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Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Kassandra

 

Regelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Endspiel in Bonn, die x-te… und viel mehr…

 

 

FinanzNachrichten.de (13. Februar): „DGAP-Adhoc: Deutsche Steuerberater-Versicherung, Pensionskasse des steuerberatenden Berufs VVaG: Widerruf der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb durch die BaFin.“

 

Das kam mit Ansage: Die BaFin hat der Deutschen Steuerberater-Versicherung, Pensionskasse des steuerberatenden Berufs VVaG wie zu erwarten war nun mit Bescheid vom 6. Februar gem. § 135 Abs. 2 VAG die Genehmigung des vorgelegten Finanzierungsplans verweigert und in der Folge die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb gem. § 234f Abs. 4 S. 2, 1.Fall VAG widerrufen.

 

Wie üblich, erfährt die Öffentlichkeit auch diesen Zwischenschritt in der Agonie der Bonner Kasse praktisch nur, weil die Kasse infolge der Ausgabe notierter Nachrangdarlehen der AdHoc-Publizität unterliegt.

 

In ihrer AdHoc von gestern teilt die Kasse weiter mit, dass die Anstalt, anders als zunächst angekündigt, die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides nach § 80 Abs. 2 S.1 Nr. 4 VwGO nicht angeordnet. Der Bescheid ist außerdem noch nicht bestandskräftig, die Kasse will nun rechtliche Schritte gegen diese Anordnungen der BaFin prüfen. Welchen Sinn das haben soll, lässt sie allerdings offen.

 

Hintergrund: Nach § 304 I Nr. 2 VAG ist die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb dann zu widerrufen, wenn der Versicherer die Mindestkapitalanforderung nicht erfüllt und die Aufsicht der Auffassung ist, dass der vorgelegte Plan offensichtlich unzureichend ist oder es dem Versicherer nicht gelingt, innerhalb besagter drei Monate nach Feststellung der Nichtbedeckung der Mindestkapitalanforderung den genehmigten Finanzierungsplan zu erfüllen.

 

Zur Erinnerung: Die BaFin hatte der Kasse bereits am 17. Oktober angekündigt, dass sie beabsichtigt, den vorgelegten Finanzierungsplan zu verweigern und infolgedessen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb gemäß § 304 Abs. 1 Nr. 2 1. Fall VAG zu widerrufen. Die Kasse selbst hatte dies in einer Ad-hoc-Mitteilung im November publiziert und ergänzt, dass man hierzu im Rahmen des Anhörungsverfahrens am 4. November fristgerecht Stellung genommen habe, eine Entscheidung der BaFin aber ausstehe.

 

Schon mit Bescheid vom 1. Oktober 2019 hatte die BaFin der Kasse infolge Nichtbedeckung der Solva das Neugeschäft untersagt (bestandskräftig 11. November 2019).

 

Großen Unterschied gibt es zwischen beiden Maßnamen nicht. Anders als der regelmäßig terminale Widerruf der Erlaubnis ist das Verbot des Neugeschäfts eine grundsätzliche reversible Maßnahme, die in der Kaskade der Agonie vor dem Widerruf der Erlaubnis stattfindet. Faktisch bedeutet im Bereich bAV/Rente/Leben aber beides den Run off (anders als in der Sachversicherung, wo bei Widerruf der Erlaubnis direkt gekündigt wird). Allerdings hat eine eventuelle Wiedererfüllung der Solva nun keine Priorität mehr im Aufsichtshandeln.

 

Übrigens teilt die Kasse in ihrer AdHoc weiterhin mit, dass gemäß ihrer Anleihebedingungen die Inhaberschuldverschreibungen u.a. im Falle der Auflösung oder Liquidation „nicht nachrangigen“ Ansprüchen aller anderen Gläubiger im Rang nachstehen (sic. exakter wäre hier wohl „nicht-nachrangigen“) Zahlungen auf die Schuldverschreibungen dürfen daher erst erfolgen, wenn alle Ansprüche anderer Gläubiger – einschließlich der Versicherungsnehmer – aus nicht nachrangigen Verbindlichkeiten vollständig befriedigt sind. Zahlungen an die Anleihegläubiger dürfen daher erst nach Abwicklung sämtlicher bestehender Versicherungsverträge erfolgen. Das ist übrigens eben die Haftungs-Kaskade, welche die Bafin künftig im Markt zementiert sehen will.

 

 

 

Private Banking Magazin (13. Februar): „Willis Towers Watson übernimmt Pensionsfonds von MAN.“

 

Da hat aber jemand Appetit. Nachdem der Pensionsfonds von Willis Towers Watson jüngst erst Teile des RWE-Vehikels übernommen hat, verleibt man sich nun den Bestand des MAN-Pensionsfonds ein.

 

Einzelheiten zu dem Deal finden sich in dem verlinkten Beitrag des Private Banking Magazins.

