Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Reform der EbAV-II-Richtlinie (II):

Der Wahnsinn hat Methode?

In Sachen Regulierung steht mit der Reform der Pensionsfondsrichtlinie eine europäische Großbaustelle auf der Agenda – und das, obwohl sie erst seit wenigen Jahren in nationaler Praxis geübt wird. Mit der stellvertretenden aba-Geschäftsführerin und dem Chef der MetallRente spricht Michael Eder – und hört Worte, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen.

Cornelia Schmid, Hansjörg Müllerleile, die EbAV-II-Richtlinie von 2016 ist bereits wesentlich umfangreicher als ihre Vorgängerin aus dem Jahr 2003. Jetzt möchte die EU-Kommission noch weitere Trends und Themen berücksichtigt wissen. Droht der bAV eine Überregulierung aus Brüssel?

Cornelia Schmid, aba.

Schmid: Die Anforderungen waren schon mit der EbAV-II-RL gegenüber der EbAV-I-RL deutlich gestiegen. Die nationale Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber, der BaFin – insb. Rundschreiben MaGo für EbAV und ERB sowie Auslegungsentscheidung zur Erklärung zu den Grundsätzen der Anlagepolitik – und in den EbAV hat daher erheblich Zeit beansprucht. Vor diesem Hintergrund halten wir die aktuelle Überprüfung der EbAV-II-RL für verfrüht. Denn eine sinnvolle Überprüfung, in die selbstverständlich auch Trends und aktuelle Themen einfließen müssen, ist erst möglich, wenn mit den bestehenden Regelungen Erfahrungen gesammelt wurden.

 

 

Der Wunsch der Aufsicht nach ressourcenschonender

Ausübung der Aufsichtstätigkeit droht mitunter

in den Vordergrund zu geraten.“

 

 

Müllerleile: Überregulierung ist das eine. Ungeeignete Regulierung ist das andere. Ich halte es für richtig und unbedingt notwendig, dass Regulierung auf neue Trends regiert und innerhalb ihres Auftrags Leitplanken und Impulse setzt.

Wir beobachten allerdings seit Jahren in jedem neuerlichen Regulierungsschritt, dass das Thema „Aufsichtseffizienz“ zunehmend an Gewicht gewinnt. Das heißt, der im Grunde nachvollziehbare Wunsch der Aufsichtsbehörden nach einer möglichst ressourcenschonenden Ausübung der Aufsichtstätigkeit droht mitunter in den Vordergrund zu geraten. Für die EbAV-Regulierung wird einfach „Copy & Paste“ genutzt. Das ist in zweierlei Hinsicht problematisch: Zum einen bedeutet Aufwandsreduzierung der Aufsichtstätigkeit oft schlicht Aufwandserhöhung zu Lasten der EbAV und damit der Kosten. Zum anderen haben wir sozialpolitisch alle nichts gewonnen, wenn Aufsichtsrecht von Trägerunternehmen und Sozialpartnern zunehmend als unkalkulierbare Hürde empfunden und bAV in regulierten Durchführungswegen insgesamt in den Rückzug gedrängt wird.

Aufsichtsrecht als Grund, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen? Sind wir schon so weit?

Müllerleile: Der BaFin-Statistik für Pensionskassen und Pensionsfonds kann man jedenfalls seit Umsetzung der EbAV-II-Richtlinie keinen Zuwachs an von Unternehmen getragenen EbAV zu entnehmen.

Nach dem Selbstverständnis des EU-Gesetzgebers soll die Richtlinie eine Mindestharmonisierung bewirken, also nur die Grundzüge der Anforderungen an EbAV europaweit einheitlich regeln. Bleibt es dabei? Oder droht am Ende doch ein Mikro-Management der EU?

Schmid: Wesentliche Rahmenbedingungen für die bAV legen die Mitgliedstaaten in ihrem jeweiligen Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht fest. Die Rolle der EbAV innerhalb der EU ist daher sehr unterschiedlich und die Vielfalt der EbAV groß. Die Zielsetzung der EbAV-II-RL, nur EU-Mindestanforderungen zu schaffen, ist daher richtig.

Richtlinien und erst recht Verordnungen im Finanzmarktbereich zielen dagegen regelmäßig auf eine EU-Vollharmonisierung und damit einheitliche Regelungen für diese Finanzdienstleister im EU-Binnenmarkt.

