Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Kassandra:

Die kommentierte Presseschau zur bAV

Regelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Putzig. Quod erat expectandum. Und echten Cash wird Deutschland niemals sehen.

 

 

CDU.de (8. Dezember): „Gegen doppelte Sozialabgaben auf private Altersvorsorge“

 

Kolportiert werden in der never ending Story namens „Abschaffung der Doppelverbeitragung“ verschiedene Varianten, vor allen Dingen Freibetrag oder hälftige Belastung. Wie dem auch sei, man darf weiter gespannt (und vermutlich weiter auch geduldig) sein, insbesondere nach dem Beschluss der CDU auf ihrem neulichen Parteitag. Putzig in jedem die Fall die völlig unscharfe Wortwahl, der sich die Regierungspartei in einer Sache bedient, die sie erst verbockt hat und nun korrigieren will:

 

Die CDU Deutschlands fordert eine Reform der Sozialabgaben, die auf Beträge zur privaten Altersvorsorge erhoben werden. Es soll künftig sichergestellt werden, dass Arbeitnehmer oder Selbständige, die Entgeltumwandlung zur privaten Altersvorsorge nutzen, nicht doppelt belastet werden.“

 

Meinen die überhaupt die bAV?

 

 

 

Die Zeit (11. Dezember): EuGH: Öffentliches EZB-Anleihenkaufprogramm ist rechtens“

 

Im August 2017 hat Karlsruhe in Sachen QE den EuGH angerufen. Kassandra schlug sich damals direkt auf die Schenkel:

 

Im Ernst, was soll denn dabei rauskommen? Etwa, dass der EuGH amtlich feststellt, was jeder weiß: dass es sich um verbotene Staatsfinanzierung handelt? Also Rückabwicklung des gesamten QE-Volumens? Italien, Frankreich et.al. müssen gegen echtes Geld der EZB ihre Sovereigns wieder abnehmen?“

 

Entsprechend jetzt die vorhersehbare Entscheidung des EuGH. Quod erat expectandum. Denn keine amtliche Instanz in Euroland könnte QE für illegal erklären und rückabwickeln, die Vorstellung ist schlicht irreal.

 

Ebensowenig könnte dies das Bundesverfassungsgericht tun, das nun wieder am Zuge ist. Doch es sei wiederholt, dass das höchste deutsche Gericht im Zuge seines erwartbaren „Ja, aber“-Urteils wenigstens ein paar wichtige Weichen stellen könnte – nämlich der Bundesregierung und der Bundesbank auftragen, mit dem Druckmittel des Euro-Ausstieges die EZB bzw. die anderen Euroländer immerhin zu zwingen:

 

 

  • dass praktisch extrakonstitutionale Maßnahmen wie ANFA, bei denen sich Staaten stumpf ihre eigenen Euros drucken, strikt verboten und ggf. gar rückabgewickelt werden müssen, mindestens aber für die anderen Euro-Länder ein Ausgleich nach dem Capital Key erfolgt

 

  • dass Deutschland das Recht erhält, seine Target-II-Salden stets von der EZB per Überweisung an die Bundesbank ausgleichen zu lassen.

 

Es sei Karlsruhe erneut zugerufen: Wenn man schon nicht verhindern konnte oder wollte, dass der QE-Kuchen völlig über Gebühr aufgeblasen worden ist, dann sollte man wenigstens dafür sorgen, dass das eigene Land seinen Anteil an dem Kuchen erhält, anstatt ihn fast komplett zu bezahlen.

 

 

Die Welt (13. Dezember): „EZB stellt Anleihenkäufe ein“

 

Nun also will sie aus QE aussteigen, die EZB, ganz konventionell. Folglich könnte obige Meldung schon fast obselet sein, zumindest betreffend den Future Service. Doch dazu zwei Anmerkungen:

 

Erstens bleibt abzuwarten, ob die EZB tatsächlich den Willen und die Möglichkeit hat, aus QE auszusteigen. Auf die prekäre geopolitische Gemengelage Europas (Staatsschulden- und Bankenkrise in Italien und ganz Südeuropa samt technologischer Rückständigkeit, bevorstehender demographischer Zusammenbruch, anhaltender Migrationsdruck durch Failed States vor der Haustür, zunehmende Terrorgefahr, innereuropäische Zentrifugalkräfte et cetera) haben Brüssel, Paris und Berlin keine einzige strategische Antwort außer der des billigen Geldes. Man wird sehen, wie sich die genannte Gemengelage mit dem ersten Entzug hiervon verhält.

