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Kassandra (I):

Die kommentierte Presseschau zur bAV

Regelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Wegen der Fülle der gegenwärtigen Informationsdichte ausnahmsweise am heutigen Freitag und am kommenden Montag in zwei Teilen: Heute Teil I: weniger Drohung als vielmehr Versprechen?

 

 

Frankfurter Rundschau (29. August): „‘Ich fühle mich verarscht‘: Deutsche Rentner verlieren Erspartes – es trifft Millionen wegen Betriebsrente.“

 

Der FR-Beitrag wurde zwischenzeitlich redigiert. In der Ursprungsversion war die Überschrift noch härter, dort hieß es:

 

Millionen Deutsche verlieren ihr Erspartes – wegen Betriebsrente.“

 

Das fand man wohl etwas zu alarmistisch. Doch auch die entschärfte Headline ist immer noch deftig genug. Im Text fallen dann Begriffe wie „Betrug“, „Hinterhältigkeit“, „Tücke“, „List“.

 

In der vergangenen Presseschau hatte Kassandra erneut gewarnt, dass das Thema Doppelverbeitragung die Politik in den Massenmedien erstens nachhaltig und zweitens auch anlasslos vorgehalten werden wird. Dazu gehört auch, dass die Schlagzeilen an Härte zulegen können. War im Focus vergangene Woche noch von „Volksfalle“ die Rede, legt die FR hier noch nach – und schreckte ursprünglich auch nicht vor äußerst plakativen Aussagen zurück („Millionen Deutsche verlieren ihr Erspartes – wegen Betriebsrente“).

 

Doch wie dem auch sei: Das von der Politik hart an der Grenze der Legalität (und teils darüber hinaus) geschaffene Problem hat eben diese Politik nicht allein. Die Sache nimmt die an sich völlig unschuldige bAV in die Gemeinschaftshaftung, beschädigt ihr Standing und hindert ihre Fortentwicklung – dem die Politik wiederum mit dem Gerede von einem Obligatorium meint beikommen zu können (dazu mehr im nächsten Beitrag).

 

Und auch wenn die Politik in regelmäßigen Abständen das Thema irgendwie auf die Tagesordnung zu heben scheint – so auch in diesen Tagen wieder durch Hubertus Heil – ist substantiell bisher genau was geschehen? Richtig: gar nichts.

 

 

DIA (29. August): Mehrheit gegen Pflichtvorsorge.“

 

Mit 47 Prozent lehnt nahezu die Hälfte der Deutschen eine ergänzende Pflichtvorsorge für das Alter ab, hat das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) in seinem jüngsten DIA Deutschland-Trend ermittelt.

 

Das ist ein weiterer Hinweis darauf, dass das Gerede mancher Politiker, die meinen, das Parkett mit Drohungen von einem Obligatorium erschrecken zu können, substanzlos ist.

 

Das DIA erinnert zu Recht daran, dass „als das letzte Mal ein derartiger Versuch im Zusammenhang mit der Einführung der Riester-Rente gestartet wurde, ein Beitrag in der Bildzeitung genügte , um die Idee über Nacht zunichte zu machen.“

 

Kassandra schrieb schon vor knapp zwei Jahren:

 

Erstens wäre ein Obligatorium nichts weiter als eine Kapitulationserklärung der Politik, nämlich dass sie nicht in der Lage ist, bAV-Strukturen zu schaffen, die durch Attraktivität für die Beteiligten überzeugen, sondern nur solche, die Zwang brauchen.

 

Zweitens würde eine solche Zwangs-bAV von Arbeitnehmern wie Arbeitgebern als nichts anderes aufgefasst als zusätzliche Lohnnebenkosten. Dann wäre es das einfachste, die Beiträge zur gesetzlichen Rente zu erhöhen, der Effekt wäre der gleiche.

 

Und drittens schließlich würde eine solche Zwangs-Maßnahme das kostbarste Gut der deutschen Altersvorsorge – nämlich die Bereitschaft der Arbeitgeber, sich auch im 21. Jahrhundert in der bAV zu engagieren – weiter beschädigen.“

 

Fazit: Ohne jede Notwendigkeit die Komplexität verschärfen (Stichwort 15-Prozent-Zuschuss), halblegale Beitragspflichten rückwirkend einführen (die dann sukzessive durch das Bundesverfassungsgericht korrigiert werden müssen, was dann wiederum die EbAV vor fast unlösbare Aufgaben stellt), eben in dieser Sache ständig von einer Korrektur sprechen, aber dann doch nichts erreichen, ebenso in anderen bAV-Problemfeldern keinen Schritt weiterkommen (Stichwort 6a), ständig erzählen, dass morgen wieder neue Strukturen in Altersvorsorge und bAV aufgestellt werden (Deutschlandrente, grüner Staatsfonds etc.) und über alledem noch eine Geldpolitik unterstützen, welche Währung, Zinslandschaft und Kapitalmärkte sukzessive und nachhaltig zerstört. Aber dann noch sich aufplustern und ungeachtet der eigenen chronischen politischen Handlungsunfähigkeit mit zusätzlichen Lohnnebenkosten (sprich: obligatorische bAV) drohen wollen. Realitätsferner gehts nimmer. Und planloser wohl auch nicht.

 

Apropos Realität: Vielleicht ist für Gewerkschafter und Arbeitgebervertreter das Gerede von einem Obligatorium ja ohnehin weniger Drohung als vielmehr Versprechen? Jedes Obligatorium würde ihn schließlich von der Last befreien, trotz der teilweise eben geschilderten, völlig insuffizienten Rahmenbedingungen für eine Neuaufsetzung eines SPM ganz persönlich die Verantwortung übernehmen zu müssen. Da könnte so manchem ein Obligatorium vielleicht ganz gelegen kommen.

 

Wie sagt Kassandra stets so schön: Kluge Fördermittel des Staates für die betriebliche Altersversorgung gibt es viele. Eines der wichtigsten gibt es dabei sogar ganz umsonst.

 

Es heißt Good Governance.

Kassandra bei der Arbeit.
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