Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Das Parkett in Bewegung (XXIX) zwischen Berlin, Hamburg und Münster in Westfalen:

Auch Stetigkeit und Ehre …

sind zuweilen eine Meldung wert. Schon wieder gibt es im Führungspersonal bei Akteuren des Pensionswesens Berichtenswertes zu notieren; heute geht es zweimal um zweite Amtszeiten, um etwas Ruhm und nur einmal um Bewegung – in Form eines (Teil-)Abschieds. Außerdem eingreifen bitte!

 

Nach den jüngsten Meldungen zum deutschen bAV-Spitzenpersonal gibt es derzeit auf dem Parkett erneut Veränderungen, die zu berichten lohnt. Während aber zum Redaktionsschluss immer noch nicht endgültig geklärt ist, ob US-Präsident Donald Trump eine zweite Amtszeit beschieden sein wird, sind ebensolche jüngst zweifach im deutschen Pensionswesen festgezurrt worden. Im Einzelnen:

 

Berlin: zweite Amtszeit zum Ersten

 

Georg Thurnes.

Georg Thurnes, seit März 2019 Vorsitzender der aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. in Berlin, ist am 3. November in Berlin im Rahmen der 82. aba-Jahrestagung in dieser Funktion wiedergewählt worden.

 

Thurnes (60), promovierter Wirtschaftsmathematiker und seit September unabhängiger bAV-Berater und Aktuar (und zuvor jahrzehntelang Chefaktuar bei Aon und Vorgängerunternehmen), gehört dem aba-Vorstand seit 2008 an, von 2011 bis 2019 bereits als stellvertretender Vorsitzender.

 

Ebenfalls in ihren aba-Ämtern bestätigt wurden Thurnesens Stellvertreter, Boschs Dirk Jargstorff und Richard Nicka von der BASF.

 

Neu im aba-Vorstand ist Volkswagens Johannes Teslau. Der Jurist, in Wolfsburg Nachfolger Evelyn Stolls, leitet bereits seit 2018 den aba-Fachausschuss Arbeitsrecht.

 

Johannes Teslau, VW.

Schon im vergangenen Jahr waren Altgediente aus dem aba-Vorstand ausgeschieden: Neben der erwähnten Stoll (VW) auch Andreas Wimmer (Allianz) und Heribert Karch (MetallRente). Nachfolger sind Dietmar Droste (EON), Laura Gersch (Allianz) und Gregor Asshoff (Soka-Bau). Nicht mehr im Vorstand ist nun außerdem Thomas Nitz (Siemens), der jedoch Mitglied der Leitung der Fachvereinigung Direktzusage bleibt.

 

Etwas Ruhm gab es online in Berlin am Dienstag auch: Die vier Ausgeschiedenen wurden zu Ehrenmitgliedern des aba-Vorstandes ernannt, Karch zusätzlich zum Ehrenvorsitzenden.

 

Systemeingriff jetzt! Für die wahrhaft Langfristigen!

 

Angesichts der pensionsrelevanten ökonomischen und geldpolitischen Großwetterlage, durch die gegenwärtige Krise bzw. der darauf folgenden Maßnahmen noch beschleunigt, nahm Thurnes die aba-Jahrestagung zum Anlass für einen eindringlichen Appell:

 

Das seit Ende der 90er eingetretene systematische Zinsrisiko, das von den Covid-19-bedingten Hilfsmaßnahmen vermutlich einzementiert wird, erlaubt kein ‚Weiter so‘. Hier muss rasch über einen grundsätzlichen, ausgewogenen Systemeingriff nachgedacht werden,“ erklärte Thurnes. Das gelte neben bestimmten Kapitalanlagevorschriften insbesondere auch für die Behandlung von Besitzständen.

 

Vor dem Hintergrund von Zinserwartung und demographischer Entwicklung könne ein faires Modell darin liegen, den Arbeitgeber zwar unverändert für den Past Service in die Verantwortung zu nehmen. Auf arbeitsrechtlich sichere Weise müsse aber für den Future Service eben dies möglicherweise verstärkt auch für den Arbeitnehmer gelten, so Thurnes weiter.

 

Für jüngere Generationen generell und auch für die älteren bezogen auf den Future Service braucht es zudem ein chancenorientiertes, den Kapitalmarktverhältnissen angepasstes Versorgungssystem“, fuhr Thurnes offenbar mit Blick auf die unter Garantien eingeschränkten Anlagemöglichkeiten fort. Die reine Beitragszusage sei hierfür ideal, zumal sie durch die obligatorische Rentenleistung sowie die Korridor- und Puffermechanismen in sich bereits Potenzial für einen Ausgleich zwischen Generationen trage.

 

Thurnes führte weiterhin aus, dass EbAV zudem die wahrhaft langfristigen Investoren seien. „Der Regulierungsrahmen muss dem deutlich besser angepasst werden. Nachhaltige Investitionsstrategien würden davon ebenso profitieren wie die herausfordernde Finanzierung in der Vergangenheit eingegangener, hoher Zinsgarantien.“

 

Gegenüber LEITERbAV konkretisierte Thurnes, dass Gegenstand einer regulatorischen Anpassung neben den erwähnten starren Garantien auch die pauschale Pflicht zur jederzeitigen Bedeckung sowie diverse Kapitalanlagevorschriften sein könnten, u.a. die Klassifizierung von ESG als eigene Anlageklasse und daraus folgend die adäquate Behandlung nachhaltiger Investments im Risikomanagement, insb. im Stresstest.

