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Interview zum ersten Sozialpartnermodell:

Eisbrecher auf der terra incognita

Die beiden Verantwortlichen auf Anbieterseite des ersten SPM, Lars Golatka und Fabian von Löbbecke, sprachen mit LEITERbAV über Hemmnisse und Harmonie, über Zeitpläne, Größenordnungen und Asset Allocations, über eine Pflicht zur Überrendite, über Beratung, Vertrieb und Digitalisierung und über vieles mehr. Und sie mahnen die Politik zu Geduld und Handeln gleichermaßen.

 

 

 

Die Herren, circa drei Jahre nach Verabschiedung des BRSG ist es nun praktisch amtlich: Das erste Sozialpartnermodell geht an den Start – das haben Ihre Häuser gemeinsam mit ver.di unter Dach und Fach gebracht. Glückwunsch zum Durchbruch. Ist es einer?

 

Lars Golatka, Zurich und Deutscher Pensionsfonds AG.

Golatka: Auf jeden Fall! „Die Deutsche Betriebsrente“ setzt zusammen mit Talanx und ver.di ein starkes Zeichen für die gesamte Branche und bietet die erste wirklich zukunftsweisende Lösung in der betrieblichen Altersversorgung seit Langem an.

 

von Löbbecke: Ich kann nur bekräftigen: Dies ist ein Meilenstein für die Altersversorgung in Deutschland. Mit dem Sozialpartnermodell setzen wir auch in der bAV auf die Chancen des Kapitalmarkts. Für uns liegt darin enormes Zukunftspotenzial, sowohl für unsere Privat- als auch Firmenkunden, die in ihrer Belegschaft und auf dem Arbeitsmarkt mit attraktiven Angeboten punkten können.

 

Nun hat es aber von der ersten Ankündigung der ver.di im März 2019 doch noch zwei Jahre gedauert, bis die Vereinbarung vermeldet werden konnte. Warum dauerte dies so lange? Was sind die Vorbehalte? Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Hemmnisse, um zu einem SPM zu kommen?

 

von Löbbecke: Mit der Beitragszusage betreten wir völliges Neuland. Dies gilt insbesondere für die Tarifvertragsparteien, die nicht nur über eine neue Zusageart ohne Garantien befinden sollen, sondern sich auch an deren Durchführung und Steuerung beteiligen müssen. Insofern ist es nachvollziehbar, dass im Zuge der Gespräche viele Detailfragen erstmals auftauchten, die besprochen und geklärt werden mussten, und das brauchte seine Zeit. Zudem wurde der Prozess – wie so vieles andere im vergangenen Jahr auch – durch die Corona-Situation natürlich nicht gerade beschleunigt. Die Gespräche liefen übrigens außerordentlich lösungsorientiert und partnerschaftlich ab.

 

 

Wir sehen die Politik in der Pflicht […] Auch die Öffnung für Unternehmen ohne Zugang zu dieser tarifvertraglichen Lösung sollte konsequent vorangetrieben werden.“

 

 

Golatka: Für uns war klar, dass der Tarifvertrag ein Eisbrecher im gesamten Markt ist, den wir unbedingt brauchen. Das Ziel, das wir mit ver.di verfolgt haben, ist aber deutlich weiter gesteckt. Wir wollten eine Grundlage schaffen, um das Sozialpartnermodell in allen Branchen zu etablieren. Die Verhandlungspartner wollten das System und die Sicherungsmechanismen verstehen und mitgestalten. Das war wichtig. Nun stehen Basis und Rahmen. Und andere Branchen und große Arbeitgeber haben die Chance, auf einem sehr vereinfachten Weg dort auch teilnehmen zu können. Und da stehen einige bereits in den Startlöchern. Für mich ist das eine der wesentlichen Botschaften: Talanx und ver.di treten in Vorleistung und spielen die Eisbrecher im Markt.

 

Wie ist jetzt der Stand der Dinge, und wie geht es wann weiter?

 

von Löbbecke: Der Start des Modells erfolgt nach der obligatorischen Prüfung durch die BaFin. Voraussichtlich ab dem 1. Juli 2021 können die rund 11.000 Beschäftigte der Talanx Gruppe ihre bAV auch über die reine Beitragszusage abschließen.

 

Golatka: Ziel ist es nun, den Schwung der Verhandlungen mit ver.di aufzunehmen und weitere Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften von dem Zielrentenkonzept zu überzeugen. Und wir sehen die Politik in der Pflicht. Unsere Erwartung ist es, dass die Geringverdiener im Rahmen ihrer Anstrengungen um eine angemessene Altersvorsorge zusätzlich gestärkt und dynamisiert gefördert werden. Auch die Öffnung für Unternehmen ohne Zugang zu dieser tarifvertraglichen Lösung sollte konsequent vorangetrieben werden. Zudem gilt es generell, die Komplexität der bAV durch geeignete Reformen abzubauen und nicht immer mehr zu erhöhen.

