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Steuerberater-Pensionskasse – Nichts Genaues weiß man nicht (IV):

Endspiel in Bonn

Nächste Runde in der Agonie der Steuerberater-Pensionskasse, von dem die Öffentlichkeit einige Details praktisch nur erfährt, weil die Kasse infolge der Ausgabe notierter Nachrangdarlehen der AdHoc-Publizität unterliegt. Nun ist ein weiterer Meilenstein gesetzt worden.

 

Kurz zur Erinnerung: Der Vorstand der Bonner Kasse hatte schon am 29. November 2018 einen geänderten Jahresabschluss und Lagebericht für das Jahr 2017 aufgestellt, Ergebnis: Solva Ende 2017 nicht mehr bedeckt, Unterdeckung rund 17,77 Millionen Euro, Eigenmittel nur noch 55,3 Prozent der Anforderung.

 

Am 19. Juni d.J. hatte die Kasse dann in einer AdHoc-Mitteilung die Nichtbedeckung der Mindestkapitalanforderung sowie den Verbrauch sämtlicher (!) Eigenmittel und den erwarteten Fehlbetrag zum Bilanzstichtag Ende 2018 kommuniziert. Die Verstärkung der Deckungsrückstellung führe zu einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 158 Mio. Euro entsprechend satten ca. 13% der Deckungsrückstellung. LEITERbAV hatte seinerzeit ausführlich dargelegt, inwiefern sich die Öffentlichkeit die Hintergründe der Krise in Bonn im Wesentlichen selber zusammenreimen muss.

 

Hinzu trat im September der Haircut bei notierten Schuldverschreibungen (die zugehörige Pflicht zur AdHoc-Publizität ist wie erwähnt eine der wenigen Quellen für die Öffentlichkeit) und dass die Gläubiger auf der zugehörigen Versammlung der Aufhebung der Zinsverpflichtung nicht zustimmen wollten, weil ihnen offenbar substantielle Informationen fehlten (die Bafin nahm die Sache bekanntlich zum Anlass, sich der Frage der Haftungskaskade bei solchen Nachrangdarlehen grundsätzlich anzunehmen).

 

Die Vorstände der Kasse dürften für ihr faktisches Schweigen einen nicht guten, aber dafür praktikablen Grund haben: nämlich in dieser Lage stumpf den Kopf einzuziehen (und Anwälte wie D&O-Versicherung konsultieren).

 

Die Aufsicht hat dabei einen durchaus guten Grund für ihre Informationspolitik, denn sie darf sich zu einzelnen Instituten gar nicht ohne weiteres äußern.

 

Nun also der nächste Schritt: Nach dem die BaFin getreu Ihrer Informationspolitik gegenüber LbAV jüngst auch die Auskunft verweigert hatte, ob sie nun der Kasse die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb widerrufen habe, musste die Kasse selber nun vorgestern AdHoc mitteilen, dass die Anstalt nun genau eben dies beabsichtige, obwohl die Kasse gemäß § 135 Abs. 2 VAG am 25. Juli einen Finanzierungsplan fristgerecht vorgelegt hatte.

 

Frank Grund, BaFin. Foto: Frank Beer.

Die BaFin hat der Kasse nun umgekehrt am 17. Oktober geantwortet, dass sie beabsichtigt, den Plan zu verweigern und infolgedessen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb gemäß § 304 Abs. 1 Nr. 2 1. Fall VAG zu widerrufen. Dabei soll die sofortige Vollziehbarkeit gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet werden. Die Kasse teilt in ihrer AdHoc weiter mit, dass sie hierzu im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) am 4. November fristgerecht Stellung genommen hart, eine Entscheidung der BaFin aber aussteht.

 

Der angekündigte Widerruf der Erlaubnis hätte gemäß § 304 Abs. 5 VAG zur Folge, dass keine neuen Versicherungsverträge mehr abgeschlossen und bestehende weder erhöht noch verlängert werden dürften. Faktisch würde dies zu einer dauerhaften Untersagung des Neugeschäfts führen. Unmittelbare Folge wäre außerdem gemäß § 304 Abs. 6 S. 1 VAG die Wirkung eines Auflösungsbeschlusses, wobei bestehende Versicherungsverträge von demWiderruf der Erlaubnis unberührt bleiben würden und ordnungsgemäß durchzuführen und abzuwickeln wären (Anm. der Red.: Das ist zum Beispiel ein Unterschied zu der Lage bei Schadenversicherern, der in § 199 III VAG geregelt ist).

 

Betreffend ihrer Nachrangdarlehen teilt die Kasse mit, dass Zahlungen an die Anleihegläubiger in diesem Fall erst erfolgen dürfen, nachdem sämtliche Versicherungsverträge abgewickelt sind (Anm. der Red.: eben die Kaskade, die die Bafin für die Zukunft im Markt zementiert sehen will).

 

Im Übrigen hat der Kassen-Vorstand ein Konzept zur Sanierung nach § 16 Abs. 3 seiner Satzung aufgestellt und den Mitgliedervertretern zur Beschlussfassung für die am 11. Dezember stattfindende Vertreterversammlung übermittelt.

 

Aber, da, so der Vorstand in der AdHoc weiter, nach Auffassung der BaFin ein Sanierungskonzept, das zu einem Wiederaufbau der Eigenmittel führen würde, nicht genehmigungsfähig ist, (Verbot der Übersanierung), hat dieses Sanierungskonzept im Wesentlichen das Ziel, durch Herabsetzung von Leistungen die dauernde Erfüllbarkeit der Ansprüche der Versicherten sicherzustellen. Ein planmäßiger Wiederaufbau von Eigenmitteln ist hingegen nicht möglich. Ergo würde eine Beschlussfassung zur Leistungsherabsetzung nicht dazu führen, dass die Kasse durch den Wiederaufbau von Eigenmitteln die Mindestkapital- und Solva-Anforderungen der §§ 234g, 235 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VAG i.V.m. der KapAusstV wieder erfüllen und damit den bereits angedrohten Widerruf der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb abwenden bzw. rückgängig machen kann.

 

Soweit der Kassen-Vorstand in der aktuellen AdHoc. Ohnehin muss man festhalten, dass es sich bei dem Widerruf der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb um eine regelmäßig unumkehrbare Maßnahme der Aufsicht handelt (anders als bei Untersagung des Neugeschäfts). Bei Schadenversicherern wird sofort alles gekündigt, in der LV muss der Bestand dagegen in den Run-off gehen. Die Wiedererfüllung der Solva hat in einer solchen Lage keine Priorität mehr im Aufsichtshandeln, erstes Ziel ist nur noch die Abwicklung.

 

Der Kasse steht zwar noch Widerspruch und Klageweg gegen den wohl unausweichlich kommenden Bescheid der BaFin (worüber diese dann übrigens auch berichten wird) zu, doch dürfte nicht damit zu rechnen sein, dass die Kasse in ihrem Zustand diesen Weg beschreitet.

 

Die Kasse hat rund 8.000 Versicherte aus dem Kreis der steuerberatenden Berufe unter Vertrag und verwaltet Kapitalanlagen von rund einer Milliarde Euro. Bei ihr kommt alles zusammen, was zusammen kommen kann: eine Pensionskasse ohne Trägerunternehmen und Arbeitgeber, ohne Protektor, ohne PSV und ohne Solvency II – und zugegeben: unter diesem Regime wäre die Schieflage wohl viel früher zutage getreten.

 

Berlin dieser Tage: Leiter-bAV von der altehrwürdigen Charité höchstselbst zur Erfüllung seines verfassungsgemäßen Auftrages mit modernsten Kommunikationsmitteln ausgestattet.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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