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Kassandra – Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Draußen vor der Landtags-Tür

Unregelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Das mögliche Ende der Rente (mit 63) und späte Klugheit, der letzte Treiber der Immobilien, Erbenkrach vorprogrammiert – und warum es läuft für Markus Söder …

tagesschau (28. Mai): „Wegen Fachkräftemangel – Spahn will ‚Rente mit 63‘ sofort abschaffen.“

Kassandra hat die Rente mit 63 (ihren Lieblings-Schildbürgerstreich als Fachkräfte-Killer No. 1) unzählige Male kritisiert, seit erstmals die Planungen dazu konkret wurden – zuletzt erst in der jüngsten Presseschau.

Insofern hier volle Zustimmung zu dem, was Jens Spahn richtigerweise bemängelt und auch fordert.

Kleiner Reminder: Eingeführt wurde das Wahl-Geschenk 2014. Zwar nicht im BMAS, jedoch in der Bundesregierung war noch mal wer die dominierende Partei? Ach ja, die Union. Welchen Posten bekleidete seinerzeit Jens Spahn? Ach ja, parlamentarischer StS im BMF. Kurze Recherche zur Sicherheit. Und: Ach nein, stimmt ja gar nicht. Das Amt trat er erst 2015 an!

Nun denn, gucken wir mal weiter, zum Beispiel wie das Abstimmungsverhalten damals 2014 bei der Rente mit 63 war. Was finden wir? Namentliche Abstimmung. Wir gehen zu dem Buchstaben S, scrollen und durch zu Spahn, und was finden wir? „Ja“.

Kennen Sie das Sprichwort von dem Glashaus und den Steinen? Wohlwollend könnte man ein anderes anführen:

Warum soll ich heute nicht klüger sein als gestern?

So, und nun zum Dauer-Thema Real Estate:

Die Welt (26. Mai): Die großen Ungereimtheiten beim Aufnahmeprogramm für Afghanen.“

Dem Artikel zufolge hat das Baerbocksche Außenministerium eine Art Luftbrücke eingerichtet, über die jeden Monat 4.000 Afghanen per Jet nach Deutschland eingeflogen werden. Das hat die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion mitgeteilt.

Zunächst: Auch wenn das nur ein Mini-Bruchteil der gegenwärtigen Migration darstellt, so ist es doch eine kleine logistische und v.a. eine große diplomatische Leistung. Bekanntlich herrscht vor Ort das Taliban-Regime, und man fragt sich, wie eine solche Kooperation möglich ist. Man geht wohl nicht fehl, wenn man hier die altbewährte Scheckbuch-Diplomatie annimmt. Gleichwohl spricht der Beitrag auch Probleme an, v.a. dass die Politik keinen Überblick über die Auszufliegenden habe und dass Islamisten das Programm vielleicht nutzen würden, um nach Deutschland zu kommen.

An der Auswahl der Auszufliegenden sind 100 NGOs beteiligt. Auch hier überrascht, wie sehr doch Kooperationen mit dem islamistischen Regime möglich sind, und auch hier dürfte viel deutscher (Steuerzahler-)Cash die Sache erst möglich machen.

Wie dem auch sei, folgt man der öffentlichen Meinung, dann dürfte die Mehrheit der Deutschen die gegenwärtige Dynamik der Migration begrüßen (Stichwort Fachkräftemangel), die Skeptiker eine kleine Minderheit sein.

Doch was hat das alles mit der bAV zu tun? Die Leserschaft weiss es: Die Migration ist nach dem Wegfall des Nullzinses und dem Auftreten stark hemmender Effekte (beginnende Rezession, unkalkulierbareRegulierung) die letzte verbliebene Säule der weiter hohen Kurse der Asset Klasse Real Estate.

Daher ist es für Investoren wichtig abzuschätzen, wie die Migration sich weiter entwickelt. Nach den alarmistischen Meldungen vieler Landräte in den letzten Wochen und dem sog. Flüchtlingsgipfel stand im Raum, dass die Migration nach Deutschland deutlich eingeschränkt werden könnte. Kassandra befürchtet das unter Real Estate-Gesichtspunkten bekanntlich nicht bzw. hält das für regelrecht ausgeschlossen – weil Migration sich stets sehr dynamisch vollzieht und Deutschland zu durchgreifenden Maßnahmen zu Begrenzung ebensowenig bereit ist wie andere europäische Länder zu irgendeinem substantiellen Beistand in dieser Frage. Und die Existenz dieser Luftbrücke deutet darauf hin, dass der maßgebliche politische Wille zur Aufrechterhaltung der Migration ungebrochen ist.

Ergo wird diese Entwicklung weiter gehen, eher noch weiter Fahrt aufnehmen als zurückgehen und so Real Estate weiter stützen; Kassandras Wette von den 90 Mio. vor Ende des Jahrzehnts gilt weiter.

Freilich, das betrifft erst mal nur die Sparte Wohnen (wiederholt sei, dass die Wohnungsfrage zum Über-Thema dieser und künftiger Bundesregierung werden wird). Für Gewerbeimmobilien im Deutschland der Rezession gelten andere Gesetze, und hier sieht die Perspektive spürbar schlechter aus. Auch hier sei wiederholt, dass es interessant sein wird, zu beobachten, ob sich die Umwidmung von Gewerbe in Wohnen zu einem echten Boom auswachsen wird. Die Zutaten dafür sind jedenfalls da.