Müllerleile: Der Detaillierungsgrad der Regulierung wird zweifellos ansteigen. Das passt nicht zum Charakter der Mindestharmonisierung und beschneidet die notwendigen Spielräume des nationalen Gesetzgebers. Mit Sorge sehen wir vor allem den Trend des EU-Gesetzgebers, EbAV weitgehend undifferenziert in die sektorübergreifende EU-Finanzmarktregulierung einzubeziehen.

Der Geltungsbereich der Richtlinie soll eingeschränkt werden. Insbesondere kleine EbAV wären durch die Neuordnung des Proportionalitätsprinzips außen vor. Wäre das für die betreffenden Einrichtungen nicht ein Grund zur Freude? Oder ist das vielmehr Augenwischerei, indem man auf einem Nebenkriegsschauplatz eine in der Praxis irrelevante „Erleichterung“ schafft, mit der man sich dann schmücken kann?

Schmid: Für Einrichtungen, die durch eine Einschränkung des Anwendungsbereichs aus der EU-Richtlinie fallen, könnte dies ein Grund zur Freude sein. „Könnte“ daher, weil es davon abhängt, wie die Mitgliedstaaten und die nationalen Aufsichtsbehörden mit dem damit gewonnenen Spielraum umgehen. Groß könnte die Freude auch deshalb sein, weil es hier nicht nur um die Anforderungen der EbAV-Aufsichts-RL geht, sondern v.a. um sämtliche sektorübergreifenden Finanzmarktregulierungen, in die die EbAV einbezogen sind. Man denke hier z.B. an die Offenlegungs-VO, die DORA-VO oder auch an das zentrale europäische Zugangsportal (ESAP).

Hansjörg Müllerleile, MetallRente.

Müllerleile: Ich meine, dass das Zielbild dieses Vorschlags lautet: Nationale Regulierung für kleine Altersversorgungseinrichtungen und ein großer Schritt in Richtung Vollharmonisierung für alle anderen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in Europa eine erstaunliche Disparität der EbAV in der nationalen Bedeutung haben: In der Mehrheit der Mitgliedstaaten gibt es überhaupt keine bAV in EbAV – und wenn es sie gibt, dann nur sehr kleine EbAV. In Mitgliedstaaten wie z.B. Niederlande und Deutschland sind EbAV Träger eines sozialpolitischen Auftrags und – gemessen an Assets under Management – wesentliche Player des Finanzmarktes.

Übersetzt man also den EIOPA-Vorstoß in politische Arithmetik, dann hieße das, dass eine Mehrheit von völlig unbetroffenen Mitgliedstaaten die Spielregeln rein nationaler Akteure in einem sozial- und finanzpolitisch hochsensiblen Umfeld festlegt. Das kann man sich aus deutscher Sicht nun wirklich nicht wünschen.

Das stellt aber dann doch die Richtlinie insgesamt infrage, die bestehende wie die künftig überarbeitete?

Müllerleile: Blickt man in den ersten Anhang des EIOPA-Konsultationspapiers, der die nationale Verbreitung und Vielfalt der EbAV einerseits sowie die sehr geringe Bedeutung der grenzüberschreitend tätigen EbAV andererseits zeigt, dann sollte klar sein, dass eine Richtlinie nur dann sinnvoll ist, wenn sie dieser Vielfalt Rechnung trägt.

 

 

Eine EU-weit standardisierten Kundeninformation

passt in die dritte Säule, nicht aber in die bAV.“

 

 

Die EU möchte mehr Transparenz für Versorgungsberechtigte schaffen. Um das zu erreichen, rät die EIOPA zu EU-weit standardisierten Kundeninformationen. Aus Ihrer Sicht das richtige Instrument?

Schmid: Art und der Umfang der bereitgestellten Informationen sollten zum bAV-System passen. Wählt der Einzelne, wie es in kollektiv geprägten bAV-Systemen üblich ist, weder den Anbieter noch ein Produkt und trifft auch keine Anlageentscheidungen, braucht er andere Informationen als z.B. ein Kunde einer Fondsgesellschaft.

Und die bAV-Systeme sind – aus den bereits erwähnten Gründen – in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Eine EU-weit standardisierten Kundeninformation passt daher in die dritte Säule, nicht aber in die betriebliche Altersversorgung.

