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Erstes Sozialpartnermodell amtlich:

Endlich, nun aber wirklich…

ist es da, hat nicht weniger als fünf zentrale Stakeholder und startet nun mit dem Segen der BaFin: Zwei Gewerkschaften, zwei Arbeitgeberverbände und der Gasversorger Uniper haben einen gemeinsamen Tarifvertrag zur Umsetzung der reinen Beitragszusage vorgelegt. Die ersten Details zu diesem Sozialpartnermodell nennt LbAV-Autor Detlef Pohl.

 

 

Die Sozialpartner, bestehend aus der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Industriegewerkschaft IGBCE sowie dem Energieunternehmen Uniper SE, dem Arbeitgeberverband energie- und wasserwirtschaftlicher Unternehmungen (AVEW) und der Arbeitgebervereinigung Bayerischer Energieversorgungsunternehmen (AGV Bayern), haben den gemeinsamen Tarifvertrag gestemmt. Der tritt am 1. Januar 2023 in Kraft und ist erstmals nach zehn Jahren kündbar.

 

Damit geht das erste Sozialpartnermodell in Deutschland nun an den Start. Versorgungsträger und durchführende Einrichtung ist der Metzler Sozialpartner Pensionsfonds. Bereits seit sechs Jahren besteht eine Kooperation zwischen dem Bankhaus Metzler und dem Uniper Konzern, heißt es in einer gemeinsamen Meldung von ver.di und Uniper. Die Unbedenklichkeit des Pensionsplans „Metzler rBZ 1“ war von der Aufsichtsbehörde BaFin bereits am 27. September 2022 antragsgemäß festgestellt worden. Diese Unbedenklichkeit ist allen anderen SPM-Projekten bisher noch nicht erteilt worden – siehe weiter unten im Text.

 

 

Die Weichen im Mai gestellt

 

 

Bereits Ende Mai hatten sich die Protagonisten auf den Tarifvertrag „reine Beitragszusage“ verständigt und damit die tarifvertragliche Grundlage geschaffen. Der tarifliche Arbeitgeberbeitrag setzt sich zusammen aus

 

einem Grundbeitrag (2,0% des Bruttojahresentgelts),

 

einem Matching-Beitrag (33,33% des Grundbeitrags durch Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer Eigenbeiträge leistet) sowie

 

einem Kosten- und Sicherungsbeitrag von insgesamt 7,0% der geleisteten Beiträge.

 

 

Aus 33 wird 48

 

 

Der durch den Sicherungsbeitrag des Arbeitgebers finanzierte Sicherungspuffer kann zum Ausgleich von Marktschwankungen in der Rentenphase genutzt werden. Wandeln die Berechtigten zusätzlich eigenes Entgelt um, zahlt der Arbeitgeber einen weiteren Zuschuss von (den berühmt-berüchtigten) 15% des umgewandelten Entgelts, soweit der Arbeitgeber dadurch selber SV-Beiträge spart. „Insofern gibt es bei Entgeltumwandlung bis zu 48,33 Prozent Arbeitgeberzuschuss“, bestätigt Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik bei ver.di, gegenüber LbAV.

 

 

Durchführung, Steuerung, ESG

 

 

Eine Beteiligung der Mitarbeiter am Kapitalanlageerfolg und damit eine höhere Versorgung in der Rente wird durch den Verzicht auf Garantien möglich, so die Tarifpartner. Die eingezahlten Beiträge werden durch den Metzler Sozialpartner Pensionsfonds in ein breit diversifiziertes Portfolio investiert. Die Sozialpartner, die maßgeblich an der Durchführung und Steuerung beteiligt sind, stellen unter anderem sicher, dass bei der Kapitalanlage ökologische, ethische und soziale Nachhaltigkeitskriterien erfüllt werden.

 

Der Pensionsfonds setzt auf die „klassischen“ Anlageklassen Aktien, Anleihen, Immobilien und Gold. Dabei baut er auf den Dreiklang aus strategischer Vermögensanlage (Asset Allocation) aus den klassischen Risikofaktoren (Aktien, Zinsen, Immobilien und Gold), einer weiter differenzierten Aufteilung in Sub-Asset-Klassen (etwa Sovereigns und Corporates) und einem aktiven Managementansatz. Zur Umsetzung der Asset Allocation wird zu Beginn ein bereits bestehender Metzler-Spezialfonds genutzt, in dem bislang ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag investiert ist. Seit Auflage im März 2016 wurde bis 31. August 2022 eine durchschnittliche Rendite von 3,59% p.a. erreicht und damit die ALM-Zielrendite für das SPM (3,5%) übertroffen – s. Abb:

Quelle: Metzler. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

 

Dass hier eine schon im Einsatz befindliche Kapitalanlage genutzt werden kann, sehen die Verantwortlichen als klaren Vorteil, wenn sie schreiben:

 

Hier wird auf ein erprobtes und erfahrenes Management gesetzt und gleichzeitig von der Kosteneffizienz einer langjährig bestehenden Kapitalanlage profitiert. So lassen sich die Herausforderungen aus einem ‚Start auf der grünen Wiese‘ und den damit einhergehenden Kosten elegant meistern.“

 

Legalseitig hat die internationale Kanzlei Advant Beiten Uniper seit 2019 bei der Konzeption der rBZ beraten, den Konzern bei den Tarifverhandlungen unterstützt und war in Abstimmung mit der Metzler Sozialpartner Pensionsfonds AG am BaFin-Genehmigungsverfahren beteiligt.

 

 

Deutsche Anläufe

 

 

Mit dem Energie-SPM, das man auch als unternehmensbezogenen Verbands-Tarifvertrag bezeichnen könnte, werden erstmals Nägel mit Köpfen bei der rBZ gemacht. Man erinnere sich kurz:

 

Talanx und die Deutsche Betriebsrente hatten bereits 2019 mehrfach angekündigt, das erste SPM als Haustarifvertrag für die 11.000 inländischen Beschäftigten des Versicherers aufs Gleis gesetzt zu haben (s. hier und hier).

 

Ein Jahr später schien das Projekt dann endlich, doch nur scheinbar auf der Zielgeraden, und während die fachöffentlichen Diskussionen weiter gingen, lehnten sich die Protagonisten im März 2021 erneut aus dem Fenster, verkündeten dann im April 2021 den 1. Juli 2021 als Starttermin. Doch machte man in Köln die Rechnung offenbar ohne den Bonner Wirt, wie im April 2022 deutlich wurde: Die BaFin prüft seitdem unverdrossen und hat die Unbedenklichkeitsbescheinigung bis heute nicht erteilt.

 

Unverdrossen dagegen die Chemie: Im Mai 2022 fand das Chemie-SPM den Weg in die Öffentlichkeit. Bis zum 30. Juni sollten die tariflichen Grundlagen geschaffen sein. Das branchenweite SPM soll über den Chemie-Pensionsfonds organisiert werden. Arbeitgeber sollen 5,0% Sicherungsbeitrag stiften. Von Beginn an war die BaFin im Boot.

 

Seit Juli sind alle Dokumente fertig, im August und September wurden letzten Anmerkungen der BaFin eingearbeitet und die Fachöffentlichkeit weiter informiert. Man rechnete mit BaFin-Genehmigung „voraussichtlich im Oktober und hofft auf einen Start im November 2022“, hieß es auf einer Fachtagung Ende September. Bislang steht die BaFin-Genehmigung noch aus, doch sieht es gleichwohl danach aus, als nehme die Sache SPM in Deutschland nun Fahrt auf.

 

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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