Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

13. IVS-Forum:

„Grundsätzliche Machbarkeit steht außer Frage“

Nicht zuletzt für die Aktuare der bAV-Einrichtungen nimmt die Regulierungsdichte in vielfältiger Weise zu – ORA, VMF, sAVI, MaGo, VAG-InfoV – davon zeugen schon allen die gängigen Abkürzungen. Neulich traf man sich in Köln, und zu besprechen gab es genug.

 

Nach dem Powertag zum Sozialpartnermodell, der aba-Pensionskassentagung und der aba-Aufsichtsrechttagung, der Villa Mumm Konferenz, Herbsttagung der Pensions-Akademie sowie der Jahreskonferenz der BaFin geht es heute weiter auf LEITERbAV mit der Berichterstattung zu einigen der vielen Herbsttagungen zum Pensionswesen.

 

Heute: das 13. IVS-Forum, das am 25. September in Köln stattgefunden hat – angesichts der hohen Dichte der Informationen und zur besseren Lesbarkeit im Indikativ der Referenten und im schnellen Stakkato-Stil.

 

Begrüßung

 

Friedemann Lucius, Vorstandsvorsitzender des IVS:

 

Friedemann Lucius…

+++ IVS-Forum jährliches Spitzentreffen der 840 Pensions-Aktuare in Deutschland +++ Aktuare müssen sich zunehmend mit neuen Aufsichtsvorgaben für EbAV auseinandersetzen +++ EbAV müssen deutlich höhere Anforderungen im Risikomanagement und Geschäftsorganisation erfüllen, stellt auch die Aktuare vor neue Herausforderungen +++ Zudem ist neu eingeführte Versicherungsmathematische Funktion (VMF) mit Leben zu füllen und klare Abgrenzungen zwischen den Aufgaben der Verantwortlichen Aktuare und der VMF sowie anderen Schlüsselfunktionen zu definieren +++ Aktuare erwarten in kommenden Monaten weitere BaFin-Rundschreiben, die neue Aufsichtsvorgaben auf untergesetzlicher Ebene erläutern +++ Aktuare werden sich maßgeblich daran beteiligen, diese aller Voraussicht nach primär prinzipienbasierten Vorgaben in EbAV auszugestalten +++ IVS und DAV begleiten Prozess seit Anbeginn aktiv in ihren Gremien und erarbeiten regelmäßig Hilfestellungen für Mitglieder +++ Ziel des IVS-Forums 2019: aktuellen Arbeitsstand mit Fachkollegen diskutieren und damit Aktuare als maßgebliche Stakeholder bei Weiterentwicklung der bAV-Rahmenbedingungen zu positionieren +++

 

Eigene Risikobeurteilung einer EbAV (ORA)

 

Andreas Jurk, Vorstand der Pensionskasse für die Angestellten der Barmer Ersatzkasse VVaG, und Matthias Sohn, Leiter Risikomanagement Leben Klassik der Ergo Group AG:

 

+++ EbAV-II-Richtlinie mit erhöhten Anforderungen an das qualitative Risikomanagement +++ EIOPA-Opinion zu Risikomanagement und Governance mit Empfehlungen an die nationalen Aufsichten veröffentlicht +++ BaFin-Rundschreiben Ende des Jahres angekündigt (Stand heute: frühstens im ersten Quartal 2020) +++ Anlehnung an das ORSA (ohne „S“) wahrscheinlich +++ Adressat der ORA ist Vorstand und BaFin +++ Erstmalige Anwendung voraussichtlich 2020 +++

Quelle: Jurk, Barmer Pensionskasse. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

 

 

Andreas Jurk und Matthias Sohn…

Begrifflichkeiten wie Altersversorgungs-System, Finanzierungsbedarf und Risikoprofil sind auszulegen +++ Interessenskonflikte mit Trägerunternehmen müssen betrachtet werden +++ Beurteilung von Risiken in Bezug auf Auszahlung der Altersversorgungsleistungen sind erforderlich +++ Einschätzung der Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen +++ Qualitative Beurteilung von Mechanismen zum Schutz von Anwartschaften und Ansprüchen auf Versorgungsleistungen +++ Erstellung einer Leitlinie zum ORA sowie Prozessbeschreibung und formale Berichtsanforderungen +++ Aber: Was bringt ORA den EbAV außer neuen formalen Anforderung an Mehrwert? +++

 

Die Versicherungsmathematische Funktion bei EbAV und ihr Zusammenwirken mit anderen Funktionen (MaGo)

 

Armin Henatsch, Senior Manager Risk Insurance and Actuarial bei Ernst & Young, und Sven Grönewäller Vorstand Signal Induna Pensionskasse AG und Verantwortlicher Aktuar, Signal Iduna Lebensversicherung a.G.:

 

Armin Henatsch und Sven Grönewäller…

+++ Seit dem 13. Januar 2019 haben EbAV grundsätzlich eine wirksame versicherungsmathematische Funktion einzurichten +++ VMF kann auch vom Verantwortlichen Aktuar wahrgenommen werden +++ Bei Einrichtung der VMF ist etwaigen Interessenkonflikten wirksam zu begegnen +++