 

 

Diese Erfahrung und dieses Know-how hilft uns definitiv bei weiteren SPM-Projekten und verschafft uns einen klaren Wettbewerbsvorteil.“

 

 

Wie sind die Größenordnungen an Berechtigten nun insgesamt, mit denen wir hier rechnen können?

 

von Löbbecke: Wie erwähnt, steht das Sozialpartnermodell grundsätzlich allen rund 11.000 Beschäftigten der deutschen Unternehmen des Talanx Konzerns offen. Wir gehen fest davon aus, dass wir daraus in den kommenden Jahren eine mittlere fünfstellige Zahl von Versorgungsverhältnisses bei der DDBR begründen werden.

 

Sehen Sie Die Deutsche Betriebsrente im Wettlauf um weitere SPM-Vereinbarungen nun im Vorteil gegenüber dem Wettbewerb?

 

Fabian von Löbbecke, HDI Pensionsmanagement.

von Löbbecke: Ja, eindeutig. Wir haben durch die intensiven Gespräche mit ver.di Basisarbeit für künftige Sozialpartnermodelle geleistet und dabei viele Erfahrungen und Erkenntnisse gesammelt, die meines Erachtens tatsächlich nur in konkreten Gesprächen mit den Sozialpartnern gewonnen werden können. Und es ist eben nicht nur bei Gesprächen geblieben. Wir haben diese Erkenntnisse in die Praxis übertragen und umgesetzt. Wir haben als DDBR sozusagen das Reißbrett verlassen und das neue Haus tatsächlich gebaut und es bezugsfertig übergeben. Das hat noch kein anderer Anbieter geschafft. Diese wertvolle Erfahrung und dieses Know-how hilft uns definitiv bei weiteren SPM-Projekten und verschafft uns hier einen klaren Wettbewerbsvorteil.

 

Zur Technik: Wie sehen das SPM an sich und das dahinterliegende Produkt aus? Und die Gewerkschaft Wert legt auf bestimmte Features. Wie setzten Sie das technisch um?

 

Golatka: In unserem Produktmodell ersetzen wir Garantien durch intelligente Sicherungsmechanismen. Im Kollektiv bauen wir in der Ansparphase einen Puffer auf. Dieser speist sich aus einem Teil der Sparbeiträge der Mitarbeiter und den Erträgen der Kapitalanlage. Erreicht man zum Beispiel in einem Monat eine höhere Rendite als erwartet, wird ein Teil davon dem kollektiven Puffer zugewiesen; unterschreitet man die erwartete Rendite in einem Monat nutzen wir den aufgebauten Puffer, um Renditesenkungen und damit Rentensenkungen zu vermeiden. Seit der Auflage unseres Fonds im Dezember 2018 haben sich diese Sicherungsmechanismen auch während der Corona-Pandemie bewährt. Gemeinsam mit den Sozialpartnern haben wir sowohl für die Ansparphase als auch den Rentenübergang die entsprechenden Kriterien festgelegt. Der vereinbarte Sicherungsbeitrag zwischen Talanx und ver.di unterstützt nochmals die Stabilität dieses Sozialpartnermodells.

 

von Löbbecke: Wir setzen bei der DDBR auf voll digitale Prozesse. Diese beginnen von der Information zum Modell, über die individualisierte Beratung bis hin zum Abschluss und münden in der laufenden Verwaltung der Zusagen sowie der Kommunikation mit den Begünstigten. Dazu wurde für das Frontend eine webbasierte Plattform geschaffen, die nicht nur einen Datenaustausch mit dem Bestandsführungssystem gewährleistet, sondern auch mit Daten aus dem HR-System versorgt wird. Die Einführung des SPM werden wir auch mit entsprechenden Kommunikationsmaßnahmen begleiten. Corona-bedingt wird das vor allem digital stattfinden.

 

Worauf hat die Gewerkschaft besonderen Wert gelegt?

