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Kürzlich in Kassel (II):

„… eine nicht regelmäßig wiederkehrende Rentenleistung der bAV.“

 

Erneut hatte ein Kläger in Kassel die Verbeitragung der Kapitalleistung seiner Direktversicherung angegriffen – und verloren. Weitere Einzelheiten waren – zumindest von Seiten des Bundessozialgerichts – nicht bekannt geworden, so dass die Entscheidungsgründe unklar blieben. Doch das ist zwischenzeitlich nachgeholt worden.

 

Am 8. Juli hatte wie berichtet der 12. Senat des Bundessozialgerichts in der Sache – B 12 KR 1/19 R – Herbert Heins ./. Techniker Krankenkasse zu entscheiden.

 

Ohne das Einzelheiten des Urteils publiziert worden wären, war bekannt geworden, dass der Senat in seiner ihm eigenen Hartleibigkeit in Fragen der Doppelverbeitragung die Revision Heinsens zurückgewiesen hatte (es sich aber nicht nehmen ließ, die Beitragsbescheide der beklagten Techniker Krankenkasse zu prüfen, einen Rechenfehler zugunsten des Klägers festzustellen und die Kasse zum Ausgleich des Fehlbetrages – 48 Cent – zu verdonnern).

 

Der Kläger hatte gegen die Verbeitragung der Kapitalleistung seiner Direktversicherung argumentiert, dass die streitige Kapitalleistung aus Mehrarbeit bezahlt und damit von ihm finanziert worden sei, so Überbrückungsfunktion habe und dem Übergang in den Ruhestand diene. Eine Altersversorgung scheide daher aus.

 

Das Urteil liegt zwar immer noch nicht vor, doch hat der 12. Senat nun seine Entscheidung kurz skizziert, mit der er den Kern der Argumentation des Klägers völlig verwarf; O-Ton 12. Senat:

 

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, ihre bestandskräftige Beitragsfestsetzung zur GKV und sPV auf die Kapitalleistung aus der Direktversicherung zurückzunehmen und die für die Zeit vom 1.8.2011 bis zum 31.3.2015 gezahlten Beiträge zu erstatten.

 

Die dem Kläger ausgezahlte Kapitalleistung ist eine von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5, Satz 3 SGB V erfasste nicht regelmäßig wiederkehrende Rentenleistung der bAV.

 

Der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts erfordert keine über die Direktversicherung hinausgehende Versorgungszusage des Arbeitgebers.

 

Die Lebensversicherung diente der Altersversorgung, denn im Zeitpunkt der Auszahlung war der Kläger bereits in der Freistellungsphase der Altersteilzeit und damit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden.

 

Die Leistung hatte keinen Überbrückungscharakter. Sie war weder zeitlich befristet noch zu einem Zeitpunkt fällig, der üblicherweise noch nicht als Beginn des Ruhestands angesehen wird.

 

Die Finanzierung der Lebensversicherung durch Mehrarbeit des Klägers ändert ihren Charakter als bAV nicht.

 

Dass Versicherungsprämien ganz oder teilweise aus dem Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers aufgebracht werden, ist nach der Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts unerheblich.

 

Auch nach erneuter Überprüfung konnte sich der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers überzeugen, auch als Kapitalleistung ausgezahlte Betriebsrenten der Beitragspflicht in der GKV und sPV zu unterwerfen.

 

Das Bundessozialgericht in Kassel. Foto Dirk Felmeden.

Dem Kläger half auch nicht der Verweis auf eine mögliche Verletzung des Gleichheitssatzes, weder mit Blick auf eine andere Behandlung von Zusatzrenten, die aus der Schweiz bezogen werden, noch mit Blick auf die neue Beitragsfreiheit von Riester-Renten (wo der Senat seiner Linie treu blieb); nochmal 12. Senat:

 

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht dadurch verletzt, dass Renten aus dem Ausland nur mit dem halben Beitragssatz belegt werden. Die hier streitgegenständliche Kapitalleistung ist als Versorgungsbezug einer anderen Vergleichsgruppe zuzuordnen, in der inländische und ausländische Bezüge gleich behandelt werden.

 

Die beitragsrechtliche Privilegierung der sog Riesterrenten ist erst am 1.1.2018 und damit nach dem hier streitigen Zeitraum in Kraft getreten und im Übrigen verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.“

 

UPDATE 25. November 2020: Zwischenzeitlich findet sich das Urteil des 12. Senats hier.

 

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