Müllerleile: Oberstes Ziel der Betriebsrenteninformation muss es sein, dass die Begünstigten alle für sie relevanten und nützlichen Informationen zum Stand ihrer Altersvorsorge erhalten und damit auch etwas anfangen können. In der Altersvorsorge ist es daher besonders wichtig, den nationalen Bezugsrahmen mitzuliefern. Die digitale Rentenübersicht in Deutschland geht hier richtige Wege. Ich erinnere aber auch daran, wie lange und fachlich kontrovers der Diskussionsprozess in Deutschland geführt wurde, der uns nun schlussendlich zu einer nationalen Lösung geführt hat. Da bin ich skeptisch, was eine EU-weit einheitliche Lösung mit vergleichbarer Qualität betrifft.

Thema „Zustimmung der Versorgungsberechtigten zu Bestandsübertragungen“: Wie bewerten Sie die Vorschläge der EIOPA hierzu?

 

 

Die EIOPA scheint ‚Bestandsübertragungen‘ von EbAV

gleichzusetzen mit ‚Run off‘ bei Lebensversicherern.“

 

 

Schmid: Die EbAV-II-RL enthält in Art. 12 Regelungen zur grenzüberschreitenden Bestandsübertragung, die zum Schutz der Betroffenen weit über die von Ihnen erwähnte geforderte Zustimmung der Versorgungsberechtigung hinausgehen. Im Rahmen einer EU-Mindestharmonierungs-RL auch die nationale Bestandsübertragung, bei der die Übertragung ja innerhalb desselben Rechtsraum erfolgt, wäre unangemessen.

Müllerleile: Die EIOPA scheint das Thema „Bestandsübertragungen“ von EbAV gleichzusetzen mit dem Thema „Run off“ bei Lebensversicherungen. Da gibt es sicher Überschneidungen, es ist aber nicht dasselbe. Bestandsübertragungen bei EbAV sind nicht getrieben durch Kostendruck. Sondern sie sind v.a. Thema bei Unternehmenstransaktionen der Trägerunternehmen, wenn also z.B. das Arbeitsverhältnis und damit die Betriebsrentenanwartschaft auf einen neuen Arbeitgeber übergehen. Angesichts der in Deutschland notwendigen Transformation ganzer Schlüsselindustrien sollten praxistaugliche Regeln für Bestandsübertragungen in unserem Interesse sein. Diese sind das richtige Werkzeug für den Erhalt und Fortbestand von Betriebsrentenanwartschaften.

Bei mehreren Themen empfiehlt die EIOPA, Regelwerke aus anderen Bereichen des Finanzmarktes auf EbAV zu übertragen, z.B. das Kosten-Berichtswesen aus MiFID und die Nachhaltigkeitsregeln aus Solvency II. Was halten Sie davon?

Schmid: Bei der Weiterentwicklung von Regulierung kann man natürlich nach rechts und links schauen bzw. einen Blick auf bestehende Regulierungen im Finanzmarktbereich werfen. Angesichts der Vielfalt der EbAV sollte man sich aber die Arbeit machen, zu prüfen, welche Regeln wirklich passen und wo auf nationaler Ebene Spielraum gebraucht wird.

Müllerleile: Die Übertragung z.B. aus der Versicherungsregulierung dürfte für EbAV, Begünstigte und Trägerunternehmen in aller Regel nicht zu passenden Ergebnissen führen, da der nationale Bezugsrahmen fehlt. Kluge Regulierung sollte sich natürlich von erprobten Konzepten inspirieren lassen, muss aber auch eine fundierte Kosten-Nutzen-Analyse für die Übernahme liefern.

Apropos Solvency II: Wo und wie sehen Sie die alte/neue Gefahr eines Solvency II durch die Hintertür?

Müllerleile: Das ist ein sehr wichtiger Punkt! Die EIOPA schlägt vor, ihre 2016 veröffentlichte Stellungnahme „On a common Framework for Risk Assessment and Transparency for IORPs”, als EU-Standard in der Richtlinie zu verankern. Das ist nichts anderes als die Solvency-II-Methodik für das Risikomanagement. Wir sind sehr für vorausschauende Risikobewertung, halten aber das BaFin-Rundschreiben zur Eigenen Risikobewertung, das ERB-Rundschreiben, für angemessen und ausreichend.

