Jeden Freitag bringt Leiter-bAV.de eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Der Frust mit der Altersvorsorge, trügerische Ruhe und die Tricks des Wolfgang Schäuble.
Spon (im Juli): „Altersvorsorge: Nichtstun kann so schön sein.“
So richtig verdenken (wie auch der Artikel schreibt) kann man es den Bürgern ja nicht, dass sie ihr Geld lieber im Heute verkonsumieren als im ungewissen Morgen anzulegen für ein noch ungewisseres Übermorgen (mehr Details hier). Warum? Einfach unten bei Off Topic weiterlesen.
FAZ (25. Juli): „'Privileg für langjährig Versicherte absurd' – Arbeitgeber fordern Rente mit 67 für alle.“
Ob Alexander Gunkel bei seiner Argumentation auch die bAV im Auge hatte, geht aus dem Beitrag nicht hervor, liegt aber nahe. Schließlich würde eine Abschaffung der Ausnahme auch dort bei einigen offenen Fragen für sichtliche Entspannung sorgen.
Deutsche Mittelstands-Nachrichten: „Portugiesische Pensionsfonds müssen den Staat finanzieren.“
Weltweit – auch in so manchem deutschen Bundesland – eine beliebte Methode der Finanzalchemie: Staatlicher Pensionsfonds kauft Govies des eigenen Staates. Als Nebelkerzen gesellen sich häufig angebliche Funding Ratios und Gerede von einer sicheren Kapitalanlage hinzu.
FAZ (23. Juli): „Vermögensverwaltung – Fondsspezialitäten aus Frankreich.“
Positives ist aus Frankreich in diesen Zeiten ja eher selten zu lesen, und wenn es es denn gibt, dann soll es auch hier nicht fehlen.
OFF TOPIC. TO WHOM IT MAY CONCERN:
HB (25. Juli): „Ex-EZB-Chefvolkswirt Stark: 'Die Euro-Krise wird sich im Spätherbst zuspitzen'“.
Nun, da gebe ich ihm unbesehen recht. Übrigens wird sich die Euro-Krise noch oft zuspitzen und noch oft mit frischem Geld unter vorläufige Kontrolle gebracht werden – bis der letzte Vorhang fällt.
FAZ (26. Juli): „Ein Jahr nach Draghis Rede – Trügerische Entspannung in der Euro-Krise.“
Der Beitrag bringt es auf den Punkt: Das Mario – „Glauben sie mir, es wird reichen“ – Draghi die Märkte beruhigt hat, ist weder Wunder noch Überraschung. Doch sind die Märkte überhaupt nicht das Problem. Das Problem sind die realen Fehlallokationen ganzer Volkswirtschaften, die sich weiter verfestigen – aktuell in Frankreich unübersehbar. Die Märkte sind hier nur das Fieberthermometer; und wenn man dieses nicht mehr messen lässt, gewinnt man nichts anderes als eben besagte trügerische Ruhe – auf Zeit. Leserkommentare wie immer lesenswert. Dass manche dabei den Sachverhalt unter geostrategischen Aspekten einzuordnen beginnen, überzeugt. Der Niedergang Deutschlands und Europas – gespeist aus dem Zusammenwirken von demografischer Vergreisung (übrigens gepaart mit kultureller Infantilität), von De-Industrialisierung im Süden und De-Kapitalisierung im Norden (in Frankreich beides gleichzeitig), von einer Überlastung der Sozialsysteme und übelsten strukturellen Verkrustungen, von dem Trend zu europäischer Überbürokratisierung und Zentralisierung, von einer gerade erst im Beginn stehenden Staatsschulden- und Bankenkrise, zu der den Eliten nichts einfällt, als sie mit frischem Geld (sei es aus den Kernstaaten oder aus der Notenpresse) zuzukleistern und schließlich ganz profan von der geographischen Nähe zu den weltweit prekärsten Krisenherden, die nun von überseeischen „Verbündeten“ auch noch munter angestachelt werden – all das ist in diesen Jahren förmlich mit den Händen zu greifen.