 

von Löbbecke: In den Gesprächen mit ver.di sind einige Punkte deutlich geworden, die ihnen sehr wichtig sind und im Rahmen der Talanx-Konzernversorgung umgesetzt werden: Hier sei die Forderung genannt, dass es ein SPM für den Arbeitgeber nicht zum Nulltarif gibt, sondern stets ein substanzieller Beitrag des Arbeitgebers erwartet wird – über den Sicherungsbeitrag und den 15-Prozent-Zuschuss hinaus. Auch eine besondere Förderung von Geringverdienern war wichtig. Ebenso sollten Abfindungsgrenzen möglichst niedrig angesetzt werden, damit eine lebenslange Zusatzrente auch bei kleinen Anwartschaften gewährleistet bleibt. Von großer Bedeutung für ver.di war zudem das gesamte Thema der Kapitalanlage.

 

Apropos: Wie setzten Sie inhouse den komplizierten 15%igen Arbeitgeberzuschuss um, pauschal oder spitz?

 

von Löbbecke: Hier haben wir uns schon 2018 entschieden, den Zuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG pauschal umzusetzen. Das heißt: Spart der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge ein, wird der gesamte Umwandlungsbeitrag bis vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) pauschal mit 15 Prozent bezuschusst. Mit dem beim SPM zu zahlenden Zuschuss nach § 23 Abs. 2 BetrAVG werden wir das genauso machen.

 

Ihre Häuser bieten ihren Mitarbeitern ja bereits in vielfältiger Weise bAV an. Wer bekommt jetzt künftig was?

 

von Löbbecke: In die bestehende Konzernversorgung wird nicht eingegriffen. Die aktuelle Konzernversorgung sieht ein Matching-Modell vor, das vom Arbeitnehmer eine Entgeltumwandlung in Höhe von 2,5 Prozent des Einkommens fordert und dann vom Arbeitgeber in gleicher Höhe ergänzt wird. Die Entgeltumwandlung im Rahmen des Matching-Modells erfolgt bisher ausschließlich über die Direktversicherung. Künftig steht dafür das Sozialpartnermodell über die DDBR alternativ zur Verfügung. Der Arbeitgeber-finanzierte Beitrag fließt in eine rückgedeckte U-Kasse, um den Förderrahmen nach § 3 Nr. 63 EStG für die Entgeltumwandlung des Mitarbeiters nicht zu mindern. Zudem steht das SPM auch außerhalb des Matching-Modells allen Mitarbeiten für die Entgeltumwandlung zur Verfügung.

 

In der Finanzdienstleistung dürften die Beschäftigten im Wesentlichen um Geldpolitik, Zinslage und Garantieproblematik wissen. Wird es ein Kinderspiel, Ihre eigenen Leute vom Wechsel zu überzeugen?

 

von Löbbecke: Nein, ein Kinderspiel wird das sicher nicht. Das Wissen unserer Beschäftigten um niedrige Zinsen et cetera ist das eine. Das andere ist es, sie von der Notwendigkeit des Garantieverzichts zu überzeugen, um eine positive Rendite zu erzielen. Das mag in unserer Branche etwas leichter sein als in anderen. Ein Selbstläufer wird es dadurch auch nicht. Uns Deutschen sind Garantien lieb und teuer. Aber hier sehen wir einen Wandel bei den Bürgern. Bei vielen Menschen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Garantien Geld kosten und zu Lasten der Renditechancen gehen. Die Herausforderung besteht darin, deutlich zu machen, dass das auch für die bAV gilt. Wir müssen Kunden davon überzeugen, dass unser SPM aufgrund seiner Konstruktion auch ohne formelle Garantien ein hohes Maß an Sicherheit und Stabilität ermöglicht – bei gleichzeitig höchst attraktiven Versorgungsleistungen.

 

 

Uns ist bewusst, dass für einen Teil der Beschäftigten und der Verantwortlichen für die Umsetzung des Sozialpartnermodells im Unternehmen der Wunsch nach einer persönlichen Beratung existiert.“

 

 

Vertriebskosten fallen hier nicht an, oder?

 

von Löbbecke: Nein, und das ist ein weiterer Vorteil. Für die Umsetzung des Haustarifvertrages sind keine speziellen Vertriebskosten einkalkuliert, weil wir auf der digitalen Standard-Beratungs-und-Abschlusstrecke aufsetzen und für persönliche Rückfragen auf Mitarbeiter zurückgreifen können, die wir ohnehin für die Beratung der Belegschaft vorhalten.

 

Gut aber wenn die Deutsche Betriebsrente im Speziellen – oder auch andere Anbieter im Allgemeinen – irgendwann über die eigenen Häuser hinausgehen: Wie wird das SPM dann an Beschäftigte außerhalb von Versicherungen, also bei fachfremderem Publikum, umgesetzt werden? Wer berät das, zu welchen Kosten, und wer zahlt das? Kann die fortschreitende Digitalisierung helfen?