 

 

 

FAZ (6. Februar): „Dänemarks ATP glänzt mit 40 Prozent Rendite.“

 

40 Prozent Jahresrendite im Staatsfonds? Wow. Aber bevor jetzt alle nach dem hessisch gesteuerten Staatsfonds zur Rettung des deutsche Rentners rufen, erst mal einordnen:

 

Erstens zu dem Ergebnis des ATP an sich. In de FAZ-Artikel heißt es:

 

Zu dem Rekordgewinn trugen insbesondere Staats- und Hypothekenanleihen mit 12,7 Milliarden Dänischen Kronen bei.“

 

Staats- und Hypothekenanleihen? Da dürfte der Return wohl kaum Zinsertrag aus dem Kupon sein, sondern eher aus der Performance stammen – vermutlich dergestalt, dass der Fonds vor einiger Zeit Zinspapiere (darunter offenbar auch massiv deutsche, wie die Welt hier berichtet) gekauft hat, die bei dem sich über die Maßen fortsetzenden Zinsverfall entsprechend entwickelt haben. Das dies nicht immer so weiter gehen kann und wird, dürfte offenkundig sein – was nicht heißen soll, dass das dänische Fondsmanagement nicht auch künftig gute Ideen haben könnte.

 

Und zweitens zu einer Übertragbarkeit auf Deutschland:

 

Ähnlich wie Briten und Holländer sind auch die Skandinavier in der Altersvorsorge mental in der Lage, Schwankungen und auch schwere Verluste hinzunehmen – was sie erst zu einem renditorientierten Investieren in die Lage versetzt. Sie kennen es schlicht nicht anders. In den Jahren und Jahrzehnten vor 2007 war es Ansichtssache, ob die „langweilige“, aber stetige und verlässliche Art der zinsbasierten deutschen Vorsorgeanlage oder das hochvolatile aggressivere Vorgehen unserer westlichen und nördlichen Nachbarn zielführender sei. Über die Jahre dürfte sich das die Waage gehalten haben.

 

Das ist in der Welt der andauernden Niedrigzinsen, in denen es nur noch zinsloses Risiko gibt, anders. Garantien, einfaches Fixed Income und enge Anlagevorschriften sowie eine Extremallergie gegen alles, was in der Rente nach Schwankung aussieht, haben weder Gegenwart noch Zukunft – und hier zeigt Kassandra nicht auf Investoren und bAV-Einrichtungen, sondern auf die Masse der Deutschen an sich. Auch über zehn Jahre nach Manifestation des Niedrigzinses lassen sich immer noch ohne weiteres eindeutige Umfragen finden, in denen die hiesigen Menschen ihre Vorlieben für Garantien betonen – wohl ohne sich bewusst zu sein, was das in diesen Jahren und vermutlich kommenden Jahrzehnten für Folgen haben wird.

 

Diese Mentalität, woher sie auch immer kommen mag, wird sich nicht von heute auf morgen in Luft auflösen. Wie vor diesem Hintergrund ein deutsch-hessischer Staatsfonds mit weitestgehender Anlagefreiheit Akzeptanz finden soll, erscheint schleierhaft. Vermutlich würde der anfängliche Grundgedanke der Anlagefreiheit im Zuge des politischen Diskurses und des Gesetzgebungsverfahren sukzessive durch immer mehr Ausnahmen und Vorschriften soweit verwässert, dass am Ende wieder die (zuweilen typisch deutsche) politische Totgeburt stünde.

 

 

 

MetallRente (4. Februar): „2019 war das erfolgreichste Jahr der bisherigen Entwicklung.“

 

Hier ein Beispiel, dass es auch ohne Staat geht. Kassandra ist – Nomen es Omen – mit Blick auf die strategische Großlage der bAV pessimistisch gestimmt: Niedrigzins ohne Exit-Strategie, garantieverrückte und verunsicherte Arbeitnehmer (v.a. bezüglich Währung und Rendite), bürokratie-, gesetzgebungs- und regulierungsmüde Arbeitgeber. Dies wurde hier erst kürzlich anlässlich des GDV-Vorstoßes zu 80%-BZML betont.

 

Jedoch die jüngsten Zahlen der MetallRente könnten Kassandra Lügen strafen: 86.000 neue Altersvorsorgeverträge im Jahr 2019! Läuft doch.

 

Und kann vor allem eines zeigen: Wenn bAV funktioniert, dann am ehesten – keine Überraschung – im Bereich der Tarifparteien. Und da gehört sie ja auch hin.

 

 

 

Fidelity (13. Februar): „Analystenumfrage: 2020 markiert Zeitenwende für Nachhaltigkeit.“

 

ESG und kein Entrinnen: Das Jahr 2020 wird zum „Point of no Return“ in Sachen Nachhaltigkeit. So bewerten die Analysten von Fidelity International in ihrer jährlichen Analystenumfrage die Lage.

 

Die zweifelsohne vorliegende Notwendigkeit zum Handeln, der Druck der öffentlichen Meinung, die vielschichtige Regulierung – und wie hier von der Fidelity ermittelt auch die Erwartungserhaltung der Akteure selbst, so dass noch der Effekt der Self fulfilling Prophecy hinzu tritt – bei so viel Prozyklik der Entwicklung bleibt wohl gar kein Raum mehr für Antizykliker (außer für Masochisten).

 

Die nächste Tactical Advantage wird sich ausgiebig mit dem herausfordernden Themenkomplex ESG für Investoren und Akteure befassen.

Kassandra bei der Arbeit.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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