SPON (im Juli): „Protest gegen Notenbankschelte – Top-Ökonomen starten Aufruf zur Unterstützung der EZB.“
Ungeachtet des vorherigen gibt es offenbar auch namhafte Unterstützer der Entwicklung. Was auch immer namhaft heißen mag. Ob die von SPON genannten Marcel Fratzscher, Beatrice Weder di Mauro und die zumindest mir völlig unbekannten „renommierten“ Professoren Francesco Giavazzi, Richard Portes und Charles Wyplosz die Schlagzeile von den „Top-Ökonomen“ rechtfertigen, sei mal dahingestellt.
SPON (im Juli): „Finanzkrise: Euro-Länder häufen neue Schulden an.“
Wundert noch irgendeinen irgendwas? Wie gesagt, die Krise fängt gerade erst an. Und ich wiederhole mich: Der in der Krise (allerdings nicht in diesem Artikel hier) oft bemühte Begriff vom verloren Jahrzehnt wird nicht ausreichen. Es wird viel länger dauern, und es geht um viel mehr, als nur darum, ein paar Jahre Zeit zu verlieren.
Die Welt (25. Juli): „Schäuble will EU bei Bankenunion austricksen.“
Dass das simple Spielen auf Zeit nun schon als Trick bezeichnet wird – ein Begriff, der ja zumindest eine gewisse Rafinesse impliziert – muss doch erstaunen. Das klingt alles mehr nach Verzweiflung als nach Austricksen. Im übrigen hat Wolfgang Schäuble zumindest meiner Erinnerung nach noch niemals irgendjemanden austricksen können, weder in der der Schreiber-Affäre, noch Helmut Kohl, noch Angela Merkel noch sonstwen. Und die Südländer sind fest entschlossen, nicht nur ihre Staatsschulden, sondern auch ihre Bankenaltlasten mit Deutschland zu poolen. Daran wird sie niemand hindern können. Am allerwenigsten Wolfgang Schäuble. Tipp: Noch in der Amtszeit der gegenwärtigen EU-Kommission wird die Bankenunion ohne relevante Abstriche und mit all ihren Konsequenzen umgesetzt werden.
FAZ (24. Juli): „Vermögensverwaltung – Die Suche nach Handfestem.“
Infrastruktur: Anlageseitig ist das Ganze für unsere Branche natürlich nicht uninteressant – wenn auch wohl nichts Neues. Interessant sind eher die politischen Implikationen, heißt es doch in dem Beitrag auch „Viele Kapitalgeber sitzen in Nordamerika, aber investiert wird gerne in europäische Infrastruktur“ und weiter: „Zudem befindet sich ein erheblicher Teil der europäischen Infrastruktur in der Hand von Staaten, die angesichts hoher Schulden Interesse an Verkäufen besitzen dürften.“ Passt also gut zum vorherigen Beitrag. Denn wenn ich oben von De-Industrialisierung und De-Kapitalisierung schreibe, dann sieht man hier schon, wie realen Folgen aussehen: Die Staaten nehmen mit dem Verkauf ihrer Infrastruktur Geld ein in dem ohnehin völlig aussichtslosen Bemühen, Schulden zu bezahlen, die in ihrer Gänze ohnehin unbezahlbar sind und die ebenso virtuell sind wie das Geld, das diese Schulden aufgetürmt hat und weiter auftürmt – nur der Ausverkauf in unseren Ländern, Städten und Gemeinden, der ist ganz real.
N-tv.de (26. Juli): „Querelen um künftigen Fed-Chef – Widerstand gegen Summers wächst.“
Also, ich bin jedenfalls für Larry Summers, dann wird es wenigstens nicht langweilig.
FAZ (26. Juli): „Folgen der Flut – Die Bundesbank kämpft mit verschlammten Geldscheinen.“
„Was für ein Zirkus wegen der paar Kröten,“ würde Mario Draghi wahrscheinlich denken und auf irgendeinen Knopf drücken…