 

Golatka: Wir haben uns von Anfang an auf ein digitales Beratungskonzept konzentriert. Hierin liegt die Chance ein möglichst kostengünstiges Modell für alle Sparer anzubieten. Ein ausgeklügelter Beratungsprozess ergänzt um Erklärvideos, Webinare und Onlinepräsentationen unterstützen die Beschäftigten in ihren Entscheidungen. Uns ist aber ebenso bewusst, dass für einen Teil der Beschäftigten und der Verantwortlichen für die Umsetzung des Sozialpartnermodells im Unternehmen der Wunsch nach einer persönlichen Beratung existiert. Daher können die Sozialpartner die Beratungsleistung bei uns modular gestalten – ob persönlich vor Ort, per Video oder Telefon.

 

Nähern wir uns der Kapitalanlage: Sie arbeiten also mit zwei Pensionsfonds. Gibt es dann auch zwei verschiedene Renten?

 

Golatka: Nein, zwei verschiedene Renten wird es nicht geben. Wir sind ein Konsortium mit einem gemeinsamen Angebot für unsere Kunden.

 

Wie setzen Sie die erwähnten Produktfeatures anlageseitig um? Können Sie schon etwas zur Strategischen Asset Allocation sagen? Welche Asset-Klassen bilden den Schwerpunkt, wenn Sie jetzt frei von Garantien anlegen können?

 

Golatka: Um das Anlageziel zu erreichen, investiert der Fonds zu jeweils ca. 50 Prozent in Aktien und festverzinsliche Wertpapiere. Das Anleihen-Segment wird aktiv gemanagt und investiert zu circa 40 Prozentpunkten in Unternehmensanleihen und circa 10 Prozentpunkten in Staatsanleihen. Das Aktien-Segment wird passiv über die physische Nachbildung internationaler Aktienindizes dargestellt. Aktuell ist der Fonds in die Anlageregionen Europa mit circa 20 Prozentpunkten, USA mit circa 17,5 Prozentpunkten, Japan mit circa 7,5 Prozentpunkten sowie Emerging Marktes mit circa 5 Prozentpunkten allokiert. Die prozentualen Anteile in den einzelnen Anlageklassen sind aktuelle Zielvorgaben, die durch Anpassung der Anlagestrategie geändert oder durch Kapitalmarktentwicklungen zumindest vorübergehend abweichen können.

 

 

Wir erwarten, dass wir 40 Prozent höhere Startrenten im Vergleich zu den Top-10-Anbietern in der konventionellen bAV mit diesem Modell erreichen können.“

 

 

Was ist mit Real Estate, Alternatives, Private Markets? Alles kein Thema? Noch nicht?

 

Golatka: Unser Ziel ist es eine kostengünstige Kapitalanlage vom ersten Augenblick an anzubieten. Mit dem Seedmoney von Talanx und Zurich in Höhe von 100 Millionen Euro konnten wir bereits ein sehr kosteneffizientes Modell anbieten. Wichtig ist auch die enge Verzahnung der Kapitalanlage mit den Sicherungsmechanismen. Dieses Modell funktioniert besonders gut in den ausgewählten Asset-Klassen. Die Investition in andere Asset-Klassen kann grundsätzlich zukünftig sinnvoll sein, um das Rendite-Risiko-Profil weiter zu verbessern. Dies werden wir bei steigenden Fondsvolumina mit den Sozialpartnern besprechen.

 

Wo sehen Sie – infolge der Garantiefreiheit – relevante Unterschiede zu den Asset Allocations ihrer garantiegebundenen Planvermögen aus konventioneller bAV und LV?

 

 

Ohne diese Überrenditen könnten wir uns das Ganze schenken und weiterhin ausschließlich den Weg der bAV I beschreiten.“

 

 

Golatka: Die Garantiefreiheit gibt uns im Vergleich zu garantiegebundenen Produkten die Möglichkeit, in einem langfristigen Anlagehorizont einen deutlich höheren Anteil in chancenreiche Anlageklassen zu investieren. Wir erwarten, dass wir 40 Prozent höhere Startrenten im Vergleich zu den Top-10-Anbietern in der konventionellen bAV mit diesem Modell erreichen können. Wenn wir rein auf die garantierten Leistungen blicken, liegt der Wert sogar bei über 100 Prozent, und das bei einem ausreichenden Puffer.

 

Sie sind also durchaus optimistisch, nun signifikante Überrenditen zu erwirtschaften, welche den gesamten Neuaufbau einer bAV rechtfertigen?

 

Pascal Bazzazi im Gespräch mit Lars Golatka und Fabian von Loebbecke (v.l.n.r.) in Köln.

