus …

 

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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