 

+++ Unternehmen können VMF auf einen Dienstleister ausgliedern, haben dann allerdings spezifische Anforderungen an Ausgliederungen zu beachten +++ Aufgaben der VMF beziehen sich auf versicherungstechnischen Rückstellungen, Zeichnungs- und Annahmepolitik, Rückversicherungsvereinbarungen und Risikomanagement einschließlich eigener Risikobeurteilung +++

 

+++ VMF-Bericht ist an Vorstand gerichtet und sollte adressatengerecht sowie verständlich geschrieben sein +++ Erster VMF-Bericht ist für 2019 im Jahr 2020 zu erstellen, Ad-hoc Berichtspflicht besteht aber bereits schon jetzt +++

 

 

 

EIOPA-Stresstest für EbAV 2019: Erfahrungsbericht“

 

Jürgen Rings, Vorstandsvorsitzender der Höchster Pensionskasse

 

+++ Im Wesentlichen neu 2019: deutlich umfangreichere Cashflow-Analyse und Fragenkatalog zu ESG +++ Cashflow-Analyse mit integriertem Sponsor Support auf Basis nationaler Bilanzfortschreibung (gestresst / ungestresst mit risikofreiem Zins sowie realen Renditevorgaben) +++ Stesstestparameter für Kreditaufschläge und Immobilen deutlich höher als beim Stresstest 2017 +++Quelle: Rings, Höchster Pensionskasse. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

 

+++ Mehraufwand für die teilnehmenden EbAV bei Cashflow-Analyse erheblich +++ Modelltechnischer jährlicher Sponsor Support in Cashflow-Analyse = auszugleichende Rentenzahlung im Falle der Leistungskürzung durch die EbAV im Zuge notwendig werdender Rechnungszinsabsenkung +++ Mit DAV-Exceltool lassen sich die Auslöserzeitpunkte für notwendige Rechnungszinsabsenkung ermitteln +++ In individueller weiterer Nebenrechnung konkrete Rechnungszinsabsenkung und Rentenzahlungen durch Sponsor zu ermitteln +++ Höhe der Rechnungszinsabsenkung mit HGB-Sichtweise muss vorjustiert und wieder in Cashflow-Analyse-Hilfsdatei „verprobt“ werden +++ Einige Angaben in EIOPA-Ergebnisdatei inkonsistent +++ Große Herausforderung für DAV-AG Internationales. Sehr gute Arbeit. Konsistenz DAV-Hinweise und Hilfstabelle mit EIOPA-Dateien künftig weiter verbessern +++

 

Informationspflichten in der bAV nach dem VAG

 

Carsten Ebsen, FAV-AG Pensionskassen und Mathematischer Sachverständiger Aktuariat, Hamburger Pensionsverwaltung eG

 

Carsten Ebsen…

+++ Umfangreiche Vorgaben zu Informationspflichten aus EbAV II-Richtlinie +++ Regelungen einheitlich für PK, PF, DV +++ Parallel zum neuen Abschnitt „Informationspflichten gegenüber Versorgungsanwärtern und Versorgungsempfängern“ im VAG ist VAG-InfoV zu beachten +++ keine expliziten Übergangsfristen +++ Gesetzesbegründung stellt klar, dass keine unmittelbare Umsetzung erwartet wird, z.B. Renteninformation erstmals 2020 +++ Informationen können elektronisch oder in Papierform erteilt werden, in Textform oder durch Bereitstellung zum Abruf („Portallösung“) +++

 

+++ Bei Portallösung: Dokumente sollen dauerhaft auf einfache Weise zugänglich sein +++ Wichtiges Unterscheidungskriterium für Umfang der Informationspflichten: Trägt Anwärter/Rentner ein Anlagerisiko? +++ Ja, wenn Entwicklung der Kapitalanlagen zum Absinken erreichter Anwartschaft führen kann +++ Leistungen aus Überschussbeteiligung dabei nicht zu berücksichtigen +++ Daher kein Anlagerisiko bei klassischen Garantiezinszusagen, Anlagerisiko bei rBZ, BZML +++

 

+++ Allgemeine Informationen zum Altersversorgungssystem i.d.R. bei Beginn zu erteilen +++ Z.T. schon vor Beginn, soweit keine automatische Aufnahme +++ Besonderer Pflichtpunkt: Erläuterung zu Auswirkungen bei wesentlichen Änderungen von Methoden und Annahmen zur Berechnung versicherungstechnischer Rückstellungen +++ Offen, was als wesentliche Änderung gilt +++ Bei Garantiezinszusagen nur bezogen auf Garantieleistung? Oder ist Überschusserwartung zu berücksichtigen? +++ Neue Anforderungen sind z.B. Bezeichnung des Altersversorgungsystems, Leistungselemente, Form der Leistungen, Wahlmöglichkeiten, Garantieelemente, Mechanismen zum Schutz der Anwartschaften, Mechanismen zur Minderung der Versorgungsansprüche +++ Gesetzlich vorgegebener Begriff für Jahresinformation ist jetzt Renteninformation (auch bei Kapitalleistungen) +++ Viele Vorgaben zu Pflichtthemen und Angaben zu Leistungen +++ (Nur bei) BOLZ, BZML, rBZ: Beiträge der letzten 12 Monate +++ Alter und konkretes Datum für Bezug der Altersversorgungsleistung zu nennen +++ Erreichte Anwartschaft, wobei Umfang der garantierten Leistung zu erläutern +++ Projektion: Altersleistung in unterschiedlichen Szenarien +++ Elementarszenario: (Nur) Garantien der Einrichtung berücksichtigen bzw. Verzinsung 0%, mit und ohne weiteren Beiträgen +++ Ertragsszenario (realistische Einschätzung künftiger Kapitalerträge) oder Szenario zum besten Schätzwert bei weiteren Beiträgen +++

 

+++ Bei Anlagerisiko: Aufschlüsselung Kosten in Euro in der Renteninformation vorgeschrieben +++ Kostenebene nicht vorgeschrieben (Versorgungseinrichtung, Vertrag, …) +++ Information der Versorgungsempfänger mindestens alle fünf Jahre über zustehende Leistungen und eventuelle Wahlrechte +++ Information über Kürzungen der Zahlrenten (z.B. bei Anwendung Sanierungsklausel oder Absenkung Überschussrente) unverzüglich nach endgültiger Entscheidung sowie drei Monate, bevor gekürzte Leistung gezahlt wird +++ Insgesamt keine Überforderung der Branche +++ Nutzen für Anwärter und Rentner z.T. fraglich +++

 

Säulenübergreifende Altersvorsorgeinformation: Bericht aus der DAV-Arbeitsgruppe

 

Helmut Aden, Mitglied des Vorstandes des BVV Versicherungsvereins des Bankgewerbes a.G..

 

Helmut Aden…

+++ Koalitionsvertrag macht den Aufbau einer säulenübergreifenden Renteninformation zu einem Projekt für die laufende Legislaturperiode +++ Deutliches Zeichen dafür, dass für ausreichende Altersversorgung Gesamtschau auf alle drei Säulen notwendig +++ Initiative wurde in verschiedenen Arbeitskreisen der Branche aufgenommen +++ In vielen Fällen kann auf bereits bestehende Informationspflichten aufgebaut werden +++ In erstem Schritt sollte säulenübergreifend nur das zusammengefasst und verfügbar gemacht werden, was bereits heute vorliegt, da dies entscheidend für Akzeptanz und Vertrauen bei Anbietern (Aufwand) und Verbrauchern (Wiedererkennungswert) +++ Zweite und dritte Säule sollten weiter die Chance nutzen, bei diesem Projekt konstruktiv mitzuarbeiten (säulenübergreifend wird in gemeinsamer Arbeitsgruppe bereits an einem Piloten gearbeitet) +++ Gesetzgeber sollte sich eng mit Anbietern und Arbeitgebern abstimmen und auf Vorarbeiten zurückgreifen, um praktikable Lösung zu finden +++ Offene Fragen derzeit vor allem:

  • Träger und Finanzier => muss gesetzlich geregelt werden

  • Datenschutzrechtliche Fragen (z.B. Verwendung eindeutiger PersonenIDs) => muss gesetzlich geregelt werden

  • Einbezug der Direktzusagen (insbesondere unverfallbar ausgeschiedene Mitarbeiter) => praktikablen Weg suchen, ohne Arbeitgeber zu überfordern

+++ Grundsätzliche Machbarkeit steht angesichts der Praxisbeispiele in anderen Ländern und bestehender technischer Möglichkeiten außer Frage +++

 

Wie praxisrelevant sind die berufsständischen Fachgrundsätze der DAV für IVS-Pensionsaktuare?

 

… und Alf Gohdes auf dem 13. IVS-Forum in Köln. Alle Fotos: IVS Tobias Vollmer.

Alfred Gohdes, Aktuar und unabhängiger Rentenberater:

 

+++ Das Thema Fachgrundsätze wird – früher oder später – das Blut der meisten IVS-Aktuare, die als Berater oder mit EbAV tätig sind, zum Kochen bringen. Manche haben das Kochen bereits am eigenen Leib erfahren +++

 

+++ Wenn ein Berufsstand keine Fachgrundsätze hat, besteht Gefahr, dass andere solche für ihn erstellen – wie vor 20 Jahren in UK geschehen +++ Jeder Aktuar sollte sich mit den für seine Arbeit relevanten Fachgrundsätzen auseinandersetzen: Erst kennen, dann verstehen und letztlich auch anwenden +++

 

+++ Neue berufsständische DAV-Richtlinie in Sachen Auftragsannahme und Annahmenfestlegung ist (mit Umsicht) zu beachten +++ Der DAV-Aktuar hat eine individuelle Verantwortung seinem Arbeitgeber sowie seinem Berufsstand gegenüber +++

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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