 

 

Man verschweigt die unweigerlich verbundenen Folgeschritte.“

 

 

Der Auslöser der seinerzeit härtesten Auseinandersetzungen – die Anpassung der Eigenkapitalvorschriften an Solvency II – steht diesmal gar nicht auf der Agenda?

Schmid: Stimmt, zumindest nicht direkt. Im EIOPA-Konsultationspapier steht: „Harmonised Solvency Rules should not be introduced in the IORP II Directive at this Point in Time“. Man fordert „nur“ eine standardisierte Risikobeurteilung – und verschweigt die damit unweigerlich verbundenen Folgeschritte: Die EbAV müssten diese Ergebnisse auch veröffentlichen, und die nationalen Aufsichtsbehörden müssten auf Basis der Ergebnisse dieser Risikobewertung auch regulatorische Maßnahmen ergreifen.

Zudem soll die Anwendung des Common Frameworks eine der vier Voraussetzungen für die Einstufung als „Low Risk Profile“ EbAV sein. Dies ist nicht nur die Hintertür, eher die Kellertreppe.

Was werden die versprochenen Erleichterungen für Low Risk-EbAV unter dem Strich dann überhaupt noch wert sein?

Schmid: Für deutsche EbAV gar nichts, zumal die in Aussicht gestellten Erleichterungen bereits heute durch das Proportionalitätsprinzip erreichbar sind. Wichtig ist, dass das Proportionalitätsprinzip in der Regulierungs- und Aufsichtspraxis tatsächlich gelebt wird. Dass dies oft nicht der Fall ist, zeigt z.B. die aktuelle Konsultation der EU-Aufsichtsbehörden mit über 400 Seiten zu den technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards der IT-Verordnung DORA, die auch für EbAV einschlägig ist.

Bei der Entwicklung der Richtlinie wurde seinerzeit um jeden Erwägungspunkt gerungen. Man einigte sich unter Erwägungsgrund 32 damals auf die Formulierung: „EbAV sind Altersversorgungseinrichtungen mit einem sozialen Zweck, die Finanzdienstleistungen erbringen.“ Finanzdienstleister versus Sozialeinrichtung – eben schon kurz von Ihnen erwähnt – ist bis heute eine Kernfrage im Pensionswesen. Wird es hier Anpassungen geben?

Schmid: Was Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung sind und worin sie sich von Finanzdienstleistern unterscheiden, ist tatsächlich eine Kernfrage und wird in den verschiedenen Mitgliedstaaten sicher auch unterschiedlich beantwortet. Ob dieser Erwägungsgrund geändert wird, wage ich nicht abzuschätzen.

Wichtiger ist aber, dass wir für EbAV zu Regelungen kommen, die eine weitere Aussage dieses Erwägungsgrunds Realität werden lässt. Sie lautet: „Ihre soziale Funktion und die Dreiecksbeziehung zwischen dem Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber und der EbAV sollten in angemessener Weise anerkannt und als grundlegende Prinzipien dieser Richtlinie gestärkt werden.“

Das EIOPA-Konsultationspapier gibt hierfür allerdings keinen Anlass zur Hoffnung.

Müllerleile: Wir haben seinerzeit bei EbAV-II einen heftigen Grabenkrieg geführt um die Definitionshoheit von betrieblicher Altersversorgung. Übrigens mit sehr guter Unterstützung der deutschen Fachministerien, Abgeordneten und Sozialpartner. Wir haben nicht alles erreicht, was wir wollten, aber die von Cornelia Schmid genannte Verankerung der arbeitsrechtlichen Dreiecksbeziehung war ein wichtiger Meilenstein, von dem wir bis heute in Auslegungsfragen profitieren.

Diese Linie muss unbedingt gehalten werden. Ich möchte aber auch daran erinnern, was der eigentliche Auftrag ist, um den es uns allen gehen sollte: Erwägungsgrund 10 der EbAV-II-Richtlinie fordert „Die Mitgliedstaaten sollten die Arbeitnehmer vor Altersarmut schützen und eine zusätzliche Altersversorgung, die an Arbeitsverhältnisse geknüpft ist, als Ergänzung zu staatlichen Renten fördern.“ An diesem Auftrag sollte kluge Regulierung gemessen werden.

Generell sollen die Rechte der einzelnen Versorgungsberechtigten gegenüber den EbAV gestärkt werden. Ist es überhaupt nötig und sinnvoll, so viel auf individueller Ebene zu regeln? Was ist eigentlich mit den Gremien?

