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Einstandspflicht des Arbeitgebers:

„Das hätten wir ihnen gern erspart“

Wenn eine Pensionskasse saniert werden muss und die Leistungen sinken, muss der Arbeitgeber für die Differenz einstehen. Zur technischen Umsetzung hatte die Kölner Pensionskasse eine elegante Lösung für die Unternehmen vorgesehen, wurde aber vom BMF ausgebremst. Der Zusatzaufwand ist erheblich.

 

Im Dezember 2018 war bekanntgeworden, dass die Kölner Pensionskasse und ihre Schwester, die Pensionskasse der Caritas, in wirtschaftliche Schieflage geraten sind, Leistungen herabsetzen müssen und keine Neugeschäft mehr zeichnen dürfen.

 

Olaf Keese, Vorstand Kölner PK und Caritas PK. Foto: Hans Scherhaufer.

Im Mai 2019 gab es dann grünes Licht der Mitglieder und der BaFin für die Sanierung. „Oberstes Ziel ist es, die fortlaufenden Leistungen für die Versicherten sicherzustellen“, sagte damals Olaf Keese, der beide Kassen in Personalunion leitet.

 

Folge: Rentner bekommen seit 1. Januar 2020 weniger Betriebsrente, bei Anwärtern wurde die Rentenanwartschaft rückwirkend zum 1. Januar 2018 reduziert.

 

 

Immerhin: Die Jahresabschlüsse 2018, die im November 2019 vorgelegt wurden, sind ermutigend.

 

Üblich geht nur …

 

Wenn eine Pensionskasse nach Sanierung weniger Rente zahlt, muss der Arbeitgeber bekanntlich für den Fehlbetrag einstehen, obwohl die Durchführung der bAV nicht unmittelbar über ihn lief (§ 1 Absatz 1 Satz 3 BetrAVG).

 

Nun wollten die beiden rheinischen Kassen den betroffenen Arbeitgebern die Abwicklung leicht machen und den Differenzbetrag vom Arbeitgeber einfordern, um ihn anschließend wie die laufenden Versorgungsleistungen der Kasse über das übliche Verfahren nach § 22 Nr. 5 EStG der Besteuerung zuzuführen.

 

Üblich“ bedeutet: Die Renten werden von der Kasse als Bruttorenten ausgezahlt und im Rahmen des Rentenbezugsmitteilungsverfahren als Mitteilung über steuerpflichtige Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag oder aus einer betrieblichen Altersversorgung (§ 22 Nummer 5 Satz 7 EStG) an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) gemeldet. Der Versicherte erhält von der Kasse eine Meldung über die Höhe der von der Pensionskasse gemeldeten Rente. Die Versteuerung der Renten erfolgte dann erst über die Steuerklärung des Rentners mit dem Finanzamt.

 

beim Üblichen

 

Dieses Verfahren gilt weiterhin unverändert für die von uns ausgezahlten Renten“, bestätigte Keese auf Anfrage von LEITERbAV. Unklar war bis dato jedoch, wie der nach Rentenkürzung nun erforderliche Auffüllbetrag des Arbeitgebers (Differenzrente nach Einstandspflicht des Arbeitgebers) steuerlich zu behandeln ist (anders als bei der Dotierung von Kassen).

 

Unsere Überlegung war, entweder einen Ausgleichstarif aufzulegen, eine Zahlstelle für den Arbeitgeber einzurichten – zu kompliziert – oder einfach den vom Arbeitgeber zu zahlenden Ausgleichsbetrag über unsere Kassen durchzuleiten; alles verbunden mit dem Meldeverfahren nach § 22 Nummer 5 EStG“, blickt Keese auf die jüngste Vergangenheit zurück. „Letzteres wäre für die betroffenen Arbeitgeber einfach und unkompliziert gewesen und aus unserer Sicht ein guter Kundenservice“, so der Vorstand weiter.

 

Keine 22er Besteuerung für Ausgleichsbetrag

 

Für diese kreative Lösung wollten sich die Kassen das OK vom BMF holen, um bei einer Absage im Nachhinein nicht noch mehr Chaos für die Arbeitgeber auszulösen. Zum Glück ging man in Köln proaktiv auf das BMF zu, denn das Ministerium stellte in seiner Antwort vom 19. Februar 2020 an die Kölner Kassen klar:

 

Christine Harder-Buschner, BMF. Foto: BMF.

Eine Durchleitung und Meldung des vom Arbeitgeber zu zahlenden Ausgleichbetrages über die Pensionskasse gemäß § 22 Nummer 5 EStG ist nicht statthaft. Folge: Der Arbeitgeber hat diese Ausgleichszahlungen zwingend wie Arbeitslohn nach § 19 EStG zu behandeln. „Es spielt hier keine Rolle, ob die Leistungen aufgrund einer vom Arbeitgeber erteilten Direktzusage oder aufgrund der Einstandspflicht des Arbeitgebers erbracht werden“, so die zuständige BMF-Regierungsdirektorin Christine Harder-Buschner wörtlich in dem Schreiben. Leistungen aufgrund der Einstandspflicht werden damit ebenso behandelt wie Arbeitgeberleistungen infolge der Anpassungsprüfungsplicht (nach § 16 BetrAVG), die ebenfalls nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dem Lohnsteuerabzug unterliegen.

 

Die Botschaft für die Arbeitgeber

 

Was sich so logisch und stringent anhört, ist für Betriebsrentner unerheblich, denn ob Besteuerung wie bei Lohn (§ 19) oder wie bei Leibrenten bzw. Kapitalabfindung (§ 22) erfolgt, ist am Ende egal, weil es in der Höhe keinen Unterschied macht. Für Arbeitgeber, die ohnehin die Last der bAV zu tragen haben, hat es aber harte Konsequenzen. „Und erschwert bAV-Einrichtungen, die sich in der Sanierung befinden, den betroffenen Arbeitgebern schnell und unbürokratisch zu helfen“, fasst Keese zusammen.

 

Denn was kommt auf den Arbeitgeber bei Kassensanierung samt Rentenkürzung zu? „Er hat durch die Zahlung der Ausgleichsrenten einen erheblichen Aufwand“, erklärt Keese.

 

Zunächst muss sich der Arbeitgeber bei der Kasse erst einmal die Kontaktdaten der Rentner besorgen, welche er seit Jahren, unter Umständen seit Jahrzehnten nicht mehr kennt, da er die Daten zehn Jahre nach Ausscheiden möglicherweise gelöscht hat.

 

Dann muss er die Rentner wieder in der Personalverwaltung als Arbeitnehmer „anlegen“ und die Ausgleichsrente wie Arbeitslohn behandeln – samt Abfrage der Steuernummer und Abführung der Sozialabgaben oberhalb des Freibetrages. „Das hätten wir unseren Kunden gern erspart, können es aber nicht“, so Keese.

 

Fazit: Angesichts der wachsenden Komplexität und des weiter steigenden Aufwandes für die bAV (erinnert sei daran, dass sich das BMF jüngst mit einer scharfen Auffassung zum Outside Funding in letzter Instanz vor dem BFH durchgesetzt hat) kommt für Arbeitgeber bei EbAV in der Sanierung – zusätzlich zu der Nachzahlung – weiterer Aufwand hinzu. Könnte das so manchem Arbeitgeber erneut in Erinnerung rufen, dass es im HR-Wesen auch andere finanzielle und attraktive Benefits gibt, die deutlich einfacher umzusetzen sind als ein betriebliches Versorgungswerk zu unterhalten?

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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