Bild (30. Mai): Für 600 000 Euro Miete im Monat: Land NRW will Flüchtlinge im Vier-Sterne-Hotel unterbringen.“

Auch dieser Vorgang hier ist auf unserem Parkett unter dem Gesichtspunkt der Asset Klasse Real Estate von erheblicher Bedeutung: Wenn oben geschrieben wurde, dass von der Entwicklung in erster Linie die Sparte Wohnen profitieren dürfte, dann stimmt das zwar, aber hier ein gutes Beispiel, dass durchaus auch Segmente der Gewerbeimmobilien profitieren können.

Jedenfalls gibt es sicher den ein oder anderen Pensionsinvestor, der auch mäßig gut laufende Hotels in seinem Immobilien-Portfolio hat (oder wegen der absehbaren Rezession bald haben wird), und hierfür könnte sich eine Lösung abzeichnen, die gleich mehrere Vorteile bietet:

Erstens ist der Staat ein solventer Mieter, der außerdem unter erheblichem Druck steht, schnell verfügbaren Wohnraum anzumieten und daher im Zweifel gut zahlt. Das kann man im Sinne der Berechtigten nutzen.

Zweitens ist ein solches Engagement für Geflüchtete auch unter dem Gesichtspunkt ESG nicht zu unterschätzen. Social und Governance sind offenkundig gegeben, und bezüglich Environment sind bei dem sich im Fluss befindlichen Gebäudeenergiegesetz für derlei Engagements durchaus großzügige Ausnahmeregelungen vorstellbar, eher sogar wahrscheinlich. Wo sonst kann man so leicht ESG genügen?

Insgesamt ergibt sich eine Entwicklung, in der die Rolle des deutschen Staates, die er in der Asset-Klasse Real Estate spielt, sukzessive weiter zunimmt. Der Staat bringt schließlich nicht nur Geflüchtete unter, sondern unterhält im großen Stil auch Behörden, Infrastruktur und Gesellschaften aller Art, und auch hier ist eher mit steigendem als zurückgehendem Bedarf zu rechnen – hier z.B. jüngst die Meldung, dass NRW Grundstücke für neue Gefängnisse sucht.

Schließlich: Möglicherweise könnte es künftig im Management von Immobilien künftig eine eigene Qualifikation für Experten geben, die sich, sei es Wohnen, sei es Gewerbe, explizit darauf spezialisieren, mit dem Staat als Mieter/Käufer umzugehen. Das dürfte Zukunft haben.

DIA (26. Mai): „Sanierung liefert Zündstoff unter Erben.“

Nochmal Real Estate, jetzt von einer anderen Warte. Wir kennen das Phänomen aus der bAV zu genüge: Wenn der Gesetzgeber ein Thema anfasst, dieses auch noch kompliziert gestaltet, dann zeigen sich im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zuweilen, oft aber auch erst in der Praxis, Folgewirkungen, die niemand auf dem Schirm hatte. Bei einem Gesetzes- und Bürokratie-Monster wie dem Gebäudeenergiegesetz kann das gar nicht ausbleiben.

Das DIA hat hier einen Problemfall (weitere werden sicher folgen) schon mal heraus gegriffen: Erbfall und Erbengemeinschaft. Dissens häufig, Sanierungskosten oft hoch, Aussitzen keine Lösung, da Bußgelder knackig. Wenn es also bedauerlicherweise bei Erbengemeinschaften ohnehin oft Streit gibt, dann birgt die Sanierungspflicht des GEG hier zusätzliches Eskalationspotenzial.

Man darf getrost davon ausgehen, dass die Problematik Erbengemeinschaft nur einer von Dutzenden überraschenden Rattenschwänzen ist, die dieses Gesetzesvorhaben noch nach sich ziehen wird.

BaFin-Journal (8. Mai): Notfalls mit der Brechstange: Ein BaFin-Mitarbeiter berichtet.“

Beim Kampf gegen illegale Finanzgeschäfte gibt es nicht nur Prüfungen durch die Aufsicht, sondern zuweilen rückt die BaFin auch zu Durchsuchungen aus. Spanender Beitrag, in dem dies die Anstalt selber schildert. Kassandra vermisst nur die Blendgranate.

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

Augsburger Allgemeine (30. Mai): Umfrage: CSU in Bayern weiter klar vorn, Grüne rutschen ab.“

Jüngst erst hatte Kassandra prognostiziert, dass Markus Söder, wenn im Herbst die Bayern ihren Landtag wählen, der große Profiteur der gegenwärtigen politischen Irrungen und Wirrungen der Ampel werden kann. Und prompt bestätigt eine Umfrage diese Erwartung.

Dass die CSU in Bayern die absolute Mehrheit zurückerobern könnte, ist jedenfalls weiter nicht ausgeschlossen – besonders wenn die FDP mal wieder draußen vor der Tür des Landtages bleibt (womit klar zu rechnen ist; sie ist ja Kummer gewohnt) und es Söder gelingt, AfD und Grüne (die sich allerdings mittlerweile beide auf eine stabile Basiswählerschaft stützen können) gleichermaßen im Zaum zu halten.

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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