Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Kassandra:

Die kommentierte Presseschau zur bAV

Regelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: die Dritte im Bunde…

 

FAZ (5. Februar): „Spahns Beitragsentlastung für Rentner steht auf der Kippe.“

LEITERbAV hat längst aufgehört, über jede kleine Zuckung in der Endlosschleife namens „Abschaffung der Doppelverbeitragung“ zu berichten – erst recht, seit dankbarerweise die Tagespresse diese Aufgabe übernommen hat – sondern beschränkt sich auf das institutionelle Parkett.

 

Hier gibt die FAZ neben der endlosen Diskussion um die Finanzierung einen Überblick über das Innenleben in der Union, das auch nach dem sprachlich verunglückten CDU-Parteitagsbeschluss vom Dezember 2018 alles andere als klar ist. Insbesondere aus der CSU scheint nun neuer Widerstand gegen eine Entlastung zu kommen.

 

CSU und bAV und Doppelverbeitragung? Da war doch schon mal was, oder? Ja, erstens war es schließlich Horst Seehofer, der 2003 mit der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) u.a. die GKV-Doppelverbeitragung in der bAV vereinbart hatte. Angeblich soll er danach gesagt haben, dass diese eine der schöneren Nächte seines Lebens gewesen sei (nicht nur seiner Frau, sondern auch ein paar Millionen Betriebsrentnern dürfte dieser Satz sauer aufgestoßen sein).

 

Und zweites waren es doch maßgeblich CSU-Abgeordnete, die der deutschen bAV kurz vor Verabschiedung des BRSG den 15%igen AG-Zuschusses (auch für den Bestand) geschenkt haben – ein Kuckucksei das, die Arbeitgeber, die sich in der bAV engagieren, noch lange beschäftigen wird.

 

Sollte nicht eben diese verunglückte 15%-Regelung eigentlich für die Politik seinerzeit den einfachsten Exit aus der vertrackten Doppelverbeitragungs-Diskussion bieten – zu Lasten des Arbeitgebers? Man verweist den Berechtigten einfach darauf, dass just diese 15% ihn für die Doppelverbeitragung entschädigen? Davon ist derzeit in dem Diskurs jedenfalls nur noch wenig zu hören.

 

 

Bundesregierung (15. Januar): „Entwurf eines Gesetzes zur Beitragsentlastung…“

Wer sich für den Spahnschen Referentenentwurf im einzelnen interessiert … voilá.

 

 

Süddeutsche Zeitung (6. Februar): „Nordrhein-Westfalens Sozialminister: ‘Lasst uns das nicht wieder kaputtreden’.“

Über die schädliche Rolle, die NRW-Minister Laumann bei der Umsetzung der bAV-Reform und dem Willen der Tarifpartner spielt, indem er ständig neue gesetzgeberische Großbaustellen ins Spiel bringt (analog zu dem hessischen Gerede von einer Deutschland-Rente) ist an dieser Stelle schon oft berichtet worden.

 

Hier nun äußert sich Laumann zur brandneuen und sehr teuren Grundrenten-Idee von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil – und das anders als viele in der Union zustimmend.

 

Aber: Wenn sich diese Idee – koste sie, was sie wolle – durchsetzen sollte, stellt sich dann nicht die Frage, ob wir bAV bei Geringverdienern überhaupt noch benötigen? Das, was das BRSG verzweifelt zu erreichen sucht, nämlich die bAV eben in dem schwierigen Umfeld zu verbreiten, wo dann die Grundrente für Abhilfe sorgte, stünde dann gar nicht mehr drängend auf der Tagesordnung? Und Politik, Stakeholder und Arbeitgeber könnten sich wieder auf die althergebrachte Aufgabe konzentrieren, bAV dort zu verbreiten, wo sie gut umsetzbar ist und von den Betreffenden auch geschätzt wird – Chemie, Metall, Großindustrie etc…?

 

Wie dem auch sei, der Heilsche Vorstoß bedeutet aber auch, dass neben der stets neu aufgewärmten Deutschland-Rente und dem Obligatorium die neue Grundrente nun die Dritte im Bunde ist. Die Dritte im Bunde, die in jedem Tarifparteiler, der ein Sozialpartnermodell aufstellen soll, die Frage aufdrängen dürfte, ob für solch ultra-langfristige Entscheidungen die politische Diskussion derzeit nicht viel zu unausgegoren ist.

 

 

MetallRente (6. Februar): „Rekordzuwachs für das Versorgungswerk MetallRente – Ausbau betrieblicher Altersversorgung ist größte Chance für zukunftsfeste Alterssicherung.“

Wenn oben die leicht ketzerische Frage aufgeworfen wurde, ob angesichts all der guten, neuen Vorsorge-Ideen der Politik Sozialpartnermodelle überhaupt noch nötig sind und sich die bAV stattdessen auf die bestehenden Strukturen konzentrieren sollte, dann sieht man hier zumindest, dass in Deutschland bAV durchaus erfolgreich und mit Breitenwirkung gemacht werden kann – auch und erst recht auf der tariflichen Ebene.

 

Jedenfalls vermeldet die MetallRente stramme Zahlen für das vergangene Jahr: 72.000 neue Altersvorsorgeverträge (+47 Prozent), 22.000 neue Verträgen zur Arbeitskraftabsicherung, über 3.000 neue Kundenunternehmen, mittlerweile 820.000 Vorsorgeverträge im Bestand.

 

 

FAZ (6. Februar): „Neue Betriebsrente kommt nicht in Schwung.“

Die FAZ verrät hier kein Geheimnis. Erst jüngst wurde die Zurückhaltung der Tarifparteien in Sachen SPM wieder ausführlich auf dem Berliner bAV-Auftakt diskutiert.

 

Auch dort war schon die Rede von dem Termin am 20. Februar im BMAS, den auch die FAZ erwähnt. Mit den Spitzen der Tarifverbände will Heil besprechen, wie es nun weitergehen soll.

 

Aber: Wie oben bereits kritisiert, war es doch Heil höchstselbst, der mit der Idee der Grundrente erneut Rechtsunsicherheit schafft. Nochmal: Warum soll es eine Tarifpartei auf sich nehmen, unter schwersten Kapitalmarktbedingungen (Stichwort: politische Währungs- und Zinsmanipulation ohne Exit-Strategie) eine langfristige EbAV für ein SPM aufzustellen und den Niedrigverdienern die kleinen Lohnerhöhungen auch noch teils dorthin abzuführen, wenn es neben alle den technischen Herausforderungen und Komplexitäten im Gesetz nun auch noch vielleicht bald drei neue Großbaustellen namens Deutschland-Rente, Obligatorium und Grundrente gibt, die wieder alles auf den Kopf stellen?

 

Es sei den Verantwortlichen zugerufen: Die Altersversorgung im Deutschland des frühen 21. Jahrhunderts ist am Vorabend des demografischen Zusammenbruchs kein Versuchslabor, wo jeder, der ein wenig politische Verantwortung hat, jeden Tag mit neuen Vorschlägen zum halbtotalen Systemumbau um die Ecke kommen kann – und sich dann noch wundert, warum sich keiner engagiert in einer Sache, die einerseits ohnehin von mannigfacher Rechtsunsicherheit geplagt ist, andererseits hochkostspielige Bindungswirkung von fünf Jahrzehnten mit sich bringt.

Kassandra bei der Arbeit.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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