 

von Löbbecke: Ich bin hier nicht nur optimistisch – das klingt immer nach Prinzip „Hoffnung“. Ich lege die Messlatte für uns höher: Ich sehe uns in der Pflicht, dies zu erreichen. Denn Überrenditen sind zwingend erforderlich, um auskömmliche Versorgungsleistungen für künftige Rentnergenerationen darstellen zu können. Ohne diese Überrenditen könnten wir uns das Ganze schenken und weiterhin ausschließlich den Weg der bAV I beschreiten. Um Überrenditen erzielen zu können, ist der Verzicht auf Garantien erforderlich. Der Gesetzgeber hat mit dem BRSG dafür den Rahmen geschaffen. Zudem hat er sich entschieden, dies nur mit der reinen Beitragszusage im Rahmen eines SPM zu ermöglichen. Wer also diese neuen Chancen nutzen will, kommt gar nicht umhin, den Weg des Neuaufbaus einer bAV, zu beschreiten. Wir beschreiten ihn nun und sind davon überzeugt, dass dies ein guter und richtiger Weg ist.

 

Wie gehen Sie denn in dem SPM mit dem neuen Überthema ESG in der Kapitalanlage um?

 

Golatka: Der Fonds verfolgt neben der beschriebenen Investmentstrategie ebenfalls einen nachhaltigen Investmentansatz. Dies bedeutet, dass der Fonds nicht nur Rendite, sondern auch soziale und ökologische Ziele berücksichtigt.

 

Das heißt im Einzelnen?

 

Als erstes die ESG-Integration: Jede Investition birgt Chancen und Risiken. Ziel ist es, innerhalb eines definierten Risikos, maximale Renditen zu erzielen. Konventionelle Anlageprozesse stützen sich auf quantifizierbare Informationen zur Beurteilung von Risiken und Renditenchancen. Wir erweitern diese Bewertungen um die Beurteilung der drei nicht-finanziellen Dimensionen, also ökologische, soziale und Governance-Aspekte, sprich ESG. Diese Daten erhalten wir von spezialisierten externen Anbietern. Unsere Asset Manager, insbesondere im Anleihen-Segment, treffen dann auf Basis des Gesamtbildes die Investmententscheidung zu den einzelnen Assets. Zum zweiten nutzen wir eine Ausschlussliste mit der sichergestellt wird, dass nicht in Unternehmen investiert wird beziehungsweise zuvor getätigte Investments verkauft werden, die sich nicht an den UN Global Compact bezüglich kontroverser Waffen oder die überwiegend in kontroversen Geschäftsfeldern – zum Beispiel Kohle, Öl, Atomenergie – tätig sind, oder die sich nicht an bestimmte Normen – zum Beispiel Menschenrechte, Arbeitsnormen – halten. Als letzten wichtigen Punkt nutzen wir in unseren Investments das „Active Ownership“. Konkret zielen wir darauf ab, dass wir Stimmrechte der Aktieninvestments ausüben und dabei die jeweiligen Nachhaltigkeitsstrategien der einzelnen Unternehmen begleiten. Die Nachhaltigkeitsstrategie wird von uns laufend weiterentwickelt.

 

 

Alle, die diese terra incognita betreten, müssen sich erst einmal orientieren.“

 

 

Zum Schluss: irgendwelche Aufforderungen an Politik und Aufsicht in Sachen Sozialpartnermodell über das eingangs Erwähnte hinaus?

 

von Löbbecke: Meine Erwartungen an die Politik sind einfach: Geben Sie der bAV im Allgemeinen und der Einführung von Sozialpartnermodellen im Besonderen ausreichend Zeit sich zu entwickeln. Denn alle Beteiligten betreten damit absolutes Neuland und alle, die diese terra incognita betreten, müssen sich erst einmal orientieren. Verfallen Sie nicht in blinden Aktionismus, und kommen Sie bitte nicht ständig mit neuen Ideen um die Ecke, weil das Vorhandene vermeintlich nicht angenommen wird. Hören Sie besser auf die Stimmen und Forderungen der vielen bAV-Praktiker. Bitte vereinfachen und optimieren Sie die bestehende bAV, und mindern Sie konsequent rechtliche Hemmnisse. Mehrere kleine, aber für die betriebliche Praxis relevante Reparaturen am Haus der bAV werden mehr bewirken, als alle fünf Jahre mit einer vermeintlich großen Reform einen weiteren Anbau an das bAV-Haus dranzuschustern. Sollten sich Politiker für den Reparaturbedarf in der bAV interessieren, dem empfehle ich die regelmäßige Lektüre von LEITERbAV.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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