 

Zweitens steigt die EZB ja gar nicht ganz aus. Wie auch in dem verlinkten Artikel vermerkt, wird die EZB auslaufende Papiere ersetzen. Das passt zu dem Vorwurf, den Kassandra erhoben hat, seit westliche Notenbanken ab Beginn der Finanzkrise angefangen haben, Staatsanleihen aufzukaufen. Schon vor fast zehn Jahren (nach Erinnerung Kassandras hat die EZB schon Staatsschulden gekauft, bevor das offizielle QE-Programm gestartet worden ist) in den dpn und später auch ungezählte Male an dieser Stelle wurde der Autor nicht müde, zu betonen, dass QE geschenktes Geld ist und die aufgekauften Anleihen aus den Kellern der Notenbanken heraus faktisch nie mehr das Licht der Welt erblicken werden.

 

Man wird also sehen, wie ernst es der EZB mit dem Ausstieg wirklich ist, wie ernst es ihr überhaupt sein kann und welche Halbwertszeit der nun groß angekündigte QE-Ausstieg hat. Kassandra hält nach wie vor nur einen Ausweg aus der ordnungspolitischen Katastrophe für gangbar, den der Va-Banque-Strategie.

 

 

Deutscher Bundestag (11. Dezember): „Kapitalmarktunion vertiefen, Staatsschulden entprivilegieren, TARGET2-Salden verringern“

 

Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag hat den Antrag gestellt, über eine Vertiefung der europäischen Kapitalmarktunion eine Verringerung der Target-II-Salden in der Eurozone zu erreichen. Die deutschen Forderungen innerhalb des Systems liegen derzeit bei ca. 900 Milliarden Euro.

 

Die FDP nennt die Target-II-Salden ein „Symptom einer Politik, durch die in den vergangenen Jahren Marktmechanismen im Bankenmarkt außer Kraft gesetzt wurden“.

 

Dazu vier Dinge:

 

Erstens saß die FDP bekanntlich von 2009 bis Herbst 2013 in der Bundesregierung und hat die Strukturen der damaligen Politik, die sie nun kritisiert, maßgeblich mit zu verantworten (eine Ausnahme ist übrigens der den Antrag mitzeichnende Abgeordnete Frank Schäffler). Auch die Target-II-Salden waren Anfang 2012 schon nahezu so hoch wie heute.

 

Zweitens ist es gleichwohl gut, dass die FDP die Salden als das adressiert, was sie sind: nämlich als gigantisches Schuldenproblem. Unvergessen die zahlreichen Beschwichtigungsakteure verschiedenster Stakeholder im In- und Ausland, welche die Komplexität der Materie stets zu nutzen wussten, die Problematik zu verschleiern oder kleinzureden.

 

Drittens hat der Antrag natürlich keinerlei Aussicht auf Erfolg. Ohne die Querfinanzierung durch QE und Target-II wäre angesichts der geostrategischen Multiproblemlage (s.o.) Euroland der eigene Laden schon längst regelrecht um die Ohren geflogen. Kassandra glaubt ja wie oben erläutert nicht einmal daran, dass die EZB QE wirklich dauerhaft beenden wird.

 

Viertens ist die Abhilfe aus dem Dilemma, welche die FDP fordert, insuffizient. Dass „negative Target-II-Salden bei Verlassen des Währungsraums durch einen Mitgliedstaat automatisch in Anleihen dieses Staates auf Euro-Basis umgewandelt und der EZB übertragen werden“, dürfte sich im Ernstfall eines (möglicherweise chaotisch verlaufenden) Austritts als ebenso uneinbringbar erweisen wie offene Taget-II-Salden an sich. Denn wenn es der EZB nicht möglich ist, Target-II-Salden einzutreiben, warum soll es dann bei Anleihen, die aus einem formalen EZB-Swap dieser Salden in einen Bond entstehen, anders sein?

 

Ergo bleibt es dabei: Echten Cash der Target-Schuldner wird Deutschland niemals sehen. Doch unter Druck würden diese es sich wohl gefallen lassen müssen, dass die EZB die Target-Gläubiger mit der Notenpresse entschädigt. Die Karlsruher Richter könnten dies wie erläutert befehlen. Tun werden sie es vermutlich nicht.

 

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.