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Trilog-Einigung:

EbAV-II liegt vor

 

Die Brexit-Abstimmung hatte man vorbeigehen lassen, nun hat der Rat das Ergebnis des Trilogs zur neuen Pensionsfondsrichtlinie vorgelegt. Auf dem Parkett überwiegt die Erleichterung. Erste Einschätzungen.

 

Die erste Einigung datierte laut Angaben des Rates der Europäischen Union vom 15. Juni, und vergangenen Donnerstag haben sich der Ausschuss der ständigen Vertreter im Namen des Ministerrates und das Europäische Parlament auf die neue Pensionsfondsrichtlinie geeinigt. Der Entwurf findet sich in englischer Sprache hier.

 

Im Herbst muss noch das EP-Plenum zustimmen, doch darf dies als Formsache gelten. Danach wird die die Veröffentlichung in allen 24 Amtssprachen erfolgen und damit das Regelwerk inkrafttreten. Die Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit zur nationalen Umsetzung.

 

 

Arbeitgeber: Kompromiss mit Wichtigem und Wermutstropfen

 

Erste Stellungnahmen gibt es bereits. Alexander Gunkel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der BDA, erklärte gegenüber LEITERbAV:

 

Alexander Gunkel. BDA.
Alexander Gunkel.
BDA.

Die Einigung im Trilog ist ein tragbarer Kompromiss. Das Allerwichtigste ist und bleibt, dass bei der Überarbeitung der Pensionsfonds-Richtlinie auf die Anwendung der Solvency-II-Vorgaben für Pensionskassen und -fonds verzichtet wurde und damit eine milliardenschwere Belastung der bAV verhindert werden konnte. Es ist sehr erfreulich, dass auch im jetzt beschlossenen Richtlinientext eine eindeutige und unmissverständliche Absage an der Anwendung von Solvency-II-Vorgaben auf EbAV und darauf aufbauende Bilanzierungsmodelle verankert ist.“

 

Die jetzt erreichte Verständigung sei eine klare Verbesserung gegenüber dem ersten Kommissionsentwurf, so Gunkel weiter, und greife auch einige wichtige gemeinsame Hinweise der Sozialpartner auf. Dadurch seien einige bürokratische Zusatzbelastungen vermieden worden, beispielsweise bei den Informationspflichten.

 

Wermutstropfen gleichwohl. Gunkel: „Dennoch wird die Richtlinie Mehrbelastungen bringen, zum Beispiel bei Bestandsübertragungen. Die Vorgabe, dass Schlüsselfunktionen in EbAV und Trägerunternehmen grundsätzlich von verschiedenen Personen auszuüben sind, wird die Verwaltung von Firmenpensionsfonds und -kassen erschweren.“

 

 

PensionsEurope: Keine delegierten Rechtsakte

 

Janwillem Bouma, der niederländische Chairman des europäischen Pensionsverbandes PensionsEurope, kommentiert:

 

 Janwillem Bouma. Chair Pensions Europe.
Janwillem Bouma.
Chair Pensions Europe.

In particular, PensionsEurope is pleased that the updated legislation does not contain new solvency capital requirements for IORPs and welcomes that the IORP II Directive recognises that IORPs are first and foremost institutions with a social purpose. Considering the diversity of occupational pension systems across the EU and the central role played by national social and labour law, we are happy that the Member States retain flexibility to implement the IORP II Directive, and furthermore, the delegated acts which would give many regulatory competences to the EU level are not included the legislation.”

 

Zufrieden auch sein Generalsekretär (und OPSG-Chef), der Finne Matti Leppälä;:

 

Matti Leppälä;. PensionsEurope.
Matti Leppälä;.
PensionsEurope.

The fully funded requirement at all times for cross-border IORPs maintains as a matter of principle. However, the possibility to be underfunded is now mentioned in the Directive for the first time and PensionsEurope warmly welcomes this. Furthermore, we are pleased that both transferring and receiving authorities have a role in cross-border transfers, their roles are clearly defined, and EIOPA’s mediation is not binding.

 

[…]

 

PensionsEurope is happy that the new rules are more principles-based than the European Commission’s original proposal, and therefore, they take better into account the diversity of occupational pension systems across the EU.”

 

 

Insurance Europe: concerning because not consistent

 

Nicht wirklich zufrieden sind die europäischen Versicherer. Nicolas Jeanmart, Head of Personal Insurance, General Insurance & Macroeconomics bei Insurance Europe, lässt sich zitieren:

 

…the trialogue agreement is concerning because it does not ensure a consistent regulatory response to cases of under-funding of IORPs’ cross-border activities, entailing a risk of regulatory arbitrage. It is therefore of vital importance that member states make the right decisions when implementing the directive in order to protect EU citizens’ occupational pensions.”

 

 

aba: Not all's well that ends well, but…

 

Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der aba, kommentierte gegenüber LbAV:

 

Klaus Stiefermann. aba.
Klaus Stiefermann.
aba.

'Ende gut, alles gut!' wird man sicher nicht sagen können, denn der politische Kompromiss auf EU-Ebene in Sachen EbAV-II-Richtlinie macht den Weg frei zu aufsichtsrechtlichen Mindeststandards mit dem Ziel einer Mindestharmonisierung. Aber man wird, nicht ohne einen gewissen Stolz, sagen können, das es hätte viel schlimmer kommen können.“

 

Denn mit vereinten Kräften sei es in den letzten mehr als fünf Jahren gelungen, Solvency II zu verhindern. Durch EbAV-II werde zwar der Standard für Governance- und Risikomanagementanforderungen erhöht sowie die Informationspflichten erweitert, es gäbe aber keine neuen Eigenmittelanforderungen, so Stiefermann weiter. Wäre letzteres gekommen, hätten viele bAV-Systeme vor dem Aus gestanden.

 

Erleichterung zeigte Stiefermann ähnlich wie Bouma auch bezüglich weiterer Ermächtigungen: „Sämtliche von der EU-Kommission 2014 vorgeschlagenen Delegierten Rechtsakte konnten verhindert werden. Damit konnte die große Gefahr unkontrollierter nachgesetzlicher Regelungen abgewendet werden. Manchmal lohnt es sich eben doch auf EU-Ebene nicht aufzugeben und nicht müde zu werden die richtigen Argumente vorzutragen. Das erreichte gilt es jetzt zu verteidigen für die nächsten Jahre.“

 

Details zu den wichtigsten offenen Fragen im Vorfeld der nun erfolgten Einigung finden sich hier.

 

Mehr zu der neuen Pensionsfondsrichtlinie in Kürze auf LEITERbAV. Den deutschen Vertretern in Brüssel sei aber schon jetzt zugerufen, dass sie bitte schön ganz genau hingucken mögen. Dass auf verschlungenen Wegen Richtlinien nicht kurz vor, sondern sogar nach Toresschluss noch Änderungen erfahren, die dann – außer Deutschland – keinen mehr stören und demzufolge nicht rückgängig gemacht werden, haben wir schließlich bei der Verabschiedung der Mobilitätsrichtlinie beobachten dürfen (ebenso wie die stumpfe Aushebelung des Prinzips der Subsidiarität).

 

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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