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Kassandra:

Die kommentierte Presseschau zur bAV

Regelmäßig Freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Mehr Methusalem ante portas.

 

 

n-tv (12. September): „Ausnahmezustand am Kapitalmarkt – Österreich bietet bizarren Schuldschein an.“

 

Kassandra unkt erneut: Wir werden künftig noch mehr Methusalem-Anleihen besonders in Euroland sehen, und die Volumina dürften noch deutlich zunehmen. Denn:

 

Erstens sind Bonds mit diesen Laufzeiten und zu diesen Zinssätzen quasi geschenktes Geld (ganz abgesehen davon, dass alle Verantwortlichen auf beiden Seiten bei Fälligkeit lange tot sein werden), und so dürften auch andere Staaten schon bald dem Beispiel Österreichs folgen.

 

Zweitens und noch wichtiger (und an dieser Stelle schon seit Jahren prognostiziert): Irgendwann werden die von der EZB aufgekauften Sovereigns fällig, und dann muss etwas passieren. Was nicht passieren wird, ist, dass die Staaten die fälligen Bonds mit echtem Geld bedienen. Wer von den Euroland-Staaten sollte in der Lage sein, das zu bezahlen?

 

Es muss also eine andere Lösung her: Entweder wird sang- und klanglos abgeschrieben und im digitalen EZB-Mülleimer entsorgt. Oder aber die Staaten – um ein Minimum an ordnungspolitischer Eleganz zu wahren – bezahlen ihre fälligen Schulden bei der EZB mit extra hierzu emittierten Methusalem-Langläufern zum Minizins (also praktisch gar nicht).

 

Kassandra sieht ein solches Vorgehen bekanntlich ohnehin als Teil einer übergreifenden, einzig denkbaren Vabanque-Strategie der westlichen Notenbanken, da ein herkömmlicher Exit aus der Geldschwemmen-Politik schlicht unmöglich ist.

 

 

 

Der Spiegel (12. September): „Schwaches Pfund – Brexit treibt britische Inflation auf höchsten Wert seit fünf Jahren.“

 

Auch die Bank of England betreibt seit Jahren eine Niedrigzins- und Geldschwemmenpolitik (am Rande: Erinnert sich eigentlich noch jemand an Mervyn King, den Governer der BoE? Als vor rund zehn Jahren die Bankenkrise begann – Stichwort Northern Rock – versuchte King als einer der ganz wenigen, die Fahne der Ordnungspolitik hochzuhalten, musste aber leider schnell aufgeben. Und wie in Euroland, den USA und Japan erhielten auch die britischen Alkoholiker Schnaps als Medizin – bis heute).

 

So, nun ist sie also nicht mehr wirklich zu leugnen, die Rückkehr der Inflation, zumindest in UK. Sollte sich die BoE die altbewährte Argumentation des Mario Draghi zu eigen machen, müsste sie nun aus der Politik des billigen Geldes aussteigen. Dann käme es in der Folge auch für Draghi früher oder später zum Schwur.

 

Allerdings ist Kassandra hier ohne große Sorge, denn das Warten auf die Inflation, um die Zinsen erhöhen zu können, ist nur eine faule Ausrede Draghis (zur Erinnerung: Erst waren es die zu hohen Zinsen der Krisenstaaten, die als Grund für seine Geldschwemmenpolitik herhalten mussten, dann der Druck auf die Banken und eine zu geringe Kreditvergabe, und nun ist es die angeblich ausbleibende Inflation). Und wie zum Beispiel Euroland oder Japan kann auch Großbritannien – selbst wenn die Notenbank nicht auf so viele heterogene Volkswirtschaften Rücksicht nehmen muss wie die EZB – kaum auf herkömmlichem Wege diese Geldpolitik beenden.

 

Denn abgesehen davon, dass Real- und Finanzwirtschaft auch in UK längst von dem billigen Geld drogenabhängig sind: Angesichts der auch auf Großbritannien wirkenden geopolitischen Krisenparameter und der Multiproblemlage Europas – Griechenland- und Staatsschuldenkrise, wirtschaftliche Stagnation und technologischer Rückfall in den EU-Südstaaten, militärische Konflikte und Failed States unmittelbarer vor der europäischen Peripherie (Libyen, Syrien, Ukraine), steigende Terrorgefahr und last but not least die äußerst kostspielige Flüchtlingsfrage (sowie für UK on Top die Brexit-Herausforderung) sollte das Land ausgerechnet jetzt mit höheren Zinsen fertig werden können? Für Kassandra nicht vorstellbar.

 

Fazit: Vermutlich wird die anziehende Inflation in UK ohne Folgen für die britische Geldpolitik bleiben (müssen), und in Euroland wird es nicht anders laufen, sobald die Inflation kommt – wobei sie übrigens als Asset Inflation auch längst da ist.

 

 

 

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

 

 

Die Welt (14. September): „AfD mit höchstem Wert seit sieben Monaten, SPD fällt auf 20 Prozent.“

 

In der Presseschau der letzten Woche hat Kassandra geunkt, dass die SPD angesichts ihrer selbstverschuldeten strategischen und taktischen Insuffizienz (gegenüber einer an sich strategisch gar nicht so gut aufgestellten Union) bei der Wahl in 10 Tagen unter die Räder zu kommen droht: „Sollte die SPD am 24. September die 20 Prozent deutlich überschreiten, müsste das angesichts ihrer selbst herbeigeführten, missliche Lage schon als Erfolg bezeichnet werden – für die älteste Partei Deutschlands aber nichts weiter als ein Armutszeugnis.“

 

Und jetzt, eine Woche später, droht die Partei die 20-Prozentmarke zu reissen, wie Die Welt hier berichtet? Abgerechnet wird zum Schluss, aber eine dramatische Entwicklung ist das so kurz vor der Wahl durchaus. Wie letzte Woche erläutert, kann die SPD unter machtpolitischen Gesichtspunkten absurderweise höchstens die Stärke der AfD als Trost nehmen, kann eben dies doch die Union zur erneuten Großen Koalition zwingen. Man wird sehen.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

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