Schmid: Es kommt darauf an, und zwar auf das bAV-System. Viele der im EIOPA-Konsultationspapier vorgeschlagenen Anforderungen passen auf individuelle DC-Systeme, in der der einzelne Versorgungsberechtigte über seine Kapitalanlage entscheidet. Diese existieren in Deutschland bis heute nicht.

In kollektiv geprägten Systemen, wie sie u.a. in Deutschland vorherrschen, haben daher betriebliche und überbetriebliche Sozialpartner, die Trägerunternehmen sowie verschiedene Gremien der EbAV eine zentrale Rolle. Wir sind davon überzeugt, dass diese „repräsentative Demokratie“ über Gremien, in denen diskutiert wird und wo man bei Bedarf fachliche Expertise einbeziehen kann, für die meisten Begünstigten zu einem besseren Ergebnis führt als Einzelbefragungen.

Müllerleile: Die Repräsentation der Begünstigten in fachlich versierten Gremien ist ein wesentliches, vertrauensbildendes Merkmal vieler deutscher EbAV und ein wesentlicher Grund, weshalb auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Kurs gehalten werden kann. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand im BRSG besondere Bedeutung beigemessen und die reine Beitragszusage an die Beteiligung der Tarifvertragsparteien an Durchführung und Steuerung geknüpft. Darauf passen die Ratschläge von EIOPA nun wirklich nicht.

Grundsätzlich zur EIOPA (von Heribert Karch einst als der Ochse von Frankfurt“ geadelt): Hat bei dieser der Führungswechsel zu einer Vorsitzenden aus den äußerst IORP-affinen Niederlanden ihre Ambition zur Vereinheitlichung der EbAV-Regulierung und zur Anlehnung an die Versicherer-Regulierung nicht gemildert? Und merkt man eigentlich, dass mit den Briten ein wichtiger IORP-Verbündeter nicht mehr an EU-Bord ist? Fehlen die Briten schon?

Schmid: Die Briten hatten jedenfalls immer eine klare Position, wenn es um ihre Altersversorgungseinrichtungen und die Finanzmarktregulierung ging.

Ein Blick in die Glaskugel: Was wird am Ende in Brüssel beschlossen? Wo ist noch Verhandlungsspielraum drin? Womit werden sich EbAV abfinden müssen?

Schmid: Die Frage ist aktuell doch eher, ob wir bei EbAV-II überhaupt schon Handlungsbedarf haben. Nicht nur aus deutscher Sicht ist es noch zu früh. Welche EbAV haben schon zwei ERB gemacht? Wie bereits gesagt: Eine sinnvolle Überprüfung der EbAV-II-RL ist erst möglich, wenn mit den bestehenden Regelungen einige Jahre Erfahrungen gesammelt wurden. Davon sind wir aber 2023 noch weit entfernt.

Und da wir heute schon öfters Solvency II erwähnt haben: Im Hinblick auf diese Richtlinie von 2009 hat die EU-Kommission auch Zeit für Erfahrungen gegeben.

Müllerleile: Ich blicke mal nicht in die Glaskugel, sondern in den Rückspiegel. Die Themen, die wir vor zehn Jahren bei EbAV-II diskutiert haben, sind exakt die gleichen wie heute. Die regulatorischen Anforderungen, v.a. die Dokumentations- und Berichtsanforderungen, wurden massiv erhöht. Das Kernziel, signifikant mehr Menschen in Europa in gute Altersvorsorge zu bringen, haben wir aber bisher nicht erreicht. Es ist eine besondere Definition von Wahnsinn, immer wieder das Gleiche zu tun, aber andere Ergebnisse zu erwarten.

Gut, Sie beide halten die jetzt laufende Revision der EbAV-II-Richtlinie für verfrüht. Sehen Sie eine realistische Chance, dass der Prozess noch aufgehalten oder zumindest gebremst bzw. besser gesteuert werden kann? Oder muss der Fokus eher darauf liegen, bei der Umsetzung in nationales Recht um adäquate Regulierung für deutsche EbAV zu kämpfen?

Schmid: Wir trauen der EU-Kommission zu, dass sie zusammen mit den Mitgliedstaaten einen sinnvollen Zeitplan für die EbAV-II-Überprüfung wählt.

 

 

Mehr zu dem zur heutigen Headline anregenden Kulturstück findet sich hier.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

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