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Referentenentwurf zur Änderung der DeckRV:

Die ZZR bekommt den Korridor

Der Handlungsbedarf in Sachen Zinszusatzreserve wurde ständig drängender. Jetzt wird das BMF tätig und plant, die Vorschrift um eine dämpfende Komponente zu erweitern. Die zu erwartenden Effekte dürften schon in diesem Jahr erhebliche Größenordnungen erreichen. Friedemann Lucius erläutert.

 

Friedemann Lucius, Heubeck AG.

Wenn Versorgungsträger ihre Leistungen versicherungsförmig garantieren, müssen sie die damit eingegangen Zinsverpflichtungen angemessen bewerten, um die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen zu gewährleisten.

 

Lebensversicherer, deregulierte Pensionskassen, aber auch Pensionsfonds, insoweit sie ihre Leistungen versicherungsförmig garantieren, sind seit 2011 aufsichtsrechtlich verpflichtet, zu diesem Zweck ihre Deckungsrückstellungen durch die sogenannte Zinszusatzreserve (ZZR) zu verstärken.

 

Der ZZR-Mechanismus sieht vor, dass der Rechnungszins zur Ermittlung der Deckungsrückstellung für einen Zeitraum von 15 Jahren rollierend abgesenkt wird, insoweit er ein bestimmtes, kalenderjährlich ermitteltes Referenzniveau übersteigt. Das Referenzniveau wird dabei als 10-Jahresdurchschnitt auf der Grundlage von 10-jährigen Null-Kupon-Euro-Zinsswapsätzen bestimmt. Bis 2017 wurden nach Schätzungen der Ratingagentur Assekurata auf diese Weise zusätzliche Reservemittel von insgesamt rund 60 Milliarden Euro angesammelt.

 

Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsen ist das Referenzniveau zur Absenkung des Rechnungszinses in den letzten Jahren mit wachsendem Tempo so stark gesunken, dass viele Versorgungsträger die damit verbundenen Zuführungen zur ZZR zunehmend nicht mehr aus ihren laufenden Erträgen, sondern nur durch Auflösung von Bewertungsreserven finanzieren konnten.

 

Die so realisierten außerordentlichen Gewinne konnten im aktuellen Marktumfeld nur zu schlechteren Konditionen angelegt werden – mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die laufenden Erträge.

 

 

Wider die Abwärtsspirale

 

Um diese Abwärtsspirale zu durchbrechen, den Versorgungsträgern wieder Luft auf der Kapitalanlageseite zu verschaffen und ihre Risikotragfähigkeit zu stärken, bestand dringender Handlungsbedarf. Das Bundesministerium der Finanzen hat die Notwendigkeit zur Anpassung des ZZR-Verfahrens erkannt und am 13. September 2018 einen Referentenentwurf zur Änderung der Deckungsrückstellungsverordnung vorgelegt, der von den Versorgungsträgern seit langem sehnlichst erwartet worden war.

 

Die darin enthaltenen Änderungen beschreiben die von der Deutschen Aktuarvereinigung in Zusammenarbeit mit der BaFin entwickelte sogenannte „Korridormethode“: Danach wird das Referenzniveau für die Absenkung des Rechnungszinses in einem ersten Schritt wie gehabt ermittelt. In einem zweiten Schritt wird die Veränderung des Referenzniveaus jedoch in Abhängigkeit vom Stand des Vorjahresniveaus und der zwischenzeitlichen Marktentwicklungen nach oben oder unten begrenzt.

 

 

Rückgang der Belastungen um bis zu zwei Drittel

 

Die Begrenzung der Veränderung des Referenzniveaus führt in der aktuellen Zinssituation zu einem deutlich gedämpften Anstieg der ZZR. Erste Schätzungen gehen dahin, dass die Zuführungen zur ZZR für die gesamte Lebensversicherungswirtschaft im Jahr 2018 auf ca. ein Drittel des bisherigen Ansatzes zurückgehen.

 

Darüber hinaus verhindert das neue Verfahren, dass es im Fall eines Zinsanstiegs aufgrund der 10-Jahres-Durchnschnittsbildung zu Nachlaufeffekten kommt; vielmehr verbleibt das Referenzniveau zunächst auf dem aktuell erreichten Stand, so dass die Zuführungen zur ZZR insofern erst einmal nicht weiter ansteigen.

 

Schließlich profitieren insbesondere auch jene Tarifgenerationen von der Entlastung, die derzeit keine ZZR bilden müssen, weil ihr kalkulatorischer Ansatz unterhalb des Referenzniveaus liegt. Denn die ZZR-Zuführungen gingen bei vielen Versorgungsträgern nicht nur zu Lasten der Bewertungsreserven, sondern auch zu Lasten der Überschussbeteiligung. Damit leistet die ZZR-Reform einen wichtigen Beitrag zu einer verursachungsgerechteren Verteilung der Überschüsse und zu einem Mehr an Generationengerechtigkeit.

 

Die Entlastung bei den künftigen Zuführungen zur ZZR kommt so dem gesamten Versichertenkollektiv zugute und trägt zur nachhaltigen Sicherung versicherungsförmig garantierter Versorgungsleistungen bei. Sie ist aus Sicht der betrieblichen Altersversorgung insofern uneingeschränkt zu begrüßen.

 

Stellungnahmen zu dem Entwurf nimmt das BMF bis zum 28. September entgegen.

 

Der BMF-Entwurf findet sich hier.

 

 

Der Autor ist Aktuar und Vorstand der Heubeck AG.

 

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