 

Mit Thurnesens Aussagen erhöht sich der Druck auf die Politik weiter, dem geldpolitisch induzierten Niedrigzins in der Regulierung des Pensionswesens endlich Rechnung zu tragen. Erwähnt seien nur beispielhaft der Vorstoß des GDV zu einer Absenkung der Garantien auf 80%, der Run off u.a. der Allianz Pensionskasse, die teils massiven Eingriffe in den Future Service durch Pensionskassen, die Haltung der Aufsicht hierzu, die regelmäßigen Appelle auch des der aba seelenverwandten IVS oder die Tatsache, dass selbst der Dritte Senat des BAG mittlerweile mit Blick auf die AG-Einstandspflicht gar von einer Störung der Geschäftsgrundlage spricht.

 

Entsprechend sieht Thurnes den Handlungsbedarf nicht als neu an, sondern sich infolge Corona nun verschärfend. „Die To-Do-Liste lag schon lange vor Covid-19 auf den Tischen von Politik, Gesetzgeber, Aufsicht und Sozialpartnern. Jetzt wird es höchste Zeit, sie endlich abzuarbeiten,“ fordert der aba-Chef.

 

Die bAV sei weder überholt noch untauglich, um Arbeitnehmern zu einer guten Altersversorgung im Alter zu verhelfen. Die enormen Vorteile der Betriebsrenten dürften weder kleingehalten noch konterkariert werden. Mehr denn je gelte es, den kollektiven, sozialpartnerschaftlichen Ansatz, sei es auf tarifvertraglicher oder betrieblicher Basis, sowie die Chancen der Kapitaldeckung zu nutzen. Hier, so der Aktuar, müsse man ansetzen statt rudimentäre, schöngerechnete, rechtlich nicht geprüfte Staatsfondsmodelle zu propagieren.

 

Hamburg: zweite Amtszeit zum Zweiten

 

Stephan Meyer (li.) und Frank Oliver Paschen PK Hamburger Hochbahn VVaG.

Der Aufsichtsrat der Pensionskasse der Hamburger Hochbahn Aktiengesellschaft VVaG hat im Oktober die noch bis Sommer 2021 laufenden Verträge mit den beiden Vorständen Stephan Meyer und Frank Oliver Paschen vorzeitig um fünf Jahre bis 2026 verlängert.

 

In den vergangenen zwei Jahren sei es dem „Vorstandsteam gemeinsam mit seiner hochspezialisierten Mannschaft gelungen, in einem äußerst schwierigen Umfeld die wirtschaftliche Lage der Kasse signifikant zu verbessern, den Professionalisierungsgrad weiter zu steigern und das Unternehmen mit all seinen regulatorischen Herausforderungen fit für die Zukunft zu machen“, zeigt sich der Aufsichtsrat offenkundig zufrieden.

 

Aktuar Meyer war im Sommer 2018 nach zuvor langjähriger Tätigkeit bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach Hamburg gekommen und verantwortet die Bereiche Risikomanagement, Rechnungswesen, Versicherungsbetrieb, Versicherungstechnik und Digitalisierung/IT.

 

Jurist Paschen ist ebenfalls seit 2018 an der an der heimatlichen Waterkant an Bord und kam seinerzeit von der Dresdener Pensionskasse in Kulmbach zurück in die Hansestadt. Paschen verantwortet die Ressorts Kapitalanlagen, deren Reporting und -Controlling sowie Öffentlichkeitsarbeit, Recht und Personal.

 

Die knapp 500 Mio. schwere PK der Hamburger Hochbahn ist ein alter Hase der deutschen bAV. Sie entstand bereits 1922 durch den Zusammenschluss der Pensionskasse für die Angestellten der Straßen- und Eisenbahn Gesellschaft Hamburg und der Fürsorgekasse der Hamburger Hochbahn Aktiengesellschaft.

 

Und drittens ein Teil-Abschied nach Münster in Westfalen

 

Ende September 2019 hat die französische Caceis die KAS Bank übernommen. Der über 200 Jahre alte niederländische Custodian hatte sich nach seinem Markteintritt 2011 in Deutschland unter der Leitung von Frank Vogel innerhalb weniger Jahre zu einem Verwahrer entwickelt, der hierzulande für seine starke Fokussierung auf Pensionseinrichtungen geschätzt wurde.

 

Frank Vogel, Pensions-Akademie.

Seit 1. November 2020 ist die Übernahme nun auch amtlich unter Dach und Fach; damit sind auch die deutsche KAS Bank und ihre Mitarbeiter in die Niederlassung der deutschen Caceis übergegangen. Geleitet aus München und Frankfurt wurden beide Teams verschmolzen, und die Pensionsspezialisierung der KAS Bank bilde nun einen integralen Teil der Caceis-Produktpalette, heißt es.

 

Mit der Verschmelzung hat Vogel das Zepter nun abgegeben. Der 48Jährige erklärte gegenüber LEITERbAV, dass er die Chance genutzt habe, seinen Lebensmittelpunkt von Frankfurt zurück in seine westfälische Heimat nach Münster zu legen. Von dort aus bleibt er dem Pensions-Parkett jedoch erhalten, denn er wird künftig sein Engagement als Vorstandsvorsitzender der Pensions-Akademie e.V. ausbauen.

 

Vogel ist Gründungsmitglied der Denkfabrik, die Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft vereint, sich vornehmlich mit Themen rund um die Kapitalanlage von Pensionseinrichtungen befasst und den diesbezüglichen Wissensaustausch fördert.

 

Die zur französischen Crédit Agricole gehörende Bankengruppe Caceis bietet Asset Servicing für institutionelle Kunden und Geschäftskunden an. Mit 2,6 Bio. Euro Assets under Custody und 1,7 Bio. Euro Assets under Administration ist Caceis einer der größten Provider weltweit (Zahlen per 31. Dezember 2018).

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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