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6. Berliner bAV-Auftakt (II):

3B und der Staatskannibale

Jüngst ist das bAV-Jahr 2022 tagungsseitig eingeleitet werden. Über Politiker und Verbände wurde schon berichtet; heute wird es amtlich: LbAV-Autor Detlef Pohl dokumentiert die Aussagen der Vertreter von BMF, BMAS und BAG. Teil II einer zweiteiligen Berichterstattung.

 

Berlin, vorvergangenen Donnerstag: Wie berichtet hatte geladen zum „6. Berliner bAV-Auftakt“ Prof. Mathias Ulbrich von der Hochschule Schmalkalden, der mit hartem Zeitmanagement moderiert. Nach den MdB und den Verbänden heute die wichtigsten Aussagen der 3B: BMAS, BMF und BAG, dokumentiert erneut im lesefreundlichen LbAV-Stakatto (sämtlich im Indikativ der nacheinander auftretenden Referenten).

 

Bettina Schwindt und Marcus Leven, BMAS: Keine gesetzliche Erleichterung für AG bei BZML abzusehen

 

Marcus Leven, BMAS.

+++ Peter Görgen, Referatsleiter „Zusätzliche Altersvorsorge“ im BMAS, konnte wegen Krankheit nicht teilnehmen +++ seine Mitarbeiter Bettina Schwindt und Marcus Leven springen in die Bresche +++


+++ BMAS konstatiert „kontinuierliches, aber schwaches bAV-Wachstum“ ohne neue Verbreitungsdynamik durch BRSG +++ zwar 21 Mio. Anwartschaften (2020) für 18,2 Mio. Beschäftigte, aber Durchdringung nur bei 54% +++


+++ nur 29% der AN in Betrieben unter zehn Beschäftigten besitzen bAV +++ jeder zweite AN unter 1.500 Euro Monatseinkommen hat weder bAV noch pAV +++

 

 

 

 

 

 

Die bAV könnte unter Konkurrenzdruck geraten.“

 

 

 

 

 

+++ BMAS sieht Auswirkungen der im KoaV genannten pAV-Staatsfondsprüfung auf bAV +++ bei denkbarer Umsetzung über den AG, ggf. über Opt-out, könnte bAV unter Konkurrenzdruck geraten (im Zuge der Diskussion sprechen Teilnehmer von “Kannibalisierung”) +++

 

+++ bAV-Prinzipien bleiben nach BMAS-Lesart: Freiwilligkeit, Stärkung, SPM und höhere Rendite +++ Weg zu „höheren Rendite“ (KoaV) ist „interpretierbar“ +++ womöglich müssten hierzu Zusage-Arten geändert werden, doch Eingriffe in laufende Vereinbarungen nicht zielführend +++ andererseits ist Generationengerechtigkeit gefährdet +++


+++ bezüglich arbeitsrechtlicher Änderungen müsste es um Anpassungsmöglichkeiten nur für den Future Service gehen und darum, dass Arbeitsrecht und Aufsichtsrecht zusammenpassen +++ Frage jedoch, wo gesetzlich anzudocken wäre, Zusagearten nicht leicht zu ändern +++ letzte Entscheidung immer im Einzelfall von BAG zu klären +++ keine gesetzliche Regelung für Erleichterungen der AG abzusehen +++


Christine Harder-Buschner, Regierungsdirektorin im BMF: Klarstellungen zur steuerlichen bAV-Förderung


+++ nennt aktuelle Klarstellungen im Steuerrecht zur bAV +++ Basis: BMF-Schreiben vom 12.8.21
„Steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung“

 

 

 

 

Die gesetzlich angeordnete Beitragsaufstockung bei Bestandsverträgen durch verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss löst keine Novation des Vertrages aus.“

 

 

 

 

 

Christine Harder-Buschner, BMF. Foto: BMF.

+++ Aktualisierung dreht sich vorwiegend um Klarstellung aufgetretener Probleme +++ Beispiel: Klarstellung des Begriffs bAV (Rz. 1) +++ Grundfähigkeitsversicherung dient auch der Absicherung des Invaliditätsrisikos (Rz. 3) +++ somit wird auch nicht-berufsbezogene Invalidität im Rahmen der bAV anerkannt, sofern in Zusage Verlust von Grundfähigkeiten abgesichert ist +++ bei Umwandlung von vL im Rahmen der Entgeltumwandlung fallen freiwillige Erhöhungen des AG zwar unter § 3 N r. 63 EStG, sind aber nicht nach § 100 EStG förderfähig (Rz. 26a und 111a) +++ schrittweise Auslagerung von Past- und Future Service nach § 3 Nr. 66 EStG klappt bei Pensionszusagen steuerunschädlich (Rz. 56) +++ bei Ermittlung des Mindestbetrags sind nur AG-Beiträge an PF, PK oder DV zu berücksichtigen, die die Voraussetzungen des § 100 Abs. 3 Nr. 4 und 5 (keine Zillmerung) erfüllen (Rz. 113) +++ gesetzlich angeordnete Beitragsaufstockung bei Bestandsverträgen durch verpflichtenden AG-Zuschuss löst keine Novation des Vertrages aus (Rz. 148a) +++

 

+++ aktuell weitere Klarstellungen in Vorbereitung +++ betrifft Qualifizierung der zusätzlichen AG-Beiträge bei freiwilligen Matching-Modellen, Voraussetzungen bei Ermittlung des Mindestbetrags nach § 100 EStG und zur Abgrenzung von Alt- und Neuzusage bei DV nach BFH-Urteil vom 1. September 2021 (Az.: VI R 21/19) +++ BMF bereitet zudem gesetzlich vereinbarte Evaluierung des bAV-Förderbetrags nach § 100 EStG vor +++


Bertram Zwanziger, Vorsitzender des Dritten Senats des BAG: A
rbeitgeber und Pensionskasse haften nicht grundsätzlich gesamtschuldnerisch

 

Bertram Zwanziger, Dritter Senat. Foto: BAG.

+++ verweist darauf, dass erster Fall zum BRSG im März vor BAG verhandelt wird +++ auch noch keine Entscheidungen zu Änderungen, die „Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie“ gebracht hat +++ Auflistung von bAV-relevanten BAG-Entscheidungen, die 2021 öffentlich geworden sind +++


+++ AG und Pensionskasse haften nicht grundsätzlich gesamtschuldnerisch für Versorgungsanspruch; AG haftet, wenn seine Verpflichtungen über die der Kasse hinausgehen (Urteil vom 13. Juli 21; Az.: 3 AZR 298/20) +++


+++ dauernde Erwerbsunfähigkeit bringt lebenslange Invalidenrente in bAV;
„längstens für Dauer der Erwerbsunfähigkeit“ ist als dynamische Verweisung auf SV-Recht zu verstehen und bedeutet: betriebliche Invalidenrente fließt auch, wenn gesetzliche EU-Rente nur befristet gewährt wird (Urteil vom 13. Juli 21; Az.: 3 AZR 445/20) +++

 

 

 

 

 

Das wird der Senat konkret entscheiden, wenn ein Fall vorliegt“

 

 

 

 

 

 

+++ muss bei AG-finanzierter Altersvorsorge gemäß Versorgungsordnung für Mitarbeiter über 55, die keine bAV mehr bekommen, Lohnausgleich erfolgen? Nein, da kein Anspruch auf bAV bei Jobbeginn ab 55 besteht (Urteil vom 21. September 21, Az.: 3 AZR 147/21) +++ BAG hatte bereits früher entschieden, dass Höchsteinstiegsalter von 50 Jahren „gerade noch hinnehmbar“ ist (Az.: 3 AZR 356/12) +++

 

+++ bei Betriebsübergang in Insolvenz kommt es bei erdienter Dynamik und gesetzlich bei Insolvenzeröffnung noch nicht unverfallbarer Anwartschaften auf gleichmäßige Gläubigerbefriedigung an; nicht vom PSV gesicherte Rechte sind vom Anwärter im Insolvenzverfahren anzumelden; ist aber Mindestschutz gewährt, können Ansprüche eingeschränkt werden (es muss einerseits wenigstens die Hälfte der bAV-Ansprüche gesichert sein, andererseits sind Leistungen zu erbringen, wenn Versorgungsberechtigter unterhalb der Armutsgrenze lebt oder er wegen Kürzung der Ansprüche darunter leben müsste (Urteil vom 26. Januar 21; Az.: 3 AZR 139/17 und 3 AZR 878/16) +++

 

+++ zur Höhe der Garantie bei BOLZ befragt, hat Zwanziger keine Privatmeinung: „Das wird der Senat konkret entscheiden, wenn ein Fall vorliegt“ +++

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Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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