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Hin und Her beim 253er HGB:

Nun doch zwölf Jahre?

 

Nachdem die Bundesregierung sich auf eine Verlängerung des Zeitraums zur Ermittlung des Durchschnittszinssatzes für Pensionsrückstellungen auf zehn Jahre durchgerungen hatte, scheinen überraschend nun zwölf Jahre zumindest für Christdemokraten die bessere Wahl zu sein. LbAV-Autor Manfred Brüss hat sich umgehört.

 

 

LEITERbAV hatte berichtet: Ende Januar hatte das Bundeskabinett den Änderungsvorschlag zum Regierungsentwurf zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie beschlossen, nachdem eine Verlängerung des Zeitraumes der Durchschnittsbildung nach § 253 HGB auf zehn Jahre erfolgen soll.

 

Die Regelung soll für Geschäftsjahre gelten, die nach dem 31. Dezember 2015 enden, darf aber rückwirkend angewendet werden. Sie steht damit wahlweise auch für Abschlüsse für das Geschäftsjahr 2015 offen.

 

Nun jedoch überraschend eine neue Entwicklung: Wie aus Kreisen der Unions-Fraktion im Bundestag verlautete, plädieren die Christdemokraten nun doch für eine Ausweitung des Berechnungszeitraum auf zwölf Jahre. Für eine solche Kompromisslösung gebe es auch grünes Licht aus dem zuständigen Bundesministerium der Finanzen (BMF), hieß es weiter. Man hoffe auf ein Einlenken der SPD.

 

Die Entscheidung über die Neubestimmung des nach HGB zu bildenden Abzinsungszinssatzes für Pensionsrückstellungen dürfte gestern am späten Abend gefallen sein. Nach einer Anhörung im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz wollten sich die Berichterstatter der Koalitionsfraktionen zur Kompromissfindung zusammensetzen. LEITERbAV wird weiter berichten.

 

Klare Position hatte das BMF allerdings wohl bei Forderungen nach Erleichterungen auf der steuerlichen Seite bezogen. Eine Absenkung des unrealistisch hohen Zinssatzes von sechs Prozent in der Steuerbilanz lehnt das Ministerium ab (obwohl es einst zumindest die Prüfung desselben zugesagt hatte). Die Folge ist allerdings die Besteuerung von Scheingewinnen.

 

 

Nonchalantes Timing der Bundesregierung

 

Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass der Bundestag schon im Juni 2015 im Rahmen der Verabschiedung des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRUG) einen Entschließungsantrag beschlossen hatte, der die Bundesregierung aufgefordert hat, „kurzfristig“ bei den wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase steigenden Pensionsrückstellungen zu handeln und den Durchschnittszeitraum auf zwölf Jahre auszudehnen. Aus dem „kurzfristig ist jedenfalls schon mal nichts geworden, soviel steht fest.

 

Der Bundesrat wiederum hatte dann im September 2015 eine Ausdehnung des Zeitraums auf 15 Jahre und den Verzicht auf eine Ausschüttungssperre gefordert.

 

Übrigens hatte Mercers Chefaktuar Thomas Hagemann die Bundesregierung schon damals angesichts der Arbeit an den Jahresabschlüssen zur Eile gemahnt – eine Eile, die die nonchalante Bundesregierung offenbar nicht hat, was die betroffenen Unternehmen nun wohl schmerzlich zu spüren bekommen werden.

 

 

aba: für 15-jährigen Betrachtungszeitraum, gegen Ausschüttungssperre

 

Auch die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) versuchte jüngst nochmals in einem Schreiben an den Bundestagsausschuss, die Abgeordneten für einen Betrachtungszeitraum von 15 Jahren zu gewinnen.

 

In dem Schreiben der Arbeitsgemeinschaft (die zur gestrigen Anhörung, bei der es aber auch in erster Linie um die Umsetzung der europäischen Vorgaben in der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie ging, nicht geladen worden war) heißt es auch unter Hinweis auf ein früheres Thesenpapier:

 

1. Als Fachverband für bAV begrüßen wir die mit dem Gesetzentwurf vorgeschlagene Verstetigung des handelsrechtlichen Rechnungszinses für die Abzinsung von Altersversorgungsverpflichtungen als einen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings wäre eine weitergehende Verlängerung des Zeitraums der Zinsdurchschnittsbildung auf 15 Jahre aus unserer Sicht sachlich angemessen sowie wirtschaftlich sinnvoll und wird von uns ausdrücklich empfohlen.

 

2. Da die Verlängerung des Durchschnittszeitraums zur Ermittlung des Rechnungszinses sachgerecht ist, besteht nach unserer Überzeugung kein Bedarf für eine dauerhafte Ausschüttungssperre.

 

3. Die derzeit vorgesehene Übergangsregelung für die erstmalige Anwendung reicht für die Praxis nicht aus.

 

4. In den derzeitigen Regelungen des § 253 HGB werden 'Altersversorgungsverpflichtungen' und vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen – ebenso wie in § 246 HGB – gleichgesetzt. Dies sollte auch für die Festlegung des Durchschnittszeitraums in dem geänderten Satz in § 253 HGB gelten.“

 

In der Anhörung plädierte auch das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) für eine Erweiterung des Betrachtungszeitraums. Der Rechnungszins sollte aus dem Durchschnitt der vergangenen 15 Jahre ermittelt werden; dieser Zeitraum entspräche auch der durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit der aktiven Mitarbeiter. „In dieser Zeit haben die Mitarbeiter die Pensionsansprüche, die sie den Unternehmen bis zur Rentenzahlung stunden, erdient“, heißt es in der IDW-Stellungnahme.

 

 

Ausschüttungssperre wird wohl kommen

 

Sollte die SPD bei der Kompromissfindung einer Ausweitung des Betrachtungszeitraumes zustimmen, dann dürfte sie allerdings auf die Beibehaltung der Ausschüttungssperre, die die Union nicht unbedingt für erforderlich hält, drängen. Der zuständige SPD-Berichterstatter wollte sich gestern kurz vor der Anhörung auch auf schriftliche Nachfrage nicht äußern.

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