Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Kassandra:

Die kommentierte Presseschau zur bAV

Regelmäßig freitags – heute ausnahmsweise am Montag, dafür umso ausführlicher – bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Der Vorwurf an die Aufsicht.

 

 

private banking magazin (4. Juli): Tarifabschluss – Gehälter der Bankangestellten steigen um 4 Prozent bis 2021.“

 

In erster Linie geht es in den Tarifverhandlungen wie üblich um Gehaltssteigerungen, aber auch um Qualifizierung, Arbeitszeit, Ausbildung, Prävention und – wie das private banking magazin schreibt, „um Verhandlungen über ein neues Tarif-Entgeltsystem, einen eigenständigen Ausbildungs-Tarifvertrag und einen Tarifvertrag zur bAV nach dem neuen Sozialpartnermodell Betriebsrente“.

 

Verhandlungen über ein SPM also. Viel heißen muss das noch nicht, aber vielleicht auch nicht wenig. Mehr oder wenig verklausulierte Ankündigungen über ein SPM gab es bereits einige – geschehen ist bis dato noch nichts. Das gilt übrigens auch für die Überlegungen der ver.di vom März diesen Jahres, wie LbAV anlässlich der Tarif-Verhandlungen bei den Banken just dieser Tage nochmal bei der Gewerkschaft erfrug. Man wird sehen…

 

 

Focus Money online.de (14. August): „Rentner doppelt abkassiert – Volksfalle Betriebsrente: Was Sie jetzt tun können.“

 

Lange nichts gehört von der Dauerbaustelle Doppelverbeitragung. Doch der Focus-Artikel belegt aufs neue, dass die Politik nicht glauben sollte, das Thema aussitzen zu können. In schöner Regelmäßigkeit taucht es – auch ohne akuten Anlass – in den Massenmedien auf.

 

Und: Die Doppelverbeitragung ist ohne Zweifel einer der großen Hemmschuhe der Weiterverbreitung der bAV in Deutschland – weil sie die Attraktivität der bAV mindert, weil sie vor allem angesichts der erheblichen Langfristigkeit aller bAV-Prozesse bei allen Beteiligten Zweifel an der Qualität und Verlässlichkeit der Governance nährt, weil sie auf der Ebene der Tarifparteien die Inauguration von Sozialpartnermodellen hemmt, und weil sie auf der Ebene der Bürger ein kleiner Baustein in dem großen Mosaik in Deutschland ist, das da heißt Staats- und Politikverdrossenheit.

 

Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass auch die Härte der Schlagzeilen zuzunehmen scheint. „Volksfalle Betriebsrente“ – das spricht eine deutliche, für das Pensionswesen katastrophale Sprache. Wenn die Politik nicht – nach Jahren der Diskussion – endlich handelt, dann wird sie mehr solcher Schlagzeilen bekommen. Doch anstatt ihren Fehler zu korrigieren, rührt sie sich in Kombination mit dem substanzlosen Gerede von einer Pflicht zur Betriebsrente hier selber erhebliches Konfliktpotential herbei.

 

 

Süddeutsche Zeitung (12. August): „Lebensversicherungen – Die Krise ist nicht vorbei.“

 

Die SZ hat mit BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund offenbar ein längeres Gespräch über die Lage der Lebensversicherer geführt – angesichts der enormen Abwärtsdynamik bei den Zinsen in den letzten Monaten brandaktuell. Wenig überraschendes Fazit: kein Grund zur Entspannung.

 

Auch die altbekannte Pensionskassen-Problematik kommt in dem Beitrag vor: Gerhard Schick, profilierter, ex-finanzpolitischer Sprecher von Bündnis 90 / Die Grünen im Deutschen Bundestag und jetzt Vorstand der „Bürgerbewegung Finanzwende“, hat laut SZ der BaFin vorgeworfen, dass sie bei den beiden in Schieflage geratenen EbAV Kölner Pensionskasse und Caritas Pensionskasse zu spät gehandelt habe.

 

Grund hat sich, so die SZ weiter, ohne auf einzelne EbAV einzugehen mit dem Verweis auf die nicht einfache Rechtslage bei der Untersagung des Neugeschäfts verteidigt (übrigens hat die BaFin auch gegenüber LEITERbAV jüngst die Auskunft verweigert, ob sie nun der Steuerberater-Pensionskasse die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb widerrufen habe, da sie sich nie zu einzelnen Unternehmen äußert).

 

Der Anwurf Schicks – ein Kenner der Problematik bei den Kassen – hat möglicherweise seine Berechtigung, doch ist das von außen schwer zu beurteilen. Ebenso berechtigt ist aber der Verweis Grunds auf die Rechtslage. Es sei daran erinnert, dass die Anstalt niemanden zu Nachschüssen in eine Pensionskasse zwingen kann. Und zumindest, dass er nicht laut Alarm geschlagen hätte, das kann man Grund jedenfalls nicht nachsagen – die BaFin-Pressekonferenz vom Mai 2018 dürfte für jeden auf unserem Parkett schließlich noch in bester Erinnerung sein.

 

Ergänzt sei, dass man angesichts des Vorwurfs Schicksens daneben fragen könnte, was mit der Vertreterversammlung der Kassen ist, mit dem Aufsichtsrat, mit dem VA, vor allem aber mit dem damaligen Vorstand selbst.

 

Und noch etwas sei ergänzt, das Kassandra zu erwähnen nie vergisst: Die Pathogenese der Lage bei manchen Kassen liegt ursächlich in dem Niedrigzins begründet – ein Phänomen, das bekanntlich maßgeblich von der Politik, auch der deutschen, seit über einem Jahrzehnt sehenden Auges und hart am Rande der Legalität (für viele Beobachter aber auch jenseits der Legalität, warten wir das Urteil des BVerfG ab) herbeimanipuliert wird. Man müsste in die Bundestags-Archive gehen, doch wenn Kassandra sich recht erinnert, dann waren die Grünen und auch Schick im Prinzip durch die Bank und jederzeit im Grundsatz stete Befürworter der „alternativlosen“ Rettung erst der Banken, dann ganzer Staaten und des Euros mittels dieser Manipulation. Ist Schick daher vielleicht nicht so ganz der richtige, der Aufsicht Vorwürfe zu machen, zu spät auf eine Entwicklung reagiert zu haben, die er und die seinen selber kontinuierlich mitgetragen haben?

 

 

Deutscher Bundestag (15. August): „Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2020.“

 

Neues vom Umlagesystem berichtet der Deutsche Bundestag: Der größte Posten im Einzelplan 11 des BMAS im Jahr 2020 mit fast 110 Mrd. Euro (plus gut vier Mrd. Euro zu 2019) bleibt die Rente, deren steigende Kosten der Hauptgrund für den Anstieg des Gesamtetats auf gut 148 Mrd. Euro sind. Auf 101,77 Mrd. Euro (2019: 98 Mrd. Euro) beziffern sich die Leistungen an die Rentenversicherung.

 

Kassandra bei der Arbeit.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.