Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Kassandra:

Die kommentierte Presseschau zur bAV

Regelmäßig Freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Martin Schulz goes BMAS?

 

 

FAZ (14. Januar): „Anlegen wie die Großen – So machen’s die Pensionskassen.“

 

Wenn man in den Massenmedien über die bAV lesen will, dann lohnt kaum eine andere Lektüre als die der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (die eben aus diesem Grund auch das meistzitierte Blatt in der LbAV-Presseschau sein dürfte). Hier erneut (nach schon letzter Woche) ein ungewöhnlich langer Beitrag über die bAV, diesmal u.a. fokussiert auf die anlageseitigen Zwänge, unter denen deutsche EbAV stehen – und wie sie damit umgehen bspw. im Vergleich zu manch dänischem Player.

 

Allerdings: Kassandra empfindet in dem Beitrag ein paar Ungenauigkeiten, die für ihren Geschmack zu weit gehen.

 

Das geht schon im ersten und zweiten Satz los. Unter Bezug auf den neulichen EIOPA-Stresstest für EbAV heisst es:

 

Die Einrichtungen zur Altersvorsorge stehen enorm unter Druck. Die Lücken zwischen Garantien und Vermögen werden immer größer.“

 

Nun, ob man den Begriff der „Lücken“ aufgrund der Methodik der beiden bis dato abgehaltenen EIOPA-Stresstests als solche bezeichnen will, da kann man zumindest geteilter Meinung sein.

 

Etwas weiter in dem Beitrag wird dann flugs von „Pensionskassen“ (an der Stelle genannt in Zusammenhang mit Illiquiditätsprämien) zu „Pensionsfonds“ gewechselt, und zwar mit der Aussage:

 

Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat die Pensionsfonds schon 'in Manndeckung' genommen.“

 

Die Pensionsfonds? Ist das so? Möglicherweise weiss die FAZ mehr, das ist nie auszuschließen. Doch zumindest gegenüber LbAV hat die BaFin das Wort „Manndeckung“ bis dato nur zwei Mal benutzt:

 

Ursprünglich stammt der Begriff in diesem Zusammenhang von Anstalts-Chef Felix Hufeld, der diesen erstmals auf der BaFin-Pressekonferenz im Mai 2015 nutzte – allerdings nicht mit Blick auf die Pensionsfonds:

 

Die deutschen Versicherer werden den Einstieg in die Welt von Solvency II nur mit erheblicher Anstrengung schaffen – trotz der Übergangsregelungen und der Volatilitätsanpassung, die das Regelwerk nun vorsieht. Und sollten die Zinsen weiter so niedrig bleiben, werden wir auch mehr Unternehmen in die aufsichtliche Manndeckung nehmen müssen.“

 

Ein Jahr später wiederholte die BaFin gegenüber LEITERbAV das Wort von der„Manndeckung“, damals explizit mit Blick auf die Pensionskassen. So berichtete dieses Medium im Mai 2016:

 

Als konkrete Maßnahmen der Anstalt gegenüber den Durchfallern nannte der Sprecher 'eine besonders intensive Aufsicht' und wiederholte das vielzitierte Wort von der 'Manndeckung', das BaFin-Chef Felix Hufeld auf der letztjährigen BaFin-Pressekonferenz gebraucht hatte. Diese Manndeckung realisiere sich als 'regelmäßiger Dialog zwischen Aufsicht und Unternehmen, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen', so der Sprecher weiter.“

 

Hintergrund war eine Nachfrage der Redaktion, da Exekutivdirektor Frank Grund sich kurz zuvor mit ungewohnt scharfen Worten von der Lage der Pensionskassen alarmiert gezeigt hatte.

 

Grund hat sich seitdem weiter mehrfach sehr kritisch zu der Problematik geäußert. Doch standen im Fokus der Grund'schen Aussagen offenbar regelmäßig in erster Linie die Pensionskassen, nicht die Pensionsfonds.

 

Schließlich sei bezüglich des verlinkten FAZ-Artikels noch angemerkt, dass es nicht mehr zeitgemäß erscheint, den BVV heute noch kommentarlos als „Beamtenversicherung“ zu bezeichnen. Der BVV wurde 1909 gegründet, zu einer Zeit also, als Angestellte zuweilen noch als Betriebsbeamte bzw. Bankbeamte bezeichnet wurden. Taufname des Vereins war demzufolge „Beamtenversicherungsverein des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes auf Gegenseitigkeit“, doch heute hört das nicht mehr ganz junge Kind längst auf den Namen „BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G.“; seine Kasse und Fonds tun dies entsprechend – alles übrigens en Detail nachzulesen hier bei Nikolaus Bora.

 

 

Focus Money (14. Januar): „Bernd Raffelhüschen: 'Rentenpolitischer Sündenfall': Finanzexperte kritisiert Rentenpläne der GroKo.“

 

Wer eine kurze, aber ungeschönte Bestandsaufnahme der GroKo-Sondierungen in Sachen Rentenpolitik will, ist bei dem streitbaren Prof. Bernd Raffelhüschen – hier in der Zeitschrift FocusMoney – gut aufgehoben. Prägnantester Satz, der grundsätzliche Kritik an der Performance der ersten Säule übt:

 

35 Jahre lang werden rund 20 Prozent des Gehalts eingezahlt, danach gibt es 30 Jahre lang 50 Prozent als Rente."

 

Die bAV spielt in den Sondierungs-Ergebnissen der (gar nicht mehr so großen) GroKo keine direkte Rolle. Kassandra betont hier gleichwohl erneut zwei Aspekte, die für die bAV relevant sind (so diese Koalition denn überhaupt kommt):

 

Erstens: Gut ist, dass die Bürgerversicherung nach den Gesprächen auch für die SPD offenbar nicht mehr auf der Tagesordnung steht. Ein Zwangsmerger der pKV mit der gKV samt Kollektivierung ihrer Altersrückstellungen könnte schließlich eine gefährliche Blaupause für die Altersvorsorge und damit für die bAV darstellen. Eine solche Befürchtung ist keinesfalls aus der Luft gegriffen, ist Ähnliches doch in jüngerer Zeit bereits in so manch EU-Staat schon vorgekommen.

 

Zweitens: Sollte Sigmar Gabriel das Amt des Außenministers behalten (und danach sieht es aus), so muss für den arg malträtierten SPD-Vorsitzenden Martin Schulz ein anderes adäquates Amt gefunden werden – und das könnte durchaus das des Arbeitsministers sein.

 

 

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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