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IDW zur Karlsruhe und 6a:

„Gelegenheit nutzen“


Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Unvereinbarkeit der Regelung zur Höhe von Nachzahlungszinsen mit dem Grundgesetz werden Stimmen laut, auch die artverwandte Regelung zur Steuerbilanzierung von Pensionsverbindlichkeiten entsprechend anzupassen. Doch man darf skeptisch sein.

 

LEITERbAV hatte vergangenen Freitag vermeldet, dass nicht zuletzt infolge der Zweifel des Münchner BFH an der Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen von 6% p.a. (bzw. 0,5% monatlich) für Verzinsungszeiträume ab 2015 das Bundesverfassungsgericht am 8. Juli (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) diese Regelung für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt hat – und die Redaktion hatte erneut umgehend Parallelen zu dem Paragrafen 6a EStG gezogen.

 

Ähnlich sieht man das offenbar im Institut der Wirtschaftsprüfer. Das IDW hat nach Bekanntwerden des Karlsruher Urteils mitgeteilt, dass die Verfassungswidrigkeit derartig hoher Steuerzinsen nur ein richtiger erster Schritt sein könne und fordert, nun solle „der Gesetzgeber endlich die Verzinsung im gesamten Steuerrecht anpassen.“

 

Das Gericht hat den Gesetzgeber dazu verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.

 

Klaus-Peter Naumann, IDW.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts begrüßen wir, weil sie unserer langjährigen Forderung nach marktgerechten Zinsen im Steuerrecht Rechnung trägt”, sagte Prof. Klaus-Peter Naumann, Sprecher des IDW Vorstands. „Der gesetzgeberische Handlungsbedarf im anhaltenden Niedrigzinsumfeld ist nun endlich auch durch das Bundesverfassungsgericht festgeschrieben worden“, zeigt sich Naumann erleichtert.

 

Der Beschluss entspreche im Wesentlichen der Stellungnahme des IDW vom 26. April 2018, die das IDW gegenüber dem zuständigen Ersten Senat des BVerfG zu den beiden Verfassungsbeschwerden abgegeben hatte. Doch das IDW will mehr und fordert:

 

Nach der Entscheidung des BVerfG sollte der Gesetzgeber die Gelegenheit nutzen, das Thema Verzinsung im Steuerrecht ganzheitlich anzugehen. Dies betrifft insbesondere den steuerliche Abzinsungssatz von 6% zur Bewertung von Pensionsverpflichtungen nach § 6a EstG.“

 

Denn: Dieser sei ebenfalls zu hoch, marktfern und begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken. Er belaste die Unternehmen und schwäche die bAV. „Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung der betrieblichen Altersvorsorge sollte deren steuerliche Benachteiligung abgebaut werden, indem die Zinssätze zur Abzinsung betroffener Bilanzposten jetzt deutlich gesenkt werden“, fordert Naumann eine Maßnahme, der das Pensions-Parkett seit vielen Jahren harrt. Schon vor zwei Jahren wurde auf der aba-Mathetagung die Größenordnung von 50 Milliarden Euro Steuern auf Scheingewinne seit 2010 gesprochen.

 

Ob der Gesetzgeber nach dem Karlsruher Urteil ein mögliches Anfassen auch des 6a wie das IDW als „Gelegenheit“ sieht, bleibt allerdings abzuwarten. Man darf skeptisch sein. Vielleicht sieht man in Berlin eher die Gelegenheit, wie bei den Nachzahlungszinsen statt zu handeln auch hier lieber stumpf das höchstrichterliche Urteil abzuwarten – also nicht tätig zu werden, wenn es sachlich geboten ist, sondern erst, wenn man dazu gezwungen wird.

 

Zum Schluss in eigener Sache: Das ebenfalls am vergangenen Freitag für diese Woche angekündigte „Intervallfasten mit LEITERbAV“ ist